Keine Hilfe durch Idalopirdin bei milder bis moderater Alzheimerdemenz

Original Titel:
Effect of idalopirdine as adjunct to cholinesterase inhibitors on change in cognition in patients with Alzheimer disease three randomized clinical trials

Zusammenfassend zeigte sich bei Patienten mit milder bis moderater Alzheimerdemenz in drei Multizentrenstudien kein Vorteil einer Behandlung mit Idalopirdin über Placebo, zusätzlich zur grundlegenden Behandlung mit Antidementiva. Über einen Behandlungszeitraum von einem halben Jahr verbesserte sich die Denkleistung der Betroffenen demnach nicht mehr mit dem neuen Wirkstoff als mit einer Scheinbehandlung. Damit kann Idalopirdin leider nicht zur Behandlung der Alzheimererkrankung empfohlen werden. Ob der Wirkstoff, wie auch andere Testsubstanzen zuvor, eventuell aber in früheren Phasen der Erkrankung greifen könnte, ist derzeit noch unklar.


Es ist unbestritten, dass neue Behandlungsansätze für die Alzheimererkrankung dringend gebraucht werden. Einer der Wirkstoffe, die noch hoch im Kurs sind, ist Idalopirdin. Dieser selektive 5-Hydroxytryptamin-6 (5-HT6) Rezeptorantagonist ist, übersetzt, ein Gegenspieler zu einem speziellen Serotoninrezeptor. Diese Schalter, die, wie der Name sagt, vor allem das Serotonin anschalten können, sitzen weit verteilt im Körper – im Verdauungstrakt, im Herz-Kreislauf-System oder auf Blutgefäßen. Aber auch im Gehirn spielt der Nervenbotenstoff Serotonin mit seinen Rezeptoren eine wichtige Rolle: beispielsweise bei Lernvorgängen scheint unter anderem eben der 5-HT6-Rezeptor wichtig sein. Dort soll Idalopirdin ansetzen und die Symptome milder bis moderater Alzheimerdemenz lindern. Dr. Atri und Kollegen verschiedener beteiligter Institute (unter anderem auch aus Deutschland) fassten nun drei internationale klinische Multizentrenstudien mit insgesamt 2525 Patienten zusammen.

Hilft es bei Demenz, spezielle Serotonin-Rezeptoren im Gehirn abzuschalten?

Die Studienteilnehmer waren mindestens 50 Jahre alt und litten unter milder bis mäßiger Alzheimerdemenz. Dabei waren in jeder Studie rund 800 Teilnehmer in je etwa 130 einzelnen Behandlungszentren beteiligt. Die Untersuchungen wurden über einen Zeitraum von 6 Monaten von Oktober 2013 bis Januar 2017 durchgeführt, mit abschließender Nachuntersuchung im Januar 2017. Die Studien wurden randomisiert durchgeführt. Die Patienten erhielten also zufällig zugewiesen entweder die Behandlung mit Idalopirdin oder eine Scheinbehandlung, die beide zusätzlich zu einer klassischen Behandlung mit Donepezil, Rivastigmin oder Galantamin (Cholinesterasehemmer) gegeben wurden. Idalopirdin gab es dabei in drei Dosierungen, 10, 30 und 60 mg/Tag. Wirkziel für die Idalopirdin-Therapie war dabei eine Verbesserung der Denkleistung nach 6 Monaten im Vergleich zum Zeitpunkt vor Behandlungsbeginn. Die Denkleistung wurde mit dem ADAS-Cog-Test (cognitive subscale of the Alzheimer’s disease assessment scale) ermittelt. Zusätzlich wurden auch der klinische Gesamteindruck und die Besserung der Erkrankungssymptome durch die Ärzte erfasst (Alzheimer’s disease cooperative study–clinical global impression of change) sowie die Alltagsfähigkeiten der Patienten (activities of daily living inventory) beurteilt. Zusätzlich zu dosisabhängiger Wirksamkeit im Vergleich zum Placebo wurden auch Verträglichkeit und Sicherheit der Behandlung untersucht.

Zusammenfassende Analyse dreier Studien: wirkt Idalopirdin zusätzlich zu Antidementiva besser als ein Placebo?

Von den insgesamt 2525 Patienten, denen in den drei Studien Behandlungen zufällig zugewiesen worden waren, führten 2254 Teilnehmer (89 %) die Untersuchungen bis zu Ende durch. Im Mittel waren die Teilnehmer 74 Jahre alt, hatten zu Beginn der Studie einen durchschnittlichen ADAS-Cog-Wert von 26. Zwischen 62 % und 65 % der Teilnehmer waren Frauen. In der ersten der drei Studien veränderte sich die Denkleistung über den Behandlungszeitraum (ADAS-Cog von Beginn bis nach 6 Monaten) um 0,37 (60 mg Idalopirdin), 0,61 (30 mg) und 0,41 Punkte (Placebo) – damit war der Effekt mit Idalopirdin nicht unterscheidbar von der Scheinbehandlung. In der zweiten Studie fanden sich mittlere Veränderungen der Denkleistung von 1,01 Punkten mit 30 mg Idalopirdin, 0,53 Punkten mit 10 mg und 0,56 Punkten mit Placebo. Auch in diesem Fall waren die Behandlungseffekte mit dem Idalopirdin nicht anders als die mit dem Placebo. Die dritte Studie schließlich fand Effekte von 0,38 Punkten (60 mg Idalopirdin) und 0,82 Punkte mit dem Placebo. Auch in dieser Patientengruppe fand sich demnach kein Vorteil einer Behandlung mit Idalopirdin. Unerwünschte Effekte traten sowohl mit der Idalopirdin-Behandlung (zwischen 55 % und 70 % der Patienten) als auch mit dem Placebo (zwischen 57 % and 61 % der Patienten) auf.

Keine Verbesserung der Denkleistung mit der Zusatzbehandlung

Zusammenfassend zeigte sich bei Patienten mit milder bis moderater Alzheimerdemenz in drei Multizentrenstudien kein Vorteil einer Behandlung mit Idalopirdin über Placebo, zusätzlich zur grundlegenden Behandlung mit Antidementiva. Über einen Behandlungszeitraum von einem halben Jahr verbesserte sich die Denkleistung der Betroffenen demnach nicht mehr mit dem neuen Wirkstoff als mit einer Scheinbehandlung. Damit kann Idalopirdin leider nicht zur Behandlung der Alzheimererkrankung empfohlen werden. Ob der Wirkstoff, wie auch andere Testsubstanzen zuvor, eventuell aber in früheren Phasen der Erkrankung greifen könnte, ist derzeit noch unklar.

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