Chronische Darmentzündung

CED: Krankheitsaktivität und Kortikosteroide beeinflussen das COVID-19-Risiko

Original Titel:
Baseline Disease Activity and Steroid Therapy Stratify Risk of COVID-19 in Patients with Inflammatory Bowel Disease

Kurz & fundiert

  • Wissenschaftler analysierten die Daten von COVID-19-Patienten mit und ohne CED
  • COVID-19 verlief bei CED-Patienten nicht häufiger schwer als bei Patienten ohne CED
  • Auch das Risiko, an COVID-19 zu erkranken, schien bei CED-Patienten nicht erhöht zu sein
  • CED-Patienten mit COVID-19 hatten häufiger eine aktive CED und bekamen häufiger Kortikosteroide als CED-Patienten ohne COVID-19

 

MedWiss – Eine aktive Erkrankung und die Verwendung von Kortikosteroiden könnten für CED-Patienten das Risiko für COVID-19 erhöhen. Zu dieser Schlussfolgerung kamen Wissenschaftler in der vorliegenden Studie. CED an sich schien hingegen weder das Risiko, an COVID-19 zu erkranken, noch das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf, zu erhöhen. Auch andere CED-Medikamente schienen das COVID-19-Risiko nicht zu beeinflussen.


Haben Patienten mit einer chronischen entzündlichen Darmerkrankung (CED) ein höheres Risiko an COVID-19 zu erkranken bzw. ein höheres Risiko, dass COVID-19 schwer verläuft? Diese Frage stellen sich viele Betroffene und Ärzte. Mittlerweile wurden schon einige Daten zum Thema CED und COVID-19 veröffentlicht. Ein Forscherteam aus New York (USA) leistete in der vorliegenden Studie einen weiteren Beitrag zu dieser Thematik.

COVID-19 verlief bei CED-Patienten nicht häufiger schwer

Die Wissenschaftler verglichen den Krankheitsverlauf von COVID-19-Patienten aus New York mit und ohne chronische Darmentzündung. Ihnen standen die Daten von 80 CED-Patienten zur Verfügung, bei denen COVID-19 entweder bestätigt oder stark angenommen wurde, da die Patienten unter Fieber (>37,8 °C) und mindestens einem weiteren Symptom wie Husten, Halsschmerzen, Atemnot, Anosmie oder Durchfall litten bzw. einen engen Kontakt zu einem COVID-19-Patienten hatten. Als Vergleichsgruppe dienten 160 COVID-19-Patienten, die im Alter und Geschlecht mit den CED-Patienten übereinstimmten, jedoch nicht an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa litten. Der Vergleich der beiden Patientengruppen machte deutlich, dass COVID-19 bei beiden Gruppen ähnlich häufig schwer (Intensivstation, Intubation, Tod) verlief (Patienten mit CED: 24 % vs. Patienten ohne CED: 35 %; p = 0,352).

CED-Patienten erkrankten nicht häufiger an COVID-19

Die Wissenschaftler betrachteten 119 Patienten mit CED genauer. Das mediane Alter der Patienten lag bei 44 Jahren, 66 Patienten waren weiblich und 65 Patienten litten an Morbus Crohn, während die restlichen 54 Patienten an Colitis ulcerosa erkrankt waren. Von diesen Patienten waren 29 Patienten (24,4 %) an COVID-19 erkrankt bzw. gab es starke Hinweise dafür. Dies deckte sich mit der COVID-19-Rate, die für die Allgemeinbevölkerung New Yorks angenommen wurde.

Unterschiede zwischen CED-Patienten mit und ohne COVID-19

Der Vergleich zwischen CED-Patienten mit und ohne COVID-19 zeigte, dass es keine Unterschiede bezüglich des Alters, des Geschlechts, der Ethnie, des Raucherstatus, der Art der CED, der Lokalisation der Entzündung und bezüglich extraintestinaler Manifestationen gab. Unterschiede gab es jedoch im Hinblick auf neu einsetzenden Durchfall und Bauchschmerzen. Diese traten bei CED-Patienten mit COVID-19 signifikant häufiger auf (19,3 % bzw. 12,6 %) als bei CED-Patienten ohne COVID-19 (11,1 % bzw. 8,9 %). Im Vergleich zu CED-Patienten ohne COVID-19 hatten von den CED-Patienten, die unter COVID-19 litten, mehr Patienten eine endoskopisch aktive Colitis ulcerosa (mit COVID-19: 85,7 % vs. ohne COVID-19: 48,4 %; p = 0,018) bzw. einen endoskopisch aktiven Morbus Crohn (mit COVID-19: 92,3 % vs. ohne COVID-19: 45,7 %; p = 0,004) und zu Beginn erhöhte Entzündungswerte (C-reaktives Protein, fäkales Calprotectin). Außerdem hatten die CED-Patienten, die an COVID-19 erkrankt waren, zu Beginn häufiger Kortikosteroide angewandt (p = 0,04). Bezüglich anderer Medikamente (Biologika, Immunmodulatoren, Aminosalicylate) wurden jedoch keine Unterschiede zwischen CED-Patienten mit und ohne COVID-19 festgestellt.

CED-Patienten schienen somit nicht häufiger an COVID-19 zu erkranken und nicht häufiger einen schweren COVID-19-Verlauf zu haben als Personen ohne CED. Im Vergleich zu CED-Patienten ohne COVID-19 litten CED-Patienten mit COVID-19 häufiger an einer endoskopisch aktiven CED und bekamen häufiger Kortikosteroide. Eine aktive CED und Kortikosteroide könnten somit das COVID-19-Risiko für Patienten mit CED erhöhen. Dies galt jedoch nicht für andere CED-Medikamente.

[DOI: https://doi.org/10.1053/j.gastro.2020.05.066]

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