Neuartige Antikörper (Biologika) gegen das blutgefäßerweiternde CGRP sind wirksam in der Migränetherapie

Original Titel:
The effect and safety of monoclonal antibodies to calcitonin gene-related peptide and its receptor on migraine: a systematic review and meta-analysis

Migräne gilt als eine neurovaskuläre Erkrankung, das heißt, dass die Blutgefäße im Gehirn dabei beeinträchtigt sind. Die pulsierenden Schmerzen und Symptome von Lichtempfindlichkeit bis hin zu starker Übelkeit, die etwa 17 % der Frauen und 9 % der Männer regelmäßig massiv beeinträchtigen, sind zum Teil wohl einer vermehrten Ausschüttung des Eiweißstoffs CGRP (calcitonin gene-related peptide) zuzuschreiben. Dieses kleine Eiweiß kontrolliert nämlich die Weite der Blutgefäße im Nervensystem und fiel wiederholt bei Migräneanfällen auf. Gegen das CGRP und seinen Rezeptor im Gehirn wirkende Antikörper konnten bereits in gentechnisch veränderten Lebewesen wie Hefepilzen hergestellt werden. Diese sogenannten monoklonalen Antikörper werden bereits in der Migränetherapie eingesetzt und sind aufgrund ihrer möglicherweise besseren Wirksamkeit im Vergleich zu bisher üblichen Mitteln vielversprechend. Die Forschergruppe um Dr. Chen vom Daping Hospital im chinesischen Chongqing bewerteten nun in einer vergleichenden Übersichtsstudie die Wirksamkeit und Sicherheit von monoklonalen Antikörpern gegen das CGRP in der Migränetherapie.

In einer systematischen Literatursuche in den Datenbanken PubMed, Cochrane Library und Baidu Scholar wurden randomisierte, kontrollierte Studien zum Vergleich von CGRP-Antikörpern (Fremanezumab, Eptinezumab, Erenumab, and Galcanezumab) und einer Scheinbehandlung identifiziert. Die Studien sollten dabei ab 1. November 2016 veröffentlicht worden sein. Nach Ausschluss von 16 Arbeiten, die entweder Fallstudien mit nur einzelnen Patienten, Tierstudien oder reine Übersichtsarbeiten waren, sowie 4 weiteren Publikationen deren Studienqualität nicht den Kriterien entsprach, wurden 5 Studien in die Analyse eingeschlossen.

Diese Studien zeigten, dass die Behandlung mit monoklonalen Antikörper gegen CGRP im Vergleich zu Placebo zu weniger Migränetagen pro Monat führte. In den Behandlungswochen 1–4 waren dies im Mittel -0,49 Tage, in den Wochen 5–8 -0,43 Tage und in den Wochen 9–12 weitere -0,37 Tage. Auch die Zahl der Patienten mit einer Verbesserung der Migräneattacken konnte mit den monoklonalen Antikörpern gesteigert werden. Um anzuzeigen, ob das neue Medikament effektiv war, wurde das Quotenverhältnis bestimmt. Je stärker es sich von 1 unterschied, desto klarer wirkte es. In allen 5 Studien wurde über 962 Teilnehmer die Zahl der Patienten bestimmt, bei denen das Mittel die Zahl der Migräneattacken mindestens halbierte. Im Vergleich zu Placebo führte dies zu einem deutlichen Effekt im Quotenverhältnis (2,59). Eine klare Verbesserung um 75 % wurde in 4 der Studien mit insgesamt 719 Teilnehmern ermittelt (Quotenverhältnis 2,91). Zwischen einer Behandlung mit monoklonalen Antikörpern gegen CGRP und der Gabe von Placebo bestanden keine Unterschiede in der Gesamtzahl an unerwünschten Nebenwirkungen (Quotenverhältnis 1,17). Solche Nebenwirkungen waren hauptsächlich Infektionen des oberen Verdauungstrakts, Entzündungen im Nasen- oder Rachenraum, Übelkeit, Schmerzen an der Einstichstelle und Rückenschmerzen. Die meisten Nebenwirkungen traten ähnlich häufig bei Antikörper- und Placebo-Behandlung auf. Allerdings trat Schwindel häufiger unter Behandlung mit monoklonalen Antikörpern gegen CGRP als nach Gabe von Placebo auf (Quotenverhältnis 3,22).

Der Studienvergleich zeigt demnach, dass Migräne mit monoklonalen Antikörpern gegen CGRP effektiv behandelt werden kann und wenige unerwünschte Ereignisse mit ihrer Anwendung verbunden sind. Diese Studie ist allerdings limitiert dadurch, dass viele neuere klinische Studien noch nicht veröffentlicht sind. Aktuellere Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der Biologika bei Migräne, speziell auch zur Langzeitwirkung, stehen also noch aus.

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