Interstitielle Zystitis

Interstitielle Zystitis – mehr als nur ein Harnwegsinfekt

Original Titel:
Die Versorgungssituation von Patienten mit Interstitieller Zystitis in Deutschland

„Ich rannte alle 5 Minuten zur Toilette und war froh, dass der Blasenkrampf nachließ und eine kleine Menge Urin floss. Doch schon bald begannen die Schmerzen erneut, brennend und stechend. Ich war so erleichtert, als ich endlich eine Diagnose hatte.“  Lisa (23) hatte Glück: Ihre Ärztin hat die Interstitielle Zystitis schnell erkannt und sofort eine Behandlung veranlasst. Fast immer vergehen jedoch bis zur Diagnose viele Jahre – durchschnittlich sind es sogar 9 Jahre, wie eine Umfrage unter 270 Betroffenen mit Interstitieller Zystitis ergab (Jocham et al., 2013). Fast die Hälfte der Patienten sucht über 20-mal einen Arzt auf, ehe die Diagnose gestellt wird.

Ein möglicher Grund dafür: Die Interstitielle Zystitis weist Parallelen zu verwechselbaren Erkrankungen wie Harnwegsinfekten oder überaktiver Blase auf. Es kommt also darauf an, die Symptome genau zu erfassen und abzugrenzen. Oft wird aufgrund der Schmerzen beim Wasserlassen und den häufigen Toilettengängen zunächst ein Harnwegsinfekt diagnostiziert und ein Antibiotikum verschrieben. Antibiotika sind bei der interstitiellen Zystitis jedoch nicht wirksam. Tritt zusätzlich zur interstitiellen Zystitis ein Harnwegsinfekt auf, schlägt das verschriebene Antibiotikum zunächst an und die Beschwerden gehen zurück. Die zugrunde liegende Interstitielle Zystitis bleibt aber unentdeckt.

Häufig kommen die vermeintlichen Harnwegsinfektionen immer wieder – bis sich im Laufe der Jahre die typischen Symptome der Interstitiellen Zystitis manifestieren: immer stärker werdende Schmerzen und häufige Toilettengänge – übrigens oft auch nachts. Über die Hälfte der Patienten muss häufiger als 14-mal am Tag Wasser lassen (Jocham et al., 2013). Eine Überweisung zum Urologen bringt meist nicht viel Neues – die Urinuntersuchungen sind unauffällig; der vermeintliche Harnwegsinfekt ist durch die Antibiotika erst einmal wieder weg.

Typische Schmerzen bei Interstitielle Zystitis

Charakteristisch sind chronische Bauch- oder Unterleibsschmerzen, die immer wieder auftreten und mit der Zeit zunehmen. Im späteren Krankheitsverlauf kann ein dauerhaft vorhandener „Grundschmerz“ entstehen, der durch Schmerzspitzen noch verstärkt wird.
Die Schmerzen werden als brennend, stechend oder schneidend beschrieben. Typischerweise treten sie vor dem Wasserlassen, also während der Füllphase der Blase auf. Deshalb bringt das Wasserlassen (Miktion) Erleichterung, jedoch nur für kurze Zeit. Auch die Blasenentleerung selbst kann schmerzhaft sein.

Das Wichtigste bei IC: sicher diagnostizieren – schnell therapieren

Für eine sichere, frühzeitige Diagnose ist es wichtig, die Interstitielle Zystitis von einer Harnwegsinfektion abzugrenzen. Dabei hilft ein Miktionstagebuch, in dem Trink- und Toilettenverhalten sowie Dauer, Zeitpunkt und Stärke der Schmerzen über einige Tage protokolliert werden. Für eine sichere Diagnose der Interstitiellen Zystitis sind dann eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) beim Urologen notwendig, da sich damit krankheitstypische Veränderungen des Blasengewebes (Hunner-Läsionen oder Glomerulationen) erkennen lassen.

Interstitielle Zystitis oder Harnwegsinfekt? Typische Symptome zur Abgrenzung

Je früher die Interstitielle Zystitis erkannt wird, umso besser kann sie behandelt werden.

Hilfe und Unterstützung finden Betroffene beim ICA Deutschland e. V., dem Mediziner, Wissenschaftler, Therapeuten und Patienten angehören. Interessierte erhalten dort Informationen zu Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten, einschließlich neuester Erkenntnisse aus der Forschung, sowie Ratschläge zur Selbsthilfe bei IC.

Viel Wissenswertes bietet auch die neue Patientenleitlinie „Diagnostik und Therapie der Interstitiellen Zystitis IC/BPS“: Die Autoren empfehlen für die medikamentöse Behandlung den oralen Wirkstoff Pentosanpolysulfat (PPS). Das als Kapsel verfügbare Pentosanpolysulfat repariert die geschädigte Blasenschleimhaut und verhindert so, dass Harnbestandteile in die Blasenschleimhaut eindringen und dort Reizungen und Entzündungen verursachen.

Generell gilt: Je früher die IC erkannt wird, desto wirksamer kann sie behandelt werden.

 

Weitere Informationen finden Sie hier:

Quellen: Jocham D, Froehlich G, Sandig F, Ziegler A. Die Versorgungssituation von Patienten mit Interstitieller Zystitis in Deutschland. Urologe. 2013;52(5):691-702. doi:10.1007/s00120-013-3130-8

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