Depressiv durch Coronaviren? Analyse psychischer Erkrankungen infolge einer Infektion

Original Titel:
Psychiatric and neuropsychiatric presentations associated with severe coronavirus infections: a systematic review and meta-analysis with comparison to the COVID-19 pandemic

Kurz & fundiert

  • Wissenschaftler untersuchten Infektionen mit SARS-CoV, MERS-CoV und SARS-CoV-2
  • Sowohl während einer akuten Erkrankung als auch danach traten bei Betroffenen psychische Erkrankungen auf
  • Es konnten Depressionen, Angststörungen oder posttraumatischer Stress auftreten

MedWiss – Eine Infektion mit Coronaviren kann zu psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Schlaflosigkeit oder Gedächtnisproblemen führen. Die Symptome könnten auch nach Abklingen der akuten Erkrankung auftreten.


Vieles zum neuen Coronavirus SARS-CoV-2 ist weiterhin unbekannt. Wissenschaftler untersuchten daher jetzt den Zusammenhang mit psychiatrischen und neuropsychiatrischen Erkrankungen und Coronaviren.

2002 und 2012 gab es bereits größere Ausbrüche, die durch SARS- und MERS- Coronaviren verursacht wurden. Diese sind mit dem neuen SARS-CoV-2 verwandt. Die Wissenschaftler werteten jetzt in einem systematischen Review und einer Meta-Analyse den Zusammenhang zwischen einer Infektion mit Coronaviren und (neuro-)psychiatrischen Erkrankungen aus.

Über 3500 Infektionen mit drei verschiedenen Coronaviren

Die Wissenschaftler durchsuchten verschiedene Datenbanken und schlossen 65 Studien und 7 vorveröffentlichte Studien (Preprints) in die Auswertungen ein. Die meisten Studien hatten allerdings eine geringe Qualität. Insgesamt umfassten die Auswertungen 3559 Infektionsfälle mit den drei Coronaviren. Das Alter der Infizierten reichte dabei von 12,2 bis 68 Jahren. Die Patienten wurden zwischen 60 Tagen und 12 Jahren beobachtet.

In ihrem Review konnten die Wissenschaftler während einer akuten Erkrankung häufig folgende Symptome ausmachen: Verwirrtheit (36 von 129 Patienten), depressive Verstimmung (42 von 129 Patienten), Angststörungen (46 von 129 Patienten), Gedächtnisstörungen (44 von 129 Patienten) und Schlaflosigkeit (54 von 129 Patienten). Bei 13 von 1744 Patienten mit SARS kam es zu Steroid-induzierten Manien und Psychosen.

Sowohl während einer akuten Erkrankung als auch danach kam es zu psychischen Erkrankungen

In der Phase nach der akuten Erkrankung kam es zu depressiven Verstimmungen (35 von 332 Patienten), Schlaflosigkeit (34 von 280 Patienten), Angststörungen (21 von 171 Patienten), Reizbarkeit (28 von 218 Patienten), Gedächtnisstörungen (44 von 233 Patienten) und Fatigue (61 von 316 Patienten). In einer Studie litten 55 von 181 Patienten an traumatischen Erinnerungen und 14 von 14 an Schlafstörungen. In der Meta-Analyse werteten die Wissenschaftler die Prävalenz zu einem Zeitpunkt aus: für post-traumatische Stresserkrankungen lag die Prävalenz bei 32,2 %, für Depressionen bei 14,9 % und für Angststörungen bei 14,8 %. 446 von 580 Patienten aus sechs Studien konnten nach durchschnittlich 35,5 Monaten wieder zu Arbeit gehen.

Auch Patienten mit COVID-19 waren betroffen

Daten einer Studie zu Patienten mit COVID-19 zeigten Anzeichen für häufiges Auftreten von Delirium. Verwirrung zeigte sich bei 26 von 40 Patienten auf der Intensivstation, Unruhe bei 40 von 58 Patienten. Eine andere Studie zeigte Bewusstseinsveränderungen bei 17 von 82 Patienten. Andere Daten zeigten wiederum bei 33 % von 45 Patienten nach der Entlassung ein dysexekutives Syndrom (z. B. Einschränkungen in Aufmerksamkeit, Planungsdenken und Selbstkontrolle). Es gab außerdem zwei Berichte von hypoxischer Enzephalopathie und einen Bericht über Enzephalitis.

Eine Infektion mit Coronaviren kann zu psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Schlaflosigkeit oder Gedächtnisproblemen führen. Die Symptome können auch nach Abklingen der akuten Erkrankung auftreten.

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