Multiple Sklerose
Patientenberichte als wichtige Datenquelle: Daclizumab mindert spürbar die Krankheitsbelastung und fördert die Lebensqualität bei Multipler Sklerose
Original Titel:
Impact of daclizumab versus interferon beta-1a on patient-reported outcomes in relapsing-remitting multiple sclerosis
Patienteneinschätzungen können in klinischen Studien wertvolle Informationen über die körperliche und psychische Belastung einer Erkrankung wie der Multiplen Sklerose geben. Zusätzlich bereichern Patientenberichte auch mit Informationen über Behandlungsvorteile und erweitern damit die objektive oder klinische Sicht auf die Krankheit und ihre Behandlung. Auch wirtschaftliche oder soziale Faktoren beeinflussen Patientenvorlieben, Therapietreue und Zufriedenheit mit einer Behandlung stark und spielen so bei der Multiplen Sklerose eine wichtige Rolle. Solche Elemente sind aber nur durch die Patientenbefragung sinnvoll zu ermitteln. In der Studie DECIDE wurden die Wirkstoffe Daclizumab und Beta-Interferon (Interferon beta-1a) zur Behandlung von Patienten mit schubförmiger Multiplen Sklerose miteinander verglichen. Dabei erschien Daclizumab wirksamer als Beta-Interferon: die Patienten erlitten weniger Schübe, wurden über einen Zeitraum von 24 Wochen weniger stark fortschreitend durch die Krankheit beeinträchtigt und zeigten weniger Nervenschäden im Gehirn. In der Studie von Dr. Liu und Kollegen von der Forschungsabteilung der Pharmafirma Biogen in Boston in den USA und Neurologischen Kliniken sollten diese Erkenntnisse aus der DECIDE-Studie nun um Bewertungen durch die Patienten ergänzt werden.
In der DECIDE-Studie erhielten die Patienten alle 4 Wochen 150 mg Daclizumab unter die Haut gespritzt, oder wöchentlich 30 Mikrogramm Beta-Interferon intramuskulär. Zur Messung der Behandlungseffekte aus Patientensicht füllten die Teilnehmer sowohl zu Beginn der Studie als auch alle 24 Wochen einen Fragebogen zur persönlichen Einschätzung der Belastung durch die Multiple Sklerose (Multiple Sclerosis Impact Scale, MSIS-29) aus. Ebenso wurde die gesundheitsbezogene Lebensqualität mittels Fragebogen (EuroQoL 5-Dimensions, EQ-5D) ermittelt.
Die Auswertung der Patientenberichte zeigte, dass die Patienten von der Behandlung mit Daclizumab nach 96 Wochen, im Vergleich zu Beta-Interferon, profitierten. Die Krankheit belastete die Daclizumab-Patienten nach dem MSIS-Fragebogen weniger als zu Beginn der Studie. Diese Verbesserungen waren im Durchschnitt größer als bei einer Behandlung mit Beta-Interferon. Außerdem zeigten die mit Daclizumab behandelten Patienten kontinuierliche Verbesserungen bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Auch hierbei war Daclizumab nach 96 Wochen erfolgreicher als Beta-Interferon.
Die Studienautoren schlussfolgerten, dass Daclizumab nicht nur klinisch besser zu wirken schien als Beta-Interferon, sondern auch bei den Patienten selbst spürbar Krankheitsbelastung und Lebensqualität verbesserte. Diese Selbstwahrnehmungen der Patienten bestätigte also die klinischen Ergebnisse. Aufgrund möglicher Leberschädigungen, die bereits in den klinischen Studien 1,7 % der Patienten betrafen, wurde der Wirkstoff allerdings nun von der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA als Reservemedikament klassifiziert. Dies wurde im Ärzteblatt am 30. Oktober 2017 berichtet. Eine Therapie mit Daclizumab soll nach Vorgabe der EMA nur noch stattfinden, wenn bereits zwei krankheitsmodifizierende Therapien gescheitert oder aus anderen Gründen nicht anwendbar sind. Auch dürfen keine Vorerkrankungen der Leber bestehen. Die Leberwerte sollen engmaschig auch nach Therapieende überprüft werden. Wenn das Medikament aber eingesetzt wird, können Patienten mit bisher schlecht eingestellter Multipler Sklerose typischerweise sehr davon profitieren.
Generell bieten also Patientenberichte eine gute weitere Datenquelle zur Abklärung der Wirksamkeit und Verträglichkeit neuer Behandlungen, die routinemäßig in klinischen Studien genutzt werden sollte.
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