Multiple Sklerose

Beeinflussen Darmbakterien über das Glückshormon Serotonin die Entstehung von Multipler Sklerose?

Original Titel:
Serotonin: A mediator of the gut-brain axis in multiple sclerosis.

Die Mikroorganismen, die uns besiedeln, haben mehr Einfluss auf uns als bisher gedacht. Können sie auch die Entstehung von schweren Erkrankungen wie Multiple Sklerose beeinflussen? Eine komplexe Verbindung zwischen Darmbakterien und Nervenzellen zur Entstehung von MS beitragen kann.


Wir sind nicht alleine in unserem Körper: Uns besiedeln ganz unterschiedliche Mikroorganismen auf Haut, Schleimhäuten und ganz besonders im Verdauungstrakt. Ohne unsere fleißige Darmflora, hätten wir ernsthafte Probleme unsere Nahrung zu verdauen, die Ansammlung von Mikroben auf unserer Haut wirkt wie eine Schutzschicht gegen gefährlichere Keime. Inzwischen ist bekannt, dass diese kleinen Mitbewohner deutlich mehr Einfluss auf unsere Gesundheit haben, als lange angenommen wurde.

Gerade die Mikroorganismen unserer Darmflora scheinen demnach bei der Entstehung von Krankheiten eine Rolle zu spielen. Sie regulieren Entzündungsprozesse im Körper und scheinen sogar Einfluss auf unser Verhalten zu haben. Auch für Multiple Sklerose nimmt man an, dass die Darmflora bei der Entstehung der Erkrankung eine Rolle spielt, auch wenn die Forscher sich noch nicht so recht sicher sind, wie. Manche Forscher glauben, es sind bestimmte Mikroorganismen, die Giftstoffe produzieren, andere glauben, dass eine veränderte Darmflora mehr entzündungsfördernde Botenstoffe produziert.

Einen ganz neuen Ansatz haben Forscher aus den Niederlanden vorgeschlagen. Sie glauben, dass Neurotransmitter eine Schlüsselrolle spielen. Diese Botenstoffe sind vor allem für die Kommunikation zwischen Nervenzellen im Gehirn verantwortlich. Manche von ihnen Steuern als Hormone aber auch andere Prozesse im Körper.

So etwa der Botenstoff Serotonin, auch als das Glückshormon bekannt. Im Gehirn ist Serotonin vor allem für angenehme Gefühle zuständig, im Körper steuert es vielfältige Funktionen. Entsprechend wird Serotonin sowohl im Gehirn hergestellt, da es nicht über das Blut in das zentrale Nervensystem transportiert werden kann, als auch in der Darmschleimhaut. Hier werden sogar 90 % des im Körper vorkommenden Serotonins hergestellt. Dabei spielen die Darmbakterien eine entscheidende Rolle: Sie produzieren die Grundbausteine für Serotonin und andere Neurotransmitter aus unserer Nahrung und modulieren die Produktion von Serotonin in der Darmschleimhaut. Verändert sich die Darmflora, kann dies demnach auch Einfluss auf die Serotoninproduktion haben. Des Weiteren wird vermutet, dass die Mikroorganismen im Darm außerdem die Nervenzellen beeinflussen, die Serotonin ausschütten können. Nervenzellen dieses sogenannten serotogenen Systems finden sich sowohl im Darm als auch im Gehirn.

Bei MS-Patienten ließ sich in MRT-Aufnahmen zeigen, dass das serotogene System verändert ist. Dabei ließen sich auch Unterschiede zwischen verschiedenen Verlaufsformen aufzeigen. Es wird vermutet, dass ein verändertes serotogenes System zu einer Fehlsteuerung des Immunsystems führen kann. Ein geringerer Serotonin-Spiegel im Körper scheint außerdem Entzündungen zu fördern.

Da also Serotonin und das serotogene System wichtig bei der Entstehung von MS zu sein scheinen und die Darmbakterien eine entscheidende Rolle bei der Produktion von Serotonin und der Ausbildung des serotogenen Systems spielen, sehen die niederländischen Forscher hier einen spannenden Forschungsansatz. Sie vermuten, dass eine Störung der Balance der Darmflora zu bestimmten Zeitpunkten im Leben zu der Entstehung einer MS beitragen kann. Die Forscher schlagen daher vor, in diese Richtung stärker zu forschen.

Zwar scheint sich eine Multiple Sklerose weder über eine wieder ins Lot gebrachte Darmflora heilen zu lassen, noch ist genau bekannt, welchen Einfluss genau die Darmmikroben haben. Dennoch fördert eine ausgewogene Ernährung unsere Darmflora und mit ihr unser Wohlbefinden und aktuelle Studien zeigen auch, dass sich durch gesunde Ernährung der Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen lassen könnte.

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