Stiftung Auge: Neues Versorgungskonzept für ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen

München, Juni 2023 – Ein neues mehrstufiges Konzept in der augenheilkundlichen Versorgung von Seniorinnen und Senioren in Pflegeheimen könnte eine eklatante Versorgungslücke schließen. Das kürzlich beim Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) eingereichte Konzept sieht die telemedizinische Versorgung von 10.000 Seniorinnen und Senioren aus rund 250 Einrichtungen in drei Bundesländern vor. Das Konzept basiert auf dem Pilotprojekt der TOVIS-Studie, die kürzlich eine gravierende Unterversorgung bei älteren Menschen in Pflegeheimen offenlegte. Die Stiftung Auge ist Kooperationspartner bei diesem Projekt der Universitäts-Augenklinik Bonn.

Eine alternde Gesellschaft erfordert effiziente und effektive Gesundheitslösungen, insbesondere für ältere Mitbürger. In der Pilotstudie zur „Teleophthalmologischen Versorgung in Seniorenheimen (TOVIS)“ zeigte sich jedoch erneut, dass es besonders in der Augenheilkunde Defizite in der Versorgung in Pflegeeinrichtungen gibt. Um diesen Versorgungsmangel zu beheben, ist von der Universitäts-Augenklinik Bonn eine Ideenskizze für das innovative mehrstufige Versorgungskonzept „InnOCaRe“ beim Innovationsfond des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vorgeschlagen und zur Begutachtung eingereicht worden.

Vorgehen stellte sich in kleinerem Umfang bereits als erfolgreich heraus

„Die „Innovative Ophtha Care for Seniors in Retirement Homes” – kurz InnOCaRe” – setzt auf ein teleophthalmologisches Shared-Eye-Care-Versorgungsmodell“, sagt Professor Dr. med. Frank G. Holz, Vorsitzender der Stiftung Auge und Direktor der Universitäts-Augenklinik Bonn. Dies umfasst die patientennahe Untersuchung durch geschultes medizinisches Personal als mobiles Einsatzteam vor Ort sowie die Etablierung der Infrastruktur zur telemedizinischen Datenübertragung. Die Befundung dieser Daten nehmen Augenärzt*Innen aus der Ferne vor und koordinieren die indizierten Behandlungen. Das Konzept umfasst auch die Nachsorge vor Ort durch die medizinischen Einsatzteams und die Etablierung von digitalen Diagnostiktools.

Die Ophthalmologen haben dieses Vorgehen bereits in der TOVIS-Studie erprobt, mit positiven Ergebnissen: „Der Ansatz erwies sich als praktikabel, effizient und einfach durchführbar. Nun wollen wir das Konzept mit 10.000 Personen testen anstatt 139“, sagt Holz. Wird der Antrag angenommen, umfasst InnOCaRe die teleophthalmologische Versorgung von älteren Menschen aus rund 250 Einrichtungen in drei Bundesländern. „Verläuft dieser Test ebenso erfolgreich, hätte man Evidenz für einen bahnbrechenden Lösungsansatz für das Versorgungsdefizit älterer Menschen in Seniorenheimen gesammelt“, so Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Ach, leitender Oberarzt an der Universitäts-Augenklinik Bonn und Projektleiter.

Mögliches Modell für längerfristige flächendeckende Versorgung

Die TOVIS-Studie, die insgesamt 139 Senior*innen im Alter von rund 81 Jahren umfasste, lieferte zuvor erneut Zahlen für das Ausmaß des Versorgungsdefizits: 65 Senior*innen (46,8 Prozent) hatten eine Katarakt, 52 Senior*Innen (37,4 Prozent) wiesen pathologische Veränderungen der Netzhaut auf. 33 (23,7 Prozent) litten an einer altersabhängigen Makuladegeneration (AMD). „Besorgniserregend war dabei, dass fast die Hälfte der Teilnehmer (49,6%) zum Zeitpunkt der Untersuchungen keinen geplanten Augenarztbesuch hatte“, sagt der Netzhautexperte.

Das neue InnOCaRe Versorgungskonzept könnte nicht nur die Versorgungsqualität für Senior*Innen in Pflegeeinrichtungen verbessern. „Es ist denkbar, dass die Einführung einer telemedizinischen Diagnostik und Therapieüberwachung längerfristig flächendeckend umgesetzt werden kann“ sagt Holz.