Cladribin reduziert in zwei Fällen Krankheitsaktivität bei progressiver Multipler Sklerose

Original Titel:
Disease activity in progressive multiple sclerosis can be effectively reduced by cladribine.

MedWiss Britische Wissenschaftler berichten von der Behandlung zweier Menschen mit progredienter MS mit Cladribin. Sie sind der Meinung, bestimmte Biomarker könnten helfen, für diese Verlaufsformen geeignete Therapien zu finden.


Wissenschaftliche Untersuchungen liefern Hinweise darauf, dass Menschen mit nicht schubförmiger, stetig fortschreitender (progredienter) Multipler Sklerose von krankheitsmodifizierenden Immuntherapien profitieren können. Bisher ist aber nur der Wirkstoff Ocrelizumab auch für diese Verlaufsform zugelassen und dabei auch nur für primär progrediente Verläufe.

Biomarker könnten helfen, Therapieergebnisse besser zu erfassen

Eine Ursache für den Mangel an entsprechenden Immuntherapien für progrediente MS-Verläufe liegt darin begründet, dass es schwierig ist, das Behandlungsergebnis angemessen zu erfassen. Hier könnten jedoch Biomarker in der Rückenmarksflüssigkeit helfen, die Wirkung von Medikamenten bei progredienten Verläufen besser abzuschätzen, berichten Wissenschaftler aus Großbritannien. Als Biomarker könnte die Konzentration bestimmter Eiweiße, die Neurofilamente, dienen, die bei der Schädigung von Nervenzellen freigesetzt werden. Sie haben die Konzentration von Neurofilamenten in der Rückenmarksflüssigkeit genutzt, um die Wirkung von Cladribin bei progredienter MS aufzuzeigen, zusammen mit MRT-Aufnahmen und Untersuchungen vor und nach der Behandlung.

Behandlung mit Cladribin getestet

Zwei Patienten mit progressiver MS wurden von den Wissenschaftlern mit Cladribin behandelt. Die Forscher berichten, dass der Wirkstoff von den Teilnehmern gut vertragen wurde und sich keine Nebenwirkungen zeigten. In Proben der Rückenmarksflüssigkeit zeigte sich bei den Patienten ein deutlicher Rückgang der Neurofilamente um 73 bzw. 80 %. Diese Laborergebnisse unterstützen die Befunde der MRT-Untersuchungen, die einen messbaren Rückgang der Krankheitsaktivität bei den beiden Patienten zeigten. Bei einem der beiden Patienten schritt die Erkrankung weiterhin leicht voran, beim zweiten Patienten wurde ein stabiler Zustand erreicht, berichten die Wissenschaftler.

Wissenschaftler sprechen sich für Behandlungsversuch mit Immuntherapien aus

Aus den Ergebnissen dieser beiden Fälle schließen die Wissenschaftler, dass bei MS-Patienten mit progressiven Verläufen und nachweisbarer Krankheitsaktivität (MRT-Untersuchung, Konzentration von Neurofilament in der Rückenmarksflüssigkeit) eine krankheitsmodifizierende Immuntherapie in Betracht gezogen werden sollte. Die Konzentration bestimmter Neurofilamentbausteine scheint sich in solchen Fällen als Index für den Behandlungseffekt zu eignen und könnte auch in klinischen Studien interessant sein. Die Forscher schließen damit, dass Cladribin über die zugelassene Indikation (schubförmige MS) hinaus eine wirksame Behandlungsoption sein könnte.

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