Multiple Sklerose

Fortschreitende Verlaufsformen: Forscher finden Hinweise auf Rolle bestimmter Gehirnzellen

Original Titel:
Human central nervous system astrocytes support survival and activation of B cells: implications for MS pathogenesis.

Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark hinterlassen bei Multipler Sklerose (MS) Schäden an den Nervenzellen, sogenannte Läsionen. Forscher haben in der Umgebung aktiver Läsionen verschiedene Immunzellen aus dem Blut gefunden, daher weiß man inzwischen, dass auch B-Zellen an den Entzündungen selbst im zentralen Nervensystem beteiligt sind. Wie genau B-Zellen an fortschreitenden Verläufen beteiligt sind, ist noch nicht ganz verstanden


Neben Prozessen, die neue Schübe auslösen, scheinen B-Zellen auch an der Ausbreitung von Entzündungen bei den chronisch fortschreitenden Verlaufsformen der MS beteiligt zu sein (primär und sekundär progrediente MS). Das vermuten die Forscher, da bei diesen Formen B-Zellen in bestimmten Bereichen der Hirnhaut in großer Anzahl, sehr kompakt mit anderen Immunzellen, gefunden wurden. Diese Ansammlungen von Immunzellen grenzen an Gebiete im Gehirn, die mit dem Fortschreiten der Entzündung bei fortschreitenden Verlaufsformen in Zusammenhang gebracht werden.

B-Zellen verbleiben im Nervensystem: Wie geht das?

Heute weiß man, dass B-Zellen im entzündeten Gewebe des zentralen Nervensystems verbleiben. Damit das passiert, brauchen sie bestimmte Botenstoffe, die ihnen dabei helfen. Normalerweise haben sie hier, wie auch die anderen Immunzellen aus dem Blut, nichts zu suchen. Wer also kümmert sich im Gehirn um die B-Zellen?

Forscher haben die sternförmigen Astrozyten im Verdacht. Diese Zellen haben eine wichtige Rolle im Gehirn. Sie überwachen die Blut-Hirn-Schranke, stützen und schützen die Nervenzellen, versorgen sie mit allem was sie brauchen und entsorgen anfallenden Abfall. Könnten diese Zellen also auch dafür sorgen, dass die B-Zellen im zentralen Nervensystem versorgt und geschützt werden?

Astrozyten als Helfer der B-Zellen?

Um das genauer zu untersuchen, schauten sie sich an, wie Astrozyten und B-Zellen zusammenspielen. Astrozyten wurden im Labor unter Basisbedingungen oder solchen, die einer Entzündung ähneln und die Astrozyten aktivieren, kultiviert. Außerdem verwendeten die Forscher B-Zellen von gesunden Kontrollpersonen und unbehandelten MS-Patienten.

Die B-Zellen alleine überlebten nicht lange im Labor. In Anwesenheit von Astrozyten, egal ob aktiviert oder nicht, lebten die B-Zellen deutlich länger. Die Forscher stellten außerdem fest, dass die Funktion der B-Zellen davon abhing, mit welchen Astrozyten sie es zu tun bekamen. In der Nachbarschaft von aktivierten Astrozyten begannen die B-Zellen mehr Botenstoffe, die andere Immunzellen anregen, zu produzieren. Dies passierte auch, wenn die Forscher B-Zellen in einem Medium wachsen ließen, in dem sich vorher aktivierte Astrozyten befunden hatten. Ein direkter Kontakt zwischen den beiden Zelltypen scheint also nicht nötig zu sein, vielmehr vermuten die Forscher einen löslichen Botenstoff, denn die Astrozyten abgeben und der auf die B-Zellen wirkt.

Astrozyten scheinen Überleben und Funktion von B-Zellen zu beeinflussen

Die Forscher nehmen daher an, dass dieser löslicher Botenstoff der aktivierten Astrozyten für das längere Überleben der B-Zellen im zentralen Nervensystem verantwortlich sein könnte und auch dafür sorgt, dass die B-Zellen vermehrt Botenstoffe produzieren können, die andere Immunzellen anregen und so zur Ausdehnung der Entzündung bei fortschreitenden Verlaufsformen der Multiplen Sklerose beitragen. Die Forscher sind sicher: Wenn genauer verstanden wird, welche Moleküle hier eine Rolle spielen, könnten sich neue Ansätze für Wirkstoffe zur Behandlung der primär und sekundär progredienten MS finden lassen.

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