Können Antipsychotika wie Clozapin bei starken Demenzsymptomen der Agitation helfen?

Original Titel:
Clozapine for Treatment-Refractory Behavioral Disturbance in Dementia.

MedWiss – Rumänische Forscher analysierten die klinischen Behandlungsstrategien bei starker Agitation (Unruhe, häufig mit Aggression) im Rahmen einer Demenzerkrankung. Viele der Patienten wurden mit Antipsychotika behandelt. Bei Patienten mit Behandlungsresistenz konnte Clozapin häufig einen Unterschied machen. Die Daten zeigten aber vor allem, dass deutlich mehr Untersuchungen nötig sind, um Entscheidungshilfen bei der medikamentösen Behandlung von starker Agitation bei einer Demenz zu geben.


Verhaltens- und psychologische Symptome einer Demenzerkrankung können stark zur Belastung durch die Krankheit beitragen. Je nach Ausprägung der Symptome führen diese auch häufiger zu einem Krankenhausaufenthalt. Wie kann man aber Patienten mit solchen Symptomen sinnvoll behandeln, um eine schnelle Rückkehr in das gewohnte Umfeld zu ermöglichen? Obwohl bisher in diesen Fällen unter anderem Antipsychotika häufig eingesetzt werden, sind bislang keine dieser Medikamente zur Behandlung der sogenannten ‚Agitation’ bei einer Demenz zugelassen. Als Agitation wird die starke Unruhe bezeichnet, die bei Demenzpatienten häufig auch mit Aggressionen verbunden sein kann.

Agitation als Verhaltenssymptom der Demenz: in schweren Fällen klinisch behandelt

Bisher ist nur unzureichend geklärt, ob Antipsychotika bei solchen Symptomen einer Demenz Wirkung zeigen. Rumänische Wissenschaftler ermittelten dies nun anhand einer großen Patientengruppe, nämlich 337 Demenz-Patienten, die zwischen Anfang 2012 und Ende 2016 zur Behandlung in eine Klinik eingewiesen wurden. Ein Teil der Patienten erhielt das Antipsychotikum Clozapin als Infusion mit anfänglicher Dosierung von 6,25 oder 12,5 mg.

Können Antipsychotika wie Clozapin bei starken Symptomen der Agitation helfen?

Die Wirksamkeit der Behandlung wurde daran erfasst, ob die Patienten körperlich festgehalten werden mussten (wegen gewalttätiges oder gefährdendes Verhaltens), wie lange es dauerte, bis sie wieder aus der Klinik entlassen werden konnten und wie gut verträglich die Behandlung war. Dazu wurden auch eventuelle Nebenwirkungen dokumentiert. Zusätzlich wurden auch verschiedene weitere Informationen wie das Alter der Patienten, welches Medikament eingesetzt wurde und Begleiterkrankungen aufgezeichnet.

Von den 337 Patienten wurden 315 (93,5 %) mit Antipsychotika behandelt. 154 Patienten wurden ausschließlich mit Haloperidol behandelt. Für 27 Patienten wurde Clozapin als dritte Behandlungsoption gewählt. Vorher hatten 16 dieser Patienten bereits Haloperidol erhalten (55 %). Diese Therapie war allerdings typischerweise wegen starker Nebenwirkungen abgebrochen worden. Besonders genannt wurden hier sogenannte extrapyramidale Nebenwirkungen wie beispielsweise Zittern und Gangunsicherheit. Weitere eingesetzte Antipsychotika waren Quetiapin, Risperidon und Olanzapin.

Analyse von über 300 Patienten mit klinisch behandelter Agitation

Im Mittel erhielten die Patienten Clozapin in einer Dosierung von knapp 60 mg/Tag (zwischen 12,5 und 200 mg). Die Clozapin-Therapie schien besonders bei einer behandlungsresistenten Agitation im Verlauf der Demenzerkrankung zu helfen. Bei den meisten der Patienten (21 von 27, etwa 78 %) galten die Symptome als “stark verbessert” nach der Clozapin-Behandlung. Dazu zählten auch gewalttätige oder gefährdende Episoden. Nach der Behandlung mussten Patienten seltener wegen solcher Episoden körperlich eingeschränkt werden (12 Episoden) als noch vor der Behandlung (46 Episoden). Nebenwirkungen des Medikaments waren stärkerer Speichelfluss (4 Patienten), Verstopfung (3 Patienten) und Sedierung oder Schläfrigkeit (4 Patienten).

Wahrscheinlich wirksam, wenn andere Mittel nicht greifen

Zusammenfassend zeigte die Analyse, dass bei behandlungsresistenter Agitation im Rahmen einer Demenzerkrankung Clozapin einen Unterschied machen kann. Allerdings muss das Kosten-Nutzen-Gleichgewicht auch unter Berücksichtigung möglicher Nebenwirkungen bei einer Behandlung mit Clozapin und anderen Antipsychotika wohlüberlegt sein. Die Daten zeigen vor allem auch, dass deutlich mehr Untersuchungen nötig sind, um Entscheidungshilfen bei der medikamentösen Behandlung von starker Agitation bei einer Demenz zu geben.

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