Multiple Sklerose

Therapiewechsel: Fingolimod nach Natalizumab?

Original Titel:
Effectiveness and baseline factors associated to fingolimod response in a real-world study on multiple sclerosis patients.

Kann oder soll die Behandlung mit Natalizumab beendet werden, gilt es die beste Nachfolgebehandlung zu finden. Italienische Forscher zeigen in einer aktuellen Studie, dass Fingolimod dafür eine Option sein könnte.


Um für die Behandlung von Multipler Sklerose (MS) die beste Wahl zu treffen, ist es wichtig, dass Patient und Arzt gemeinsam Nutzen und Risiken abwägen. Dies gilt auch, wenn die Therapie angepasst und auf einen anderen Wirkstoff gewechselt werden soll.

Ist Fingolimod unter Alltagsbedingungen nach vorheriger Natalizumab-Therpaie sicher und wirksam?

Eine Studie italienischer Forscher hat sich daher die Wirksamkeit im Alltag von Fingolimod angeschaut, besonders in Bezug auf die Anwendung nach einer vorherigen Behandlung mit Natalizumab. Der Wirkstoff Fingolimod hält weiße Blutkörperchen in den Lymphknoten zurück und senkt so ihre Konzentration im Blut. Durch diese Unterdrückung des bei MS fehlgesteuerten Immunsystems soll die Entzündungsreaktion an den Nerven unterbunden werden.

Genau Untersuchung von Patienten über zwei Jahre während Behandlung mit Fingolimod

Dazu sammelten die Forscher Daten von 367 Patienten mit schubförmiger MS, die im Raffaele-Hospital in Mailand mit Fingolimod behandelt wurden. Die Patienten wurden zwei Jahre lang begleitet und klinisch untersucht, ebenso wurden radiologische Untersuchungen per Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt. Wie gut die Behandlung wirkte, machten die Forscher an zwei Werten fest: zum einen wie viele der Patienten keine messbare Krankheitsaktivität hatten und zum anderen wie lange es dauerte, bis ein erneuter Schub auftrat. Außerdem bezogen sie ein, ob die Patienten im Jahr zuvor mit Natalizumab behandelt wurden oder nicht.

Patienten mit höherer Krankheitsaktivität etwas im Nachteil

Fast die Hälfte der Patienten war nach zwei Jahren der Behandlung mit Fingolimod ohne messbare Krankheitsaktivität. Bei den Patienten, die zuvor mit Natalizumab behandelt worden waren, waren es gut 36 %, bei den Patienten, die nicht zuvor Natalizumab erhalten hatten, sogar etwa 53 %. In den ersten sechs bis zwölf Monaten unterschieden sich die beiden Gruppen noch, aber nach zwei Jahren waren die Dauer bis zu einem erneuten Schub und die Anzahl neuer oder größer werdender Entzündungsherde in beiden Gruppen vergleichbar. Die Forscher stellten außerdem fest, dass bei Patienten, die eine höhere Krankheitsaktivität aufwiesen, die Wahrscheinlichkeit größer war, dass weiterhin Krankheitsaktivität nachweisbar und die Zeit bis zu einem erneuten Schub im Schnitt kürzer war.

Fingolimod auch nach vorheriger Natalizumab-Behandlung wirksam, aber bei gut zwei Drittel der ehemaligen Natalizumab-Patienten Krankheitsaktivität messbar

Die Forscher schließen darauf, dass Fingolimod unter Alltagsbedingungen wirksam ist und auch nach einer vorherigen Behandlung mit Natalizumab wirksam sein kann. Die Ergebnisse der Studie bedeuten aber auch, dass bei gut zwei Drittel der Patienten, die zuvor mit Natalizumab behandelt wurden, weiterhin Krankheitsaktivität messbar war. Bei solchen Patienten ist auch die Rückkehr der alten Aktivität ein Risiko, eventuell ist dann sogar ein erneuter Therapiewechsel nötig. Auch kommt Fingolimod  nicht für jeden Patienten infrage und wird nicht immer gleich gut vertragen. Der „Nachfolger“ von Fingolimod, Siponimod genannt, soll daher auch noch spezifischer wirken und weniger Nebenwirkungen besitzen. Aktuelle Studienergebnisse sind vielversprechend, und der Hersteller Novartis strebt daher eine Zulassung noch 2018 an, allerdings zunächst wohl erst für die Behandlung der sekundär progredienten MS.

Individuelle Abschätzung von Nutzen und Risiko wichtig bei der Therapieauswahl

Für die Einschätzung des Nutzen-Risiko-Profils, wenn Fingolimod als Zweitlinientherapie nach Natalizumab eingesetzt wird, seien die Basiswerte der Krankheitsaktivität ausschlaggebend, berichten die Forscher aus Mailand. Patienten mit einer hohen Krankheitsaktivität haben laut den Studienergebnissen ein größeres Risiko, das es unter Fingolimod zu Krankheitsaktivität kommt bzw. ein erneuter Schub früher auftritt als bei anderen Patienten. Zu den Faktoren, die bei der Auswahl der geeigneten Therapie einbezogen werden sollten, gehören daher die durchschnittliche Anzahl von Schüben pro Jahr, Läsionen die Kontrastmittel anreichern und das Alter zu Beginn der Erkrankung.

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