Biologika: Zu früh nachlassende Wirkung vor allem bei chronischer Migräne möglich

Original Titel:
"Wearing-off" efficacy of CGRP monoclonal antibodies for migraine prevention: A meta-analysis of randomized controlled trials

Kurz & fundiert

  • Neue Migräneprophylaxen: Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor
  • Lässt die Wirkung vor der nächsten Spritze nach?
  • Systematischer Review und Metaanalyse
  • 4 randomisiert-kontrollierte Studien, 2 409 Patienten
  • Wear-Off-Effekt vor allem bei chronischer Migräne
  • Daten nur zu einem Wirkstoff vorliegend, weitere Studien nötig

 

MedWiss – Im systematischen Review mit Metaanalyse ermittelten Wissenschaftler die Evidenz zu einem möglichen Wear-Off-Effekt bei den Antikörpern gegen Migräne. Über 4 Studien und 2 409 Patienten zeigten vor allem Personen mit chronischer Migräne eine zu früh nachlassende Wirkung der Biologika, die im Behandlungsalltag eine Anpassung des Therapieturnus nötig machen könnte. Allerdings bemängeln die Autoren die Datenlage: Es konnten nur Hinweise zu einem der vier zugelassenen Wirkstoffe betrachtet werden.


Die neuen prophylaktischen Migränemedikamente, die monoklonalen Antikörper (sogenannte Biologika) gegen CGRP (calcitonin gene related peptide) oder den CGRP-Rezeptor, werden teils injiziert und teils als Infusion verabreicht. Es gibt, je nach Wirkstoff, monatliche oder vierteljährliche Anwendungen. In der klinischen Praxis berichten manche Patienten jedoch, dass die Wirkung der Medikamente nicht immer bis zur nächsten geplanten Dosis anhält. Diese nachlassende Wirkung (“wear-off”-Effekt) untersuchten Wissenschaftler nun anhand bisheriger Studiendaten.

Neue Migräneprophylaxen: Lässt die Wirkung vor der nächsten Spritze nach?

Übersicht über die aktuellen Antikörper zur prophylaktischen Behandlung der Migräne:

  • Erenumab: Subkutane Injektion; monatlich; bindet an den CGRP-Rezeptor
  • Galcanezumab: Subkutane Injektion; monatlich; bindet an CGRP
  • Fremanezumab: Subkutane Injektion; monatlich oder alle 3 Monate; bindet an CGRP
  • Eptinezumab: Intravenös; alle 3 Monate; bindet an CGRP

Im systematischen Review mit Metaanalyse ermittelten die Wissenschaftler die bisherige Evidenz zu dem Wear-Off-Effekt bei Antikörpern gegen Migräne und analysierten Patientengruppen mit unterschiedlicher Zahl monatlicher Migränetage. Dazu führten sie eine systematische Recherche in den medizin-wissenschaftlichen Datenbanken MEDLINE, SCOPUS, Web of Science und Cochrane Database durch und ermittelten Studien, die die Häufigkeit von Migräneattacken nach Behandlung mit Migräne-Antikörpern mit Veröffentlichungsdatum bis Februar 2022 berichteten. In der Metaanalyse bestimmten die Autoren Unterschiede in der Migränefrequenz zwischen früheren und späteren Wochen im jeweiligen Behandlungsturnus, um einen möglichen Wear-Off-Effekt zu erfassen. Die zusammengefassten Behandlungseffekte wurden als Risikoverhältnis (risk ratio, RR) mit 95 % Konfidenzintervallen (95 % KI) berichtet.

Systematischer Review und Metaanalyse

Insgesamt konnten vier randomisiert-kontrollierte Studien in die Analyse aufgenommen werden. Diese umfassten 2 409 Patienten. Die Studien waren allerdings ausschließlich zum Wirkstoff Galcanezumab. Die Autoren fanden in ihrer Analyse keine signifikante Assoziation zwischen der Biologikatherapie und einem Wear-Off-Effekt, mit einem zusammengefassten Risikoverhältnis von RR: 1,29 (95 % KI: 0,73 – 2,28) im Vergleich zur Placebo-Gruppe. Allerdings konnte ein solcher Zusammenhang bei Patienten mit chronischer Migräne festgestellt werden:

  • Wear-Off mit Biologikum vs. Placebo: RR: 1,91; 95 % KI: 1,11 – 3,28

Demnach war das Risiko für eine nachlassende Wirkung der Migräneprophylaxe vor der nächsten Behandlung bei Menschen mit chronischer Migräne erhöht.

Daten nur zu einem Wirkstoff: Wear-Off-Effekt vor allem bei chronischer Migräne

Die Metaanalyse zeigte somit eine nachlassende Wirksamkeit der Migräneprophylaxe Galcanezumab bei einem kleinen Teil der Patienten. Speziell die Gruppe der Patienten mit chronischer Migräne könnte demnach eine etwas häufigere Behandlung zu benötigen. Entsprechende Daten wären auch zu den weiteren Biologika wünschenswert, um Patienten und Ärzten eine bessere Einschätzung eines optimalen Behandlungsrhythmus bieten zu können.

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