Multiple Sklerose

Lässt sich an asymptomatischen Rückenmarksläsionen der Krankheitsverlauf ablesen?

Original Titel:
Asymptomatic spinal cord lesions do not predict the time to disability in patients with early multiple sclerosis.

Bei Multipler Sklerose richtet sich das Immunsystem des Körpers gegen die körpereignen Zellen des Nervensystems. Schäden und Verletzungen durch Entzündungen im Gehirn und Rückenmark werden als Läsionen bezeichnet und lassen sich z. B. mit dem Verfahren der Magnetresonanztomographie (MRT) nachweisen. Daher können die Befunde eines MRTs dabei helfen, eine MS zu diagnostizieren und sind wichtig, um den Verlauf der Erkrankung zu beurteilen. Da MS ganz unterschiedliche Symptome haben kann, ist sie immer noch nicht so einfach festzustellen. Es gelten daher für die Diagnose einer MS festgelegte Kriterien, die McDonald-Kriterien. Erst wenn diese erfüllt sind, wird die Diagnose ‚klinisch eindeutige MS‘ gestellt.

Schubförmiger Verlauf ist die häufigste MS-Form

Die meisten MS-Patienten haben einen sogenannten schubförmige oder auch als schubförmig remittierende bezeichnete MS (RRMS von engl. relapsing remitting multiple sclerosis). Dabei treten die Symptome in Schüben auf. Nach einem Schub bilden sich die Symptome meist vollständig zurück, auf Dauer entstehen aber bleibende Schäden. Bevor aber die ersten neurologischen Symptome eines Patienten sicher als MS diagnostiziert werden können, spricht man von einem klinisch-isolierten Syndrom (CIS, von engl. clinical isolated syndrom). Sowohl bei Patienten, die an einem frühen Stadium von RRMS erkrankt sind als auch solche, bei denen zunächst nur ein CIS festgestellt werden konnte, kommen Läsionen am Rückenmark vor, die keine Symptome verursachen. Solche Läsionen nennt man asymptomatisch. Sie sind ein Hinweis darauf, dass es sich um eine MS handelt bzw. sich aus einem CIS eine MS entwickeln wird.

Läsionen rufen nicht immer sofort Symptome hervor

Läsionen am Rückenmark führen langfristig zu Beeinträchtigungen und Behinderungen. Die Signale, die zwischen Gehirn und Muskel oder Nerven ausgetauscht werden, kommen nicht mehr an. Je nachdem wo die Läsion ist, sind unterschiedliche Bereiche des Körpers betroffen, z. B. die Beine. Sind also Läsionen am Rückenmark, die keine Symptome verursachen, ein Hinweis darauf, wie lange es dauert, bis erste Behinderungen auftreten oder es zu einem zweiten Krankheitsschub kommt? Genau das haben Forscher aus Amsterdam untersucht. Sie werteten Daten aus von Patienten, die zwischen Dezember 2000 und September 2007 die Diagnose CIS oder frühe RRMS erhielten und danach zwischen zwei und elf Jahren regelmäßig untersucht wurden. Von den 178 Personen, die in der Studie berücksichtigt werden konnten, hatten 42 asymptomatische Läsionen, das ist fast ein Viertel der Teilnehmer.

Zur Analyse wurden die Teilnehmer in zwei Gruppen unterteilt. Die eine Gruppe bestand aus den Teilnehmern, die asymptomatische Läsionen am Rückenmark aufwiesen. Alle anderen, also Teilnehmer ohne Läsionen am Rückenmark und solche mit Läsionen und Symptomen, bildeten die zweite Gruppe. In einer weiteren Analyse wurden dann die Daten von Teilnehmern mit Rückenmarksläsionen, die Symptome verursachten, außen vor gelassen.

Keine Vorhersage möglich anhand asymptomatischer Rückenmarksläsionen

Die Forscher konnten in ihren Ergebnissen keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen feststellen hinsichtlich der Dauer, bis es zu einer Behinderung kam oder ein weiterer Schub erfolgte. Daher ist ihr Fazit, dass anhand von asymptomatischen Läsionen des Rückenmarks nicht vorhergesagt werden kann, wann Behinderungen oder Schübe auftreten. Das wurde zuvor in anderen Studien vermutet und ließ sich nun aber nicht bestätigen. Weitere Forschung wird zeigen, welche Rolle asymptomatische Läsionen im Krankheitsverlauf spielen.

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