Symptomfrei ohne Behandlung: Ein realistischer Traum für CML-Patienten?

Original Titel:
De-escalation of tyrosine kinase inhibitor therapy before complete treatment discontinuation in patients with chronic myeloid leukaemia (DESTINY): a non-randomised, phase 2 trial

MedWiss – Symptomfrei (in Remission) ohne jede Behandlung zu sein: inzwischen ein durchaus realistischer Traum für Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie (CML). Die anfängliche Deeskalation der Dosierung vor dem Behandlungsstop kann offenbar eine Strategie sein, diese therapiefreie Remission zu erreichen. Weitere Studien werden nun klären müssen, welche Vor- und Nachteile die stufenweise Absenkung der Dosis im Vergleich zum direkten Stopp hat.


Symptomfrei (in Remission) ohne jede Behandlung zu sein – das ist das neue Ziel bei der Therapie von chronisch myeloischer Leukämie (CML). Solche früher nur selten denkbaren Ziele sind nun häufiger erreichbar, seit neue Medikamentenklassen verwendet werden. Dies sind besonders die Tyrosinkinase-Hemmer. Diese hemmen das für CML typische BCR-ABL-Eiweiß und stören so die Vermehrung der erkrankten Zellen. Allerdings haben die Mittel, wie jedes Medikament, auch unerwünschte Effekte, die durch therapiefreie Phasen vermutlich deutlich reduziert werden könnten. Alle bisherigen Studien zur therapiefreien Remission (kurz TFR) bei Patienten mit CML stoppten die Behandlung mit den Tyrosinkinase-Hemmern abrupt, wenn Symptomfreiheit auf molekularer Ebene beobachtet werden konnte, genauer: eine sogenannte tiefe Remission. Die molekulare Remission MR wird in verschiedene Stufen eingeteilt, je nachdem, wie häufig sich Anzeichen für das erkrankte BCR-ABL-Eiweiß im Blut nachweisen lassen. Tiefe Remission, MR4 (Verhältnis von BCR-ABL zum normalen ABL ≤ 0,01 %), ist in vielen Studien ein Kriterium für den Versuch, die Medikation abzusetzen.

Tyrosinkinase-Hemmer ermöglichen häufiger als früher behandlungsfreie, symptomfreie Phasen

Könnte aber auch für Patienten mit weniger strikt definierter Symptomfreiheit eine Phase ohne Medikamente möglich sein? Dies untersuchten Forscher nun, indem sie einerseits Patienten in die Studie aufnahmen, die nicht die Stufe MR4 erreichten, sondern noch etwas mehr Krankheitsaktivität aufwiesen (Verhältnis BCR-ABL zu ABL ≤ 0,1 %): die MMR-Stufe der molekularen Remission. Zudem untersuchten sie, ob ein allmähliches Absetzen statt eines plötzlichen Medikamentenstopps bei diesen Patienten möglich wäre.

Auch für Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie (CML) in guter (MMR) statt tiefer Remission?

In dieser Studie der Phase 2 wurden die Tyrosinkinasen-Hemmer Imatinib, Nilotinib oder sprYcel eingesetzt. 20 Kliniken in Großbritannien nahmen an der Untersuchung teil. Erwachsene CML-Patienten in ihrer ersten chronischen Phase, die seit mindestens drei Jahren mit Tyrosinkinase-Hemmern behandelt wurden, konnten teilnehmen. Voraussetzung waren mindestens drei Nachweise eines Verhältnisses von BCR-ABL zu ABL von höchstens 0,1 %, also mindestens Remissionsstufe MMR, im letzten Jahr. Die Patienten wurden je nach Tiefe der Remission in eine MMR- oder eine MR4-Gruppe eingeordnet. Die Behandlung mit Tyrosinkinase-Hemmern wurde über ein Jahr runterdosiert auf die Hälfte der Standarddosis, und dann komplett gestoppt für weitere zwei Jahre. Dabei wurde regelmäßig die Remission überwacht. Wenn zwei aufeinanderfolgende Messungen einen Messwert über 0,1 % ergaben, wurde die Behandlung wieder mit voller Dosis aufgenommen. Die Forscher ermittelten, wie viele Patienten die allmähliche Reduktion der Dosis und behandlungsfreie Phase mit mindestens Remissionsstufe MMR beenden konnten.

Zum Beginn der Studie erhielten 148 Patienten Imatinib, 16 nahmen Nilotinib und 10 wurden mit Dasatinib behandelt, und erhielten die Mittel im Schnitt seit 6,9 Jahren. Zwischen Ende 2013 und Mai 2015 wurden 49 Patienten in die MMR-Gruppe aufgenommen. 125 Patienten waren in tiefer molekularer Remission und somit der MR4-Gruppe zugeordnet. In der MR4-Gruppe nahmen 84 (67 %) der Patienten bis zum Studienendpunkt nach 3 Jahren an der Untersuchung teil. Rückfallsfreiheit, also weiterhin mit mindestens guter Remission MMR, erreichten 72 % dieser Patienten. Aus der MMR-Gruppe führten 16 (33 %) der Patienten die Studie zu Ende durch. Von diesen blieben 36 %, also etwa jeder 3. Patient, in guter molekularer Remission (MMR). Es gab keinen Fall von Krankheitsfortschritt. Zwei Patienten verstarben, dies stand jedoch nicht in Zusammenhang mit der CML oder ihrer Behandlung.

Sämtliche Patienten, deren Werte sich ohne Medikation verschlechterten, erreichten die Stufe MMR innerhalb von fünf Monaten nach Wiederaufnahme der Behandlung.

Vielversprechend: stabile MMR-Remission könnte kontrolliertes Absetzen der Medikamente erlauben

Demnach könnte eine therapiefreie Remission auch für Patienten mit stabiler MMR-Remission möglich sein. Die anfängliche Deeskalation der Dosierung vor dem Behandlungsstop kann offenbar auch eine Strategie sein, die therapiefreie Remission zu erreichen. Weitere Studien werden nun klären müssen, welche Vor- und Nachteile die stufenweise Absenkung der Dosis im Vergleich zum direkten Stopp hat.

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