Parkinson-Erkrankung und Alzheimerdemenz: keine Tiefenhirnstimulation bei milden Symptomen der Demenz

Original Titel:
Acute Dementia After Deep Brain Stimulation in Parkinson Disease.

MedWiss – Bei einer Parkinson-Erkrankung kann die Tiefenhirnstimulation, also eine Art Schrittmacher im Gehirn, deutlich Symptome lindern. Treten aber anschließend an die Prozedur Symptome einer Demenz auf, kann die Ursache unklar sein. Französische Neurologen berichteten nun eine solche Patientin und plädierten dabei für bessere Voruntersuchungen auf mögliche weitere Erkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit.


Wenn Patienten mit der Parkinson-Krankheit nicht ausreichend auf Medikamente ansprechen, kann eine Tiefenhirnstimulation, eine Art Schrittmacher im Gehirn, teils wahre Wunder wirken. Besonders bekannt wurden dramatische Beispiele von Berufsmusikern, die vor der Behandlung zu stark zitterten, um ihr Instrument zu nutzen, aber bereits während der Prozedur selbst ein kleines Konzert im OP geben konnte. Die Methode wird inzwischen seit über 20 Jahren angewandt und birgt im Vergleich zu anderen Hirnoperationen nur sehr geringe Risiken. Könnte aber eine solche Behandlung trotzdem auch negative Auswirkungen auf die Denkleistung haben? Neurologen der Amiens University Medical Center in Frankreich berichteten nun einen entsprechenden Fallbericht und zogen daraus Schlüsse für zukünftige, sinnvolle Maßnahmen.

Kann sich der Schrittmacher im Gehirn bei der Parkinson-Krankheit auf die Denkleistung auswirken?

Eine 68 Jahre alte Frau mit bekannter Parkinsonerkrankung wurde mittels Tiefenhirnstimulation in einem kleinen Gehirnteil (dem sogenannten Nucleus subthalamicus) behandelt. Vorherige Beeinträchtigungen der Denkleistung waren nicht bekannt. Ein Tag nach der Prozedur zeigten sich erste Symptome einer Demenz. Diese plötzlichen starken Einbußen in der Denkleistung wurden als Alzheimererkrankung diagnostiziert.

Durchaus möglich: zwei häufige Erkrankungen in einer Person

Die Neurologen berichten, dass in der klinischen Praxis Patienten mit mehreren neurodegenerativen Erkrankungen, wie der Parkinson-Krankheit oder der Alzheimererkrankung, nicht unüblich sind. Stehen also größere Prozeduren, auch zur Behandlung einer der Erkrankungen, an, sollte vorher genau abgeklärt werden, ob Symptome einer weiteren Erkrankung vorliegen. Eine Demenzerkrankung gilt nach Einschätzung der aktuellen Leitlinie zur Behandlung der Parkinson-Krankheit auch als Ausschlusskriterium für eine Tiefenhirnstimulation.

Schlussfolgerung: altersentsprechend muss stärker vor einer Parkinsonprozedur auf mögliche Demenzerkrankungen geachtet werden

Die Experten schlagen dazu vor, auch milde Beeinträchtigungen der Denkleistung mit standardisierten Methoden zu überprüfen sowie bildgebende Verfahren einzusetzen, um eine Erkrankung des Gehirns frühzeitig zu erkennen. Weiter sollten auch Untersuchungen der Rückenmarksflüssigkeit vor einer Tiefenhirnstimulations-Prozedur stattfinden, um Alzheimer-typische Auffälligkeiten zu erkennen. Typischerweise sind nämlich Effekte auf die Denkleistung durch die Tiefenhirnstimulation nicht zu erwarten, bei einer bestehenden Demenzerkrankung soll sie aber nicht eingesetzt werden. Ob solche Symptome wie bei der beschriebenen Patientin also durch die Prozedur ausgelöst auftraten, oder aber nur zufällig zeitgleich festgestellt wurden, ist nur dann klar zu überprüfen, wenn die Denkleistung der Patienten vor der Prozedur bekannt und eine bestehende Alzheimer-Erkrankung klar ausgeschlossen ist.

© Alle Rechte: HealthCom