Bluttest statt Gewebeprobe für die bestmögliche Krebstherapie

Auf den Patienten exakt abgestimmte Krebstherapien können hoch wirksam sein. Für Patienten mit einer Tumorerkrankung, bei denen die Entnahme der dafür nötigen Gewebeprobe nicht möglich ist, steht jetzt am Universitätsspital Zürich (USZ) erstmals ein Bluttest zur Verfügung, der ihnen ein Fenster zur personalisierten Therapie öffnet.

Die Forschung und die Behandlungsmöglichkeiten bei vielen Arten von Krebserkrankungen haben in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Insbesondere Therapieformen der personalisierten Medizin, die auf die individuelle Konstellation eines Patienten abgestimmt werden, erweisen sich in vielen Fällen bei Krebserkrankungen mit Tumorbildung als hochwirksame Behandlung. Ausgangspunkt der personalisierten Therapien ist eine molekularbiologische Analyse der Krebszellen (molekulares Tumorprofiling), die den behandelnden Ärztinnen und Ärzten Informationen darüber liefert, welche Therapie im individuellen Fall die höchste Wirksamkeit erzielen kann.

Bluttest bietet neuen Zugang zu personalisierter Therapie

Für dieses molekulare Tumorprofiling im Labor ist eine Gewebeprobe des Tumors nötig. Fachleute sprechen bei einer solchen Probenentnahme von einer Biopsie. Die Biopsie aus einem Tumor in einem Organ wie Lunge, Niere oder Leber erfolgt in der Regel über eine feine Hohlnadel unter lokaler Betäubung, die Probenentnahme ist dennoch ein Eingriff mit entsprechender Belastung des Patienten; in seltenen Fällen kann er auch zu Komplikationen führen. Bei einer Reihe von Patienten ist eine Biopsie deshalb nicht möglich, weil ihr schlechter Gesundheitszustand einen solchen Eingriff nicht zulassen. Oder ein Tumor ist so gelegen, dass er für eine Probenentnahme nicht erreicht werden kann. Bei diesen Patientinnen und Patienten konnte bisher wegen der unmöglichen Gewebeprobe kein Tumorprofiling durchgeführt werden – sie hatten deshalb keinen Zugang zu einer gezielten, personalisierten Therapie.

Patienten eröffnet sich eine neue Chance

In den letzten Jahren wurde an innovativen Methoden geforscht, um die genomischen Veränderungen des Tumors aus der im Blut vorhandenen DNA nachzuweisen (Liquid Biopsy). Als erstes Institut in der Schweiz bietet das Institut für Pathologie und Molekularpathologie am USZ einen auf der Liquid Biopsy basierenden Test seit Anfang März an. «Damit kann eine Patientengruppe von einer im Idealfall hoch wirksamen und lebensrettenden Therapie profitieren, zu der sie bisher keinen Zugang hatte», bringt Dr. Martin Zoche, wissenschaftlicher Abteilungsleiter am Institut für Pathologie und Molekularpathologie, die Einführung des Tests auf den Punkt. «Gerade weil wir schon häufig Erfolge mit personalisierten Therapien erlebt haben, ist das für die Versorgung von Patientinnen und Patienten in der Schweiz ein echter Fortschritt.»

Bluttest statt erneuter Gewebeentnahme

«Die Aussagekraft des Tests im Blut ist ähnlich gut wie ein Tumorprofiling der Gewebeprobe», betont Martin Zoche. «Der Test ergänzt unser Spektrum der Diagnostik daher enorm». Die herkömmliche molekulare Untersuchung der Gewebebiopsie wird der Bluttest deshalb in absehbarer Zeit aber nicht ablösen. Für die Klassifizierung des Krebses und die weiterführende Diagnostik ist eine Gewebeprobe weiterhin nötig. Dank des Bluttests sind aber zukünftig sicherlich weniger Gewebeentnahmen erforderlich. Beispielsweise können mit dem neuen Test im Blut auch Veränderungen des Tumorgenoms erfasst werden, die das Ansprechen des Tumors auf Medikamente oder die Entwicklung von Resistenzen erklären. «Auch für diese Patientinnen und Patienten», so ergänzt Prof. Holger Moch, Direktor des Institutes für Pathologie und Molekularpathologie, «ist der Wegfall eines weiteren Eingriffs, um eine neue Probe zu gewinnen, eine enorme Erleichterung.»