Wenn keine Aussicht auf Heilung mehr besteht

Palliativpharmazie – Apotheken unterstützen Patienten und Angehörige

 Manchmal ist eine Krankheit in einem Stadium, dass keine Aussicht auf Heilung mehr besteht. Oft handelt es sich um Krebs, aber auch andere Erkrankungen können im fortgeschrittenen Stadium nicht mehr heilbar sein, beispielsweise Morbus Parkinson, Multiple Sklerose oder Demenzerkrankungen, aber auch internistische Erkrankungen wie eine Herz- oder Niereninsuffizienz oder eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, und dann wird für die Patienten alles getan, um die Symptome zu lindern und ihnen so viel wie möglich Lebensqualität zu ermöglichen. Nicht immer sind ältere Menschen betroffen. Der Wunsch, die letzten Monate des Lebens zu Hause bei der Familie zu verbringen, ist bei Palliativpatienten jeden Altes gegeben. „In der ambulanten palliativen Versorgung spielt die Apotheke vor Ort eine wichtige Rolle“, erklärt Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen.

Stadien der Erkrankung

In vielen Fällen tritt eine schwere Erkrankung nicht plötzlich auf, sondern macht sich anfangs durch leichte Symptome bemerkbar. Oft besteht eine lange Zeit nach der Diagnosestellung noch Aussicht auf Heilung. In dieser Phase finden Patienten häufig ihre Stammapotheke, falls sie nicht bereits eine haben. Der Apotheker lernt den Patienten kennen, und zwar nicht nur dessen Medikation, sondern er erfährt in den Kundengesprächen auch etwas über die Lebenssituation der Person. Der Informationsaustausch mit dem Patienten dient der optimalen Beratung, während gleichzeitig das Vertrauensverhältnis gestärkt wird.

Linderung der Symptome

Der Übergang in die palliative Phase ist oft fließend. Je geringer die Hoffnung auf Heilung wird, desto mehr orientiert sich die Therapie an der Linderung belastender Symptome. Körperliche Beschwerden wie Schmerz, Krämpfe oder Atemnot werden häufig begleitet von psychischen Symptomen wie Ängsten und Depressionen. Die Patienten und auch ihre Angehörigen befinden sich in einer ungewohnten und belastenden Situation, in der sie aber auch sehr viel Unterstützung finden. Ihnen zur Seite steht ein ganzes Team aus verschiedenen Disziplinen. Ärzte und Apotheker, Krankenpfleger, Krankenhäuser, ambulante Palliativteams, Psychologen, Sanitätshäuser, Seelsorger und andere Fachleute arbeiten Hand in Hand mit den Patienten und deren Angehörigen.

Eine Konstante während des Krankheitsverlaufs

Die Stammapotheke ist wie der Hausarzt eine Konstante während des gesamten Krankheitsverlaufs, nicht erst, wenn die palliative Phase einsetzt. Von allen Spezialisten in der Versorgung, sind die Apotheken diejenigen, die teilweise die längste Beziehung zu einem Patienten haben. Der Stammapotheker erkennt, wenn ein Patient mehr Unterstützung benötigt als bisher. Ihm fällt auf, wenn zusätzliche Medikamente verschrieben worden sind oder wenn der Patient nicht mehr selbst in die Apotheke kommt, sondern die Arzneimittel durch einen Boten bringen oder von Angehörigen abholen lässt.

Der Umgang mit der Medikation

Die Vielzahl an Medikamenten, die bei einer schweren Erkrankung verordnet werden, sollen dem Patienten helfen, aber sie können auch verunsichern und Sorgen über Nebenwirkungen bereiten. Manche Arzneimittel haben Wechselwirkungen untereinander, das heißt in der Kombination kann die Wirkung eines Medikamentes abgeschwächt oder verstärkt werden. Auf Wunsch können Apotheker die gesamte Medikation überprüfen und auch mit Ärzten kommunizieren, was besonders sinnvoll ist, wenn die Medikamente von verschiedenen Ärzten verordnet worden sind. Der Apotheker verschafft sich einen Überblick hinsichtlich Wechselwirkungen oder Doppelverordnungen und schlägt falls erforderlich Maßnahmen vor, um Wechselwirkungen vorzubeugen. In bestimmten Fällen kann eine Änderung der Darreichungsform dem Patienten die Einnahme erleichtern. Hier können immer individuelle Lösungen für den einzelnen Patienten getroffen werden.

Übertriebene Erwartungen

Im fortgeschrittenen Stadium einer Erkrankung ist völlige Beschwerdefreiheit oft nicht zu erreichen. In einem offenen Gespräch können Apotheker realistische Möglichkeiten der Arzneimittelwirkungen erklären. Die Medikation dient der bestmöglichen Beschwerdeminderung, um die Lebensqualität so gut es unter den Umständen geht bis zum Schluss zu erhalten.

Über „Wundermittel“ sprechen

Wer verzweifelt ist, setzt seine Hoffnung möglicherweise in Wundermittel aus der Werbung. Diese sind nicht nur häufig unwirksam, sondern sie können schlimmstenfalls die Wirkung der verordneten Arzneimittel beeinflussen. Patienten sollten daher unbedingt mit dem Apotheker vor Ort über alle ihre Mittel sprechen. Mit Fachkenntnis und Einfühlungsvermögen wird er eine Evaluation vornehmen.

Die Rolle der Angehörigen

Patienten in der Palliativphase erleben oft Einschränkungen und sind auf die Hilfe von Familienmitgliedern angewiesen. Die Angehörigen kontrollieren beispielsweise, ob für ein Wochenende oder einen Feiertag ausreichend Medikamente vorhanden sind oder ob Palliativteam oder Hausarzt rechtzeitig neue Rezepte ausstellen. Die Verantwortung, die auf den Schultern der Angehörigen lastet, ist groß. Dabei steht die Apotheke vor Ort ihnen unterstützend zur Seite. Die Stammapotheke trägt Sorge, dass alle benötigten Medikamente vorrätig sind. Für den Fall, dass am Wochenende oder nachts doch mehr Medikamente benötigt werden, sollten Angehörige wissen, welche Apotheke Notdienst hat. Die Landesapothekerkammer Hessen stellt auf ihrer Homepage eine Suchfunktion für den Apothekennotdienst zur Verfügung:

https://www.apothekerkammer.de/apotheken+notdienst/schnellsuche/

Patienten wie auch die Angehörigen sollten sich nicht scheuen, Unterstützung durch ein Palliativteam und die Stammapotheke in Anspruch zu nehmen, um die Situation bestmöglich zu meistern.

Der Landesapothekerkammer Hessen gehören rund 6500 Apothekerinnen und Apotheker an. Der Heilberuf des Apothekers unterliegt einem gesetzlichen Auftrag. Zu den Aufgaben der Landesapothekerkammer gehören die Förderung der Fort- und Weiterbildung und die Überwachung der Einhaltung der Berufspflichten durch ihre Mitglieder.