Depression

Agomelatin und Schlafverschiebung bessern Schlaf und Stimmung

Original Titel:
Parallel Changes in Mood and Melatonin Rhythm Following an Adjunctive Multimodal Chronobiological Intervention With Agomelatine in People With Depression: A Proof of Concept Open Label Study.

MedWiss – Mit einer Kombination aus Information, Anleitung zur Verschiebung der Schlafphase und medikamentöser Therapie mit Agomelatin wurden junge Patienten mit Depressionen in dieser vorläufigen Untersuchung behandelt. Es deutete sich an, dass ein nicht-normaler Tag-Nacht-Rhythmus, wie er häufig bei Depressionen zu finden ist, normalisiert werden kann und dass das Ausmaß dieser Normalisierung und die antidepressive Wirkung der Gesamtbehandlung in Zusammenhang stehen. Größere Untersuchungen werden nun die Wirksamkeit dieses Ansatzes mit anderen Methoden vergleichen müssen.


Agomelatin ist ein Wirkstoff mit zwei wesentlichen Wirk-Wegen: es wirkt als Melatonin-Agonist und als 5HT-Rezeptor-Antagonist. Melatonin ist unser Schlafhormon, das sich in Dunkelheit bildet. Als Agonist für Melatonin wirkt Agomelatin also vergleichbar zu Melatonin und hat somit schlaffördernde Effekte. 5HT dagegen ist eine Vorläufersubstanz für Serotonin, vereinfacht als Glückshormon bekannt. Agomelatin wirkt auf das Serotonin-System antidepressiv, über das Melatonin-System dagegen eher stabilisierend auf das Tag-Nacht-System. Störungen im sogenannten zirkadianen Rhythmus, also dem Tag-Nacht-Rhythmus, gelten als ein Element in der Entwicklung von Depressionen. Entsprechend könnte Agomelatin auch darüber seine antidepressive Wirkung entfalten.

Linderung über Tag-Nacht-Rhythmus und Glückshormon?

In dieser offenen Studie, bei der also die Teilnehmer über ihre Behandlung informiert waren, sollte folgendes Konzept überprüft werden: stimmt die Verbesserung depressiver Symptome mit Normalisierungen des Tag-Nacht-Rhythmus überein? Dies wurde mit jungen Patienten mit Depressionen untersucht, von denen bekannt ist, dass ihr Rhythmus häufig im Vergleich zu dem Rhythmus gesunder Menschen verschoben ist. Die Teilnehmer erhielten eine multimodale Intervention, bestehend aus dem Medikament Agomelatin, einer Psychoedukation zum Thema Schlaf und Tag-Nacht-Rhythmen und der Anleitung zu einer aktiven Schlafphasenverschiebung. Das heißt, die Teilnehmer wurden aufgefordert, ihre Aufwachzeit Schritt für Schritt an die ‚normale‘ Zeit anzugleichen. Das Agomelatin wurde über 8 Wochen verschrieben. Ergebnisse der Intervention wurden mit psychologischen Untersuchungen, Schlaf-Wach-Messungen und der Messung des Melatonin-Zyklus vor und nach der Behandlungsphase ermittelt.

Multimodale Intervention mit Agomelatin, Informationsveranstaltung und Schlafphasenverschiebung

24 junge Erwachsene mit Depressionen im Alter von 17 bis 28 Jahren (58 % Frauen) nahmen an der Studie teil. Nach Abschluss der Intervention waren im Schnitt die depressiven Symptome klar reduziert. Auch der Zeitpunkt des Anstiegs der Schlafhormonproduktion im Körper (DLMO, abgekürzt vom engl. dim light melatonin onset) verschob sich auf einen durchschnittlich 3,6 Stunden früheren Zeitpunkt. Der Schlafbeginn erfolgte dadurch 28 Minuten früher, die Gesamtschlafdauer steigerte sich im Schnitt um 24 Minuten. An den Aufwachzeiten änderte sich nichts. Die Forscher fanden deutliche Zusammenhänge (eine sogenannte Korrelation) zwischen den Verbesserungen im Schweregrad der Depressionen und dem Ausmaß der Verschiebung in der Schlafhormonproduktion (dem DLMO-Wert).

Depressionsbesserungen gingen einher mit deutlicheren Normalisierungen des Tag-Nacht-Rhythmus

Diese noch vorläufige kleine Untersuchung bietet damit einen Hinweis darauf, dass die zirkadiane Rhythmik, wie der Tag-Nacht-Rhythmus auch genannt wird, nicht nur normalisiert werden kann, sondern dass das Ausmaß dieser Normalisierung sich auch in der antidepressiven Wirkung der Gesamtbehandlung widerspiegelt. Insgesamt schien die Kombination aus Information, Anleitung zur Verschiebung der Schlafphase und medikamentöser Therapie mit Effekt auf Depressionen und Schlafrhythmus gute Wirkung zu zeigen und den jungen Patienten weiterhelfen zu können. Größere Untersuchungen werden nun solche Ansätze mit anderen Methoden vergleichen müssen, um die Wirksamkeit einschätzen zu können.

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