Infektionsrisiko am Arbeitsplatz – CASUS-App bietet Hilfestellung in der Corona-Pandemie

Webanwendung des Where2Test-Teams ist für Organisationen und Unternehmen konzipiert

Das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz hängt von zahlreichen Parametern ab. Für die neue Webapplikation „COVID-19 Arbeitsplatz-Risikokalkulator“ hat das Center for Advanced Systems Understanding (CASUS) des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) das komplexe Zusammenwirken all dieser Stellschrauben erforscht. Mit Hilfe der App lassen sich die Effekte, die Veränderungen von Parametern auslösen, intuitiv nachvollziehen. Das Tool ermöglicht es Organisationen und Unternehmen, das Infektionsrisiko ihrer Angestellten am Arbeitsplatz zu berechnen und es mit dem Hintergrundrisiko einer Infektion im Alltag zu vergleichen. Ziel ist, ein Verständnis dafür zu schaffen, wie Veränderungen von beeinflussbaren Stellschrauben wie Tests, Heim- und Büroarbeit sowie soziale Distanz am Arbeitsplatz das Infektionsrisiko beeinflussen. Die Mitte Dezember vorgestellte App ist über die Webseite www.where2test.de zu erreichen.

Aus Sicht des Infektionsschutzes ist das Homeoffice meist vorteilhaft. Die persönlichen Kontakte und damit die Möglichkeit, eine Infektion am Arbeitsplatz oder auf dem Arbeitsweg zu bekommen und weiterzugeben, entfallen. Allerdings ist bei vielen Organisationen und Unternehmen die Arbeit von Zuhause überhaupt nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Insbesondere sie müssen daher eines erkennen: Die Schlüssel zur Gewährleistung eines sicheren Arbeitsumfelds für die Belegschaft sind ein umfassendes Verständnis, wie sich verschiedene Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auswirken, sowie deren ordnungsgemäße Umsetzung.

Die neue Webanwendung von Where2Test „COVID-19 Arbeitsplatz-Risikokalkulator“ regt zu einer Beschäftigung mit dieser Thematik an. Sie steht allen Organisationen und Unternehmen – auch außerhalb Sachsens – kostenlos zur Verfügung.

Mit der intuitiv bedienbaren Where2Test-App können Verantwortliche nachvollziehen, wie sich – möglicherweise anpassbare – Parameter auf das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz auswirken. Dazu zählen die Anwesenheitsquote oder auch das durchschnittliche Intervall zwischen regelmäßigen COVID19-Tests der Angestellten. Außerdem berücksichtigt die App die je nach Organisation und Unternehmen oft sehr unterschiedliche Kontaktrate zwischen den Angestellten. Am Ende schätzt sie wissenschaftlich fundiert das durchschnittliche Risiko ab, sich unter bestimmten Bedingungen am Arbeitsplatz mit COVID-19 zu infizieren und vergleicht es mit dem Hintergrundrisiko im Alltag – also der Wahrscheinlichkeit, dass sich eine durchschnittliche Person, die in dem betreffenden Gebiet lebt und normalen täglichen Aktivitäten nachgeht, innerhalb einer Woche infiziert.

Futter für faktenbasierte Diskussion

„Unsere App soll dazu anregen, wissenschaftsbasiert über das Infektionsrisiko der Beschäftigten am Arbeitsplatz zu diskutieren“, erklärt Prof. Justin Calabrese, Gruppenleiter Erdsystemforschung am CASUS und Leiter des Projekts Where2Test. „Wir glauben, dass das Hintergrundrisiko ein wichtiger Bezugspunkt für die Beurteilung des Infektionsrisikos am Arbeitsplatz ist. Organisationen und Unternehmen sollten sich das Ziel setzen, das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz so niedrig wie möglich zu halten – auf jeden Fall aber klar unter dem Hintergrundrisiko. Gerade bei hohen Inzidenzen, wie wir sie aktuell in Sachsen haben, ist es zwingend erforderlich, dass sich die Organisationen bemühen, das Arbeitsplatzrisiko sehr deutlich unter das Hintergrundrisiko zu drücken.“

Auch SARS-CoV-2-Tests spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer Pandemie-Strategie. Wie die Modellierungen der Web-App zeigen, werden Infizierte schneller und zuverlässiger erkannt, wenn häufiger getestet wird. Bei kurzen Testintervallen kann somit auch bei hoher Betriebsamkeit an der Arbeitsstätte das Risiko von Virusübertragungen geringgehalten werden. Somit gilt: Je häufiger in einer Organisation auf SARS-CoV-2 getestet und bei positiven Tests reagiert wird, desto geringer das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz.

„Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Corona-Virus lassen immer deutlicher den Schluss zu, dass die Pandemie noch lange nicht überwunden ist“, sagt Dr. Michael Bussmann, Gründungsbeauftragter des CASUS. „Unsere App unterstützt Organisationen und Unternehmen beim Entwickeln von Strategien, mit denen das Infektionsrisiko reduziert wird, wenn Menschen am Arbeitsplatz zusammenkommen.“

Erste Ergebnisse des Where2Test-Teams werden demnächst in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht. Zudem wird die Webanwendung stetig weiterentwickelt. Künftige Versionen sollen zum Beispiel die Bedeutung einer minimalen Infektionsrate in Organisationen und Unternehmen noch stärker betonen.

Das Projekt Where2Test läuft seit August 2020 und wird mit insgesamt einer Million Euro aus dem Etat des Sächsischen Wissenschaftsministeriums und dem Corona-Bewältigungsfonds des Freistaats Sachsen gefördert. Where2Test ist online unter www.where2test.de erreichbar. Die Web-App kann direkt unter https://www.where2test.de/riskcalculator aufgerufen werden.

Über das Center for Advanced Systems Understanding

Das CASUS wurde 2019 in Görlitz gegründet und betreibt digitale interdisziplinäre Systemforschung in unterschiedlichen Bereichen wie Erdsystemforschung, Systembiologie und Materialforschung. Innovative Forschungsmethoden aus Mathematik, theoretischer Systemforschung, Simulation, Daten- und Computerwissenschaft werden eingesetzt mit dem Ziel, komplexe Systeme von bisher nie dagewesener Realitätstreue abzubilden und so zur Lösung drängender gesellschaftlicher Fragen beizutragen. Kooperationspartner sind das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig (UFZ), das Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden (MPI-CBG), die Technische Universität Dresden (TUD) und die Universität Wrocław. Das Zentrum wird aus Mitteln des Bundeministeriums für Bildung und Forschung und des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus gefördert.