Bei einer schweren Blutdruck-Krise hilft nur die Geburt

Wenn der Blutdruck nur in der Schwangerschaft steigt, kann das auch als Rettungsversuch des Körpers interpretiert werden. Häufig liegt eine Störung der Plazentaentwicklung zugrunde, die für den Sauerstoff- und Nährstoff-Austausch zwischen Mutter und Ungeborenem verantwortlich ist. Bilden sich in der Plazenta nicht genügend durchlässige Blutgefäße, oder sind sie verengt, dann besteht die Gefahr für das Ungeborene, nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt zu werden. In dieser Situation kann die Plazenta Stoffe ausschütten, die den Blutdruck im Kreislauf der Mutter erhöhen. Wenn das Blut durch diesen höheren Druck besser durch den Mutterkuchen fließt, wird über die Nabelschnur auch die Versorgung des Babys mit Sauerstoff und lebenswichtigen Baustoffen vorübergehend verbessert.

„In der Vergangenheit gab es Versuche, bereits einen leicht erhöhten Blutdruck in der Schwangerschaft mit Arzneimitteln wieder abzusenken“, erläutert Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte. „Dabei wurde beobachtet, dass im Anschluss der Mutterkuchen geringer durchblutet wurde und das Kind in eine Notlage kam. In der Erkenntnis, dass der Anstieg des Blutdrucks eigentlich der besseren Versorgung des Babys zugutekommt, ist das Behandlungskonzept heutzutage ein anderes.“

Bluthochdruck – bessere Versorgung fürs Baby, jedoch Gefahr für die Mutter

Hoher Blutdruck bedeutet andererseits eine Gesundheitsgefahr für die werdende Mutter. Denn anders als ein Bluthochdruck außerhalb der Schwangerschaft hat diese Form der Hypertonie die Tendenz, im Lauf der Zeit immer stärker zu werden. Es kann dadurch nicht nur zu spürbaren Symptomen wie Kopfschmerzen kommen. Durch die belasteten Nieren gehen bei hohem Blutdruck zunehmend wichtiges Eiweiß und Salz verloren, was zu auffälligen Wassereinlagerungen führt. Steigt der Blutdruck ungebremst immer weiter, können sich auch Herzprobleme, Sehstörungen und im Extremfall auch Krampfanfälle zeigen.

Aktuell werden Arzneimittel bei neu aufgetretenem Bluthochdruck in der Schwangerschaft zum Schutz der Mutter erst dann eingesetzt, wenn die Werte über 150/100 mm Hg gemessen werden. Auf keinen Fall sollte an Flüssigkeit gespart werden. Besonders wichtig ist auch die Kontrolle des Babys: „Man kann im Rahmen der Schwangerenvorsorge das Risiko für eine Störung in der Plazenta durch Laboruntersuchungen feststellen, die leider noch keine Kassenleistung sind.

Risikofaktoren bei der Mutter sind Übergewicht, Diabetes, ein Bluthochdruck schon vor der Schwangerschaft, sowie ein Alter über 40 Jahre“, so Albring. „Auch bei Mehrlingsschwangerschaften und einem Schwangerschaftsdiabetes ist das Risiko erhöht. Zur Überwachung dient bei Frauen mit einem entsprechenden Risiko neben dem Blutdruck-Messgerät vor allem der Ultraschall mit der Kontrolle des Wachstums des Babys und der Blutflussmessung, der sogenannte Doppler-Ultraschall.“

Blutwerte, Urin und die Blutströme von Mutter und Baby kontrollieren

Bei einem entsprechenden Verdacht zeigen typische Laborwerte schon sehr früh – deutlich vor der 16. Schwangerschaftswoche, beispielsweise im Rahmen eines Ersttrimester-Screenings – , ob ein Risiko für eine sogenannte Präeklampsie besteht. In solchen Fällen wird der Blutfluss mit speziellen Ultraschall-Geräten mit der Doppler-Methode gemessen. Besteht das Risiko für eine frühe Plazenta-Störung, kann und sollte sehr niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (ASS) verordnet und eingenommen werden. Dieses Arzneimittel kann verhindern, dass schwere Komplikationen in der späteren Schwangerschaft auftreten.
Oftmals tritt ein Bluthochdruck erst in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft auf. Wichtig sind deshalb in jeder Schwangerschaft das regelmäßige Messen des Blutdrucks sowie die Untersuchung des Urins. Im Urin kann eine krankhafte Eiweißausscheidung sicher festgestellt werden. Bei Auffälligkeiten gilt es zunächst engmaschig zu kontrollieren.

Bei einer schweren Blutdruck-Krise hilft nur die Geburt

„Die einzige Behandlung, die praktisch immer und sofort wirkt, den Blutdruck wieder senkt und nahezu alle Symptome verschwinden lässt, ist die Geburt“, stellt Dr. Albring fest. Die Empfehlung der aktuellen Leitlinie(1) gibt vor, dass bei einer schweren Blutdruckkrise und bei einer ausgeprägten Wachstumsverzögerung des Babys wenn irgend möglich das Ende der 34. Schwangerschaftswoche abgewartet werden sollte. Eine stationäre Überwachung ist in dieser Situation zwingend, damit extreme Blutdruckanstiege mit Blutungen in den Augen und im Gehirn sowie epileptische Krampfanfälle nicht auftreten beziehungsweise rechtzeitig erkannt werden. Die Geburt, auch notfalls als Kaiserschnitt in einem Perinatalzentrum, hilft Mutter und Kind innerhalb von wenigen Minuten aus der Gefahrenzone.“ 

Quelle:
(1) Dt. Ges. f. Gynäkologie und Geburtshilfe 2019. S2k-Leitlinie Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen: Diagnostik und Therapie .

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