Das Lungenmikrobiom: Wer in unserer Lunge wohnt, hat Einfluss auf unsere Gesundheit

Original Titel:
Sputum microbiome temporal variability and dysbiosis in chronic obstructive pulmonary disease exacerbations: an analysis of the COPDMAP study.

So seltsam es scheinen mag: In unserer Lunge lebt es. Wer genau dort lebt scheint die Lungengesundheit nachhaltig mit zu beeinflussen, zeigt eine aktuelle Studie. Forscher hoffen auf Erkenntnisse, die zu besseren Behandlungsmethoden beitragen.


Lange ist die Wissenschaft davon ausgegangen, die Lunge sei ein steriler Ort. Versuchte man aus Proben aus der Lunge Bakterienkulturen anzulegen, wuchs in den Petrischalen meist nichts. Inzwischen gibt es aber andere Methoden, um Bakterien, Pilze und Viren nachzuweisen, selbst wenn sie sich nicht im Labor züchten lassen. Daher weiß man inzwischen auch, dass sich in den unteren Atemwegen eine Vielzahl von Mikroorganismen tummelt. Die Gesamtheit dieser Mikroorganismen nennt man auch Mikrobiom. Und Forscher bringen immer mehr ans Tageslicht, wie diese Mikroorganismen mit unserer Gesundheit zusammenhängen.

Zusammensetzung des Mikrobioms könnte Schlüsselrolle bei COPD spielen

Einige Studien der letzten Zeit legten nahe, dass ein Ungleichgewicht der Zusammensetzung des Mikrobioms der Lunge eine Schlüsselrolle bei Krankheitsschüben der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) spielen könnte. Um dieses Phänomen besser zu verstehen, haben amerikanische und britische Forscher untersucht, wie sich die Zusammensetzung der Mikroorganismen in der Lunge von COPD-Patienten vorübergehend verändert. An der Studie nahmen insgesamt 281 Patienten teil. Diese gaben insgesamt über einen längeren Zeitraum 716 Sputumproben ab, sowohl während Ruhephasen als auch während Krankheitsschüben. Mit einer speziellen mikrobiologischen Methode wiesen die Forscher die darin enthaltenen Mikroorganismen nach.

Nur geringe Unterschiede, die manchmal aber großen Einfluss haben können

Bei der Auswertung der Ergebnisse stellten die Forscher fest, dass sich gar keine so großen Unterschiede zwischen den Mikrobiomen zeigten. Die Proben der Patienten aus unterschiedlichen Behandlungszentren waren alle ähnlich zusammengesetzt und auch zwischen Ruhephase und Krankheitsschub waren die Unterschiede eher klein. Nur für die Bakteriengattung Veillonella fand sich eine kleine aber nachweisliche Abnahme während Krankheitsschüben. Diese Bakterien sind natürliche Bewohner der Mundschleimhaut und des Darms der Menschen. Kamen in einer Probe besonders viele Bakterien der Gattung Moraxella vor, sahen die Forscher einen Zusammenhang mit der Abnahme der Vielfältigkeit des Lungenmikrobioms. Eine Abnahme der Vielfältigkeit kann zu einem Ungleichgewicht führen. Die Bakterien der Gattung Moraxella besiedeln die Schleimhäute der Menschen.

Ungleichgewicht in Kombination mit bestimmten Entzündungen bei starken Schüben

Unterschiede fanden die Forscher jedoch, wenn sie Proben, die während Krankheitsschüben gesammelt wurden, verglichen. Die Mikrobiome der Patienten war hier anders, je nachdem ob eine bakterielle Infektion den Krankheitsschub ausgelöst hatte oder ob die Ursache in der eosinophilen Entzündung der Atemwege lag. Bei einer eosinophilen Entzündung sind an dem Entzündungsprozess besonders viele einer bestimmten Immunellensorte, die Eosinophilen, beteiligt. Sie stehen auch im Zusammenhang mit besonders schweren Symptomen bei COPD oder Asthma.

Ein Ungleichgewicht des Mikrobioms stellten die Forscher bei 41 % der Krankheitsschübe fest. Sie konnten nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen der veränderten Zusammensetzung der Mikroorganismen und einer Zunahme der Schwere des Krankheitsschubes gab. Dies zeigte sich vor allem in einer größeren Abnahme der Lungenfunktion, besonders bei Krankheitsschüben von Patienten, bei denen gleichzeitig eine eosinophile Entzündung der Atemwege vorlag. Bei Patienten mit vielen Krankheitsschüben zeigte sich ein nachweislicher Rückgang der Mikrobenvielfalt.

Erkenntnisse könnten neue Behandlungsansätze aufzeigen

Die Forscher konnten zeigen, dass ein Ungleichgewicht des Mikrobioms der Lunge bei einigen Krankheitsschüben vorkommt. Das Auftreten eines solchen Ungleichgewichts, vor allem wenn die Entzündung der Atemwege der Patienten durch viele Eosinophile ausgelöst wird, steht im Zusammenhang mit schwereren Krankheitsschüben, die sich durch einen größeren Verlust der Lungenfunktion auszeichnen. Diese Erkenntnisse zum Zusammenspiel zwischen Erkrankung und Mikroorganismen könnten dazu beitragen, dass sich die Behandlung der COPD in Zukunft verändert. Die Analyse der vorhandenen Mikroorganismen könnte Hinweise für die Behandlung geben. Bestimmte Wirkstoffe könnten die Zusammensetzung des Lungenmikrobioms positiv beeinflussen oder Signalwege blockieren, die Entzündungen fördern. Bis dahin ist aber noch weitere Forschung nötig, um das äußert komplexe System besser zu verstehen.

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