Nicht funktionierendes Gen sorgt für bessere Gesundheit bei manchen COPD-Patienten

Original Titel:
Genetic mannose binding lectin deficiency is associated with airway microbiota diversity and reduced exacerbation frequency in COPD

MedWissBritische Forscher finden Hinweise darauf, dass ein Mangel eines wichtigen Bausteins des Immunsystems bei COPD einen positiven Effekt haben könnte. Statt anfälliger für Infekte zu werden, kann das Immunsystem der Patienten bestimmte Bakterien besser attackieren, vermuten die Forscher.


Wieso manche COPD-Patienten mehr akute Verschlechterungen erleben als andere, ist bisher noch nicht vollständig verstanden. Bestimmte genetische Veranlagungen könnten dabei eine Rolle spielen und das sogar auf zweierlei Art. Zum einen könnten bestimmte Gene eine Neigung zu akuten Verschlechterungen verursachen, zum anderen könnten sie beeinflussen, welche Mikroorganismen die Lunge besiedeln.

Haben Gene und Mikroorganismen Einfluss auf COPD?

Aus ersten Untersuchungen weiß man, dass die Zusammensetzung der Mikroorganismen in der Lunge bei Menschen mit COPD anders ist als bei Menschen ohne COPD. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass bei zystischer Fibrose und Bronchiektasie, ebenfalls chronische Lungenerkrankungen, eine bestimmte genetische Veranlagung mit vermehrten akuten Verschlechterungen und einer früheren Sterblichkeit zusammenhängen könnte.

Genetische Variation macht womöglich anfälliger für Infektionen

Bei dieser genetischen Veranlagung handelt es sich um die Fähigkeit des Körpers, Mannose-bindendes Lektin (MBL) herzustellen. Dieses Eiweiß übernimmt Funktionen im Immunsystem. Es wird angenommen, dass Menschen, deren Körper wenig MBL herstellt, anfälliger für Infektionen sind. Infektionen können akute Verschlechterungen bei COPD-Patienten auslösen.

Mannose-bindendes Lektin behindert Fresszellen bei ihrer Arbeit

Gleichzeitig gibt es Daten, die darauf hinweisen, dass MBL auch den gegenteiligen Effekt haben kann: Unter bestimmten Bedingungen scheint MBL Fresszellen daran zu hindern, Bakterien der Art Haemophilus influenzae zu eliminieren – einem Hauptauslöser von Infektionen bei COPD. Welche Rolle spielt also Mannose-bindendes Lektin bei COPD?

Gene und Mikroorganismen in Lunge von COPD-Patienten ausgewertet

Dieser Frage sind britische Forscher in einer der größten Studien angegangen, die sich bisher mit den Mikroorganismen in den Lungen von COPD-Patienten beschäftigt hat. Dazu untersuchten sie fast 1800 COPD-Patienten. Sie bestimmten ihre genetische Veranlagung MBL herzustellen und verknüpften diese Daten mit Informationen zu akuten Verschlechterungen, die in den medizinischen Akten vermerkt waren, sowie der Abnahme der Lungenfunktion und Sterblichkeit. Eine Gruppe von 141 COPD-Patienten wurde darüber hinaus für sechs Monate begleitet und genauer untersucht. Anhand von Proben von ausgehusteten Lungensekret wurde ermittelt, welche Mikroorganismen in den Lungen der Patienten vorkamen. Außerdem wurden die Entzündungswerte während stabiler Phasen und akuter Verschlechterungen ermittelt.

Weniger MBL – weniger akute Verschlechterungen

Die Forscher untersuchten, ob die Gene für MBL bei den Patienten mit akuten Verschlechterungen, der Zusammensetzung der Mikroorganismen in der Lunge oder den Entzündungswerten zusammenhingen. Dabei stellten sie fest, dass COPD-Patienten, die wenig MBL produzierten, seltener akute Verschlechterungen hatten, auch schwere. Auf die Abnahme der Lungenfunktion oder die Sterblichkeit hatte die genetische Veranlagung jedoch keinen Einfluss.

Weniger Infektionen mit einem akute Verschlechterungen auslösenden Bakterium

Bei den 141 Patienten, die weitergehend untersucht wurden, zeigte sich, dass solche, die einen Mangel an MBL aufwiesen, eine vielfältigere Zusammensetzung der Mikroorganismen in ihrer Lunge hatten. Diese Patienten hatten auch seltener Bakterien-Arten des Typ Haemophilus in der Lunge. Auch die Entzündung der Atemwege fiel bei diesen Patienten geringer aus.

MBL-Mangel hat bei COPD anscheinend positive Auswirkungen

Darin scheint die Erklärung zu liegen, wieso COPD-Patienten, bei denen ein Mangel eines wichtigen Bausteins des Immunsystems vorliegt, weniger akute Verschlechterungen haben. In ihrem Fall ist es ein Vorteil, da so ein Hauptverursacher für akute Verschlechterungen vom Immunsystem vermutlich besser bekämpft werden kann. Hier hat der Mangel an Mannose-bindendem Lektin also den gegenteiligen Effekt, von dem, was die Wissenschaftler ansonsten erwarten würden.

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