COPD

Antibiotikum während und nach Krankenhausaufenthalt wegen akuter Verschlechterung?

Original Titel:
Azithromycin during Acute COPD Exacerbations Requiring Hospitalization (BACE): a Multicentre, Randomized, Double-blind, Placebo-controlled Trial.

MedWissHelfen Antibiotika bei COPD? Neuere Studien deuten darauf hin, doch es gibt auch Nachteile, weswegen es bisher keine generelle Empfehlung gibt. Belgische Forscher haben nun den Nutzen von Azithromycin bei einem Krankenhausaufenthalt näher untersucht.


In der aktuellen deutschen Leitlinie zur Diagnose und Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) wird keine generelle Empfehlung gegeben für eine dauerhafte Therapie mit Antibiotika. Zwar gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass der längerfristige Einsatz von Antibiotika aus der Gruppe der Makroliden die Zahl der akuten Verschlechterungen senken kann, jedoch gibt es auch unerwünschte Wirkungen.

Resistenzen, Hörprobleme und fehlende Langzeitdaten

So können durch die dauerhafte Gabe von Antibiotika bestimmte Bakterien gegen die Wirkstoffe resistent werden. Kommt es bei einer Schwächung des Immunsystems zu einer Infektion mit diesen Keimen, z. B. einer Lungenentzündung, helfen die Antibiotika dann nicht mehr. Beim Einsatz von Azithromycin kam es außerdem zu Beeinträchtigungen des Gehörs, wenn auch meist nur vorübergehend. Auch bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten die Antibiotika nicht eingesetzt werden. Zusammen mit fehlenden Langzeitergebnissen über ein Jahr hinaus, wird die Behandlung mit Makroliden daher im Moment nicht generell empfohlen. Eine Ausnahme sieht die deutsche Leitlinie hier nur bei Menschen mit COPD, bei denen zwei oder mehr akute Verschlechterungen pro Jahr auftreten und bei denen eine Besiedelung mit dem Bakterium P. aeruginosa festgestellt wurde, welches ein häufiger Krankenhauskeim ist.

Hilft Azithromycin eine erneute Verschlechterung nach einer Krankenhauseinweisung vorzubeugen?

Belgische Wissenschaftler haben in einer kürzlich veröffentlichten Studie untersucht, welchen Wert die Behandlung mit Azithromycin bei akuten Verschlechterungen hat, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, wenn das Antibiotikum zusätzlich zur Standardbehandlung verabreicht wird. Sie wollten überprüfen, ob eine dreimonatige Einnahme von Azithromycin nach einem Krankenhausaufenthalt die Zahl der Patienten reduzieren kann, bei denen die Therapie versagt und die erneut eine Verschlechterung der Symptome haben.

Azithromycin zusätzlich zur Standardbehandlung und auch noch nach Entlassung

Insgesamt nahmen 301 Patienten an der Untersuchung teil. Sie wurden in verschiedene belgische Krankenhäuser aufgenommen aufgrund einer akuten Verschlechterung ihrer COPD. Die Teilnehmer hatten in der Vergangenheit 10 oder mehr Packungsjahre geraucht und im vergangenen Jahr eine oder mehr akute Verschlechterungen erlitten. Innerhalb von 48 Stunden nach der Einweisung ins Krankenhaus wurden die Patienten zufällig entweder der Gruppe zugeteilt, die zusätzlich zur Standardbehandlung Azithromycin erhielt, oder der Gruppe, die ein Placebo und die Standardbehandlung erhielt. Azithromycin wurde für drei Tage im Krankenhaus in einer Dosierung von 500 mg verabreicht, zusätzlich zu einer Behandlung mit systemischem Kortison (d. h. Tabletten, Spritzen, Infusion) und Antibiotika. Nach dem Krankenhausaufenthalt wurde die Behandlung mit Azithromycin für drei Monate fortgeführt. Die Patienten nahmen zweimal wöchentlich 250 mg Azithromycin ein.

Bei wie vielen Patienten versagt die Behandlung innerhalb von drei Monaten?

Die Patienten wurden anschließend für weitere sechs Monate untersucht. Die Wissenschaftler schauten dabei, wie lange es bis zum Therapieversagen dauerte, sowie wie die Gesamtsterblichkeit war. Als Therapieversagen galt, wenn die Patienten erneut eine intensivere Behandlung mit Medikamenten benötigten, mehr ärztliche Versorgung benötigten oder aufgrund von Atemwegsbeschwerden erneut ins Krankenhaus kamen.

Unter Azithromycin deutlich weniger erneute Krankenhausaufenthalte

Innerhalb von drei Monaten benötigten 47 % der Patienten der Azithromycin-Gruppe eine intensivere Behandlung und 60 % der Placebogruppe. Eine Verstärkung der ärztlichen Versorgung oder einen erneuten Krankenhausaufenthalt benötigten innerhalb von drei Monaten 13 % der Azithromycin-Gruppe und 28 % der Placebo-Gruppe. Aus der Placebo-Gruppe verstarben innerhalb der drei Monate 4 % der Teilnehmer, in der Azithromycin-Gruppe waren es 2 % der Teilnehmer. Die Vorteile der Azithromycinbehandlung waren 6 Monate nach Absetzen des Antibiotikums nicht mehr vorhanden.

Vorbeugen von Therapieversagen konnte nicht eindeutig belegt werden

Das ursprüngliche Ziel der Forscher war es, die Untersuchung mit 500 Patienten durchzuführen. Da ihnen das nicht gelang, konnten sie statistisch nicht beweisen, dass die Behandlung mit Azithromycin ein Therapieversagen verhindern kann, obwohl es bei weniger Patienten unter Azithromycin innerhalb der drei Monate zu einem Therapieversagen kam, als in der Placebo-Gruppe (49 % gegenüber 60 %). Der Unterschied war hier für einen statistischen Nachweis jedoch nicht groß genug.

Weniger Zeit im Krankenhaus mit Azithromycin – Raucher profitierten nicht

Die Wissenschaftler stellten außerdem fest, dass die mit Antibiotikum behandelten Patienten 24 % weniger Tage im Krankenhaus und 74 % weniger Tage auf der Intensivstation verbrachten, als die Patienten, die das Placebo einnahmen. Die Vorteile von Azithromycin zeigten sich in der Untersuchung bei Nichtrauchern deutlicher. Patienten, die aktuell rauchten, hatten wenig oder gar keinen Nutzen von der niedrig dosierten Azithromycin-Behandlung im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt.

Wissenschaftler sehen Nutzen des Einsatzes von Azithromycin

Die Wissenschaftler kommen daher zu dem Schluss, dass die Gabe von zusätzlichem Azithromycin dabei hilft, das Risiko für eine erneute Verschlechterung in der Zeit mit dem höchsten Risiko dafür, zu reduzieren. Um den Effekt der Behandlung im Krankenhaus aufrechtzuerhalten, scheint eine Weiterbehandlung mit niedrig dosiertem Azithromycin nach dem Krankenhausaufenthalt notwendig zu sein.

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