Multiple Sklerose

Neue Leitlinie für Multiple Sklerose kommt 2019

Original Titel:
MS-Leitlinie: News aus der aktualisierten Version

MedWiss – Leitlinien geben Ärzten eine Richtschnur, an der sie sich bei Diagnose und Behandlung orientieren können. Die Empfehlungen für Multiple Sklerose sind aktuell noch auf dem Stand von 2014 und befinden sich in Überarbeitung. Anfang 2019 soll eine aktuelle Leitlinie erscheinen.


In Berlin tagten vom 30. Oktober bis 3. November die Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), die Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP) und die Deutsche Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN) auf der Neurowoche 2018. Zu den Neuigkeiten aus der Neurologie, die auf den Kongressen vorgestellt wurden, zählen auch erste Informationen zu der neuen Leitlinie für die Diagnose und Behandlung von Multipler Sklerose.

Die bisherige Leitlinie zur Diagnose und Behandlung von Multipler Sklerose ist aus dem Jahr 2014 und wird aktuell überarbeitet. Diese Leitlinie dient Ärzten als Richtschnur, an der sie sich orientieren können. In einem Vortrag auf der Neurowoche wurden die wichtigsten Punkte der Aktualisierung vom Koordinator der Leitlinie, Prof. Dr. Hemmer vom Neuro-Kopf-Zentrum am Klinikum rechts der Isar in München, vorgestellt.

Empfehlungen der europäischen Leitlinie werden kritisch geprüft

Die neue deutsche Leitlinie werde sich an der europäischen Leitlinie orientieren, die Anfang 2018 erschienen ist. Sie enthält 21 eher sehr allgemeine Empfehlungen. Für die deutsche Leitlinie würden diese Empfehlungen überprüft und geeignete Empfehlungen übernommen. Schwächen habe die europäische Leitlinie dahingehend, dass nicht alle Empfehlungen ausreichend wissenschaftlich belegt (evidenzbasiert) sind und Interessenskonflikte nicht berücksichtigt wurden.

Aktualisierte Empfehlungen zur Immuntherapie

Bekannt gegeben wurden auf der Neurowoche außerdem die Empfehlungen zur Immuntherapie bei schubförmiger MS, die in der aktualisierten Leitlinie gegeben werden. So sollten vor Therapiebeginn realistische Therapieziele mit dem Patienten vereinbart werden. Als Ziele der Immuntherapie werden in der Leitlinie zum einen die Verhinderung oder Reduzierung von Schüben und Krankheitsfortschritt festgehalten sowie die Erhaltung der Lebensqualität. Auch Krankheitsaktivität, die sich nicht durch Symptome äußert, soll reduziert werden.

Rituximab ebenfalls in neuer Leitlinie enthalten

In der aktualisierten Leitlinie werden die Immuntherapien außerdem in drei Kategorien eingeteilt. Die Einteilung richte sich dabei danach, wie stark die Medikamente wirken. In der Kategorie 3 finden sich die Antikörper, die gegen MS eingesetzt werden. In der aktualisierten Leitlinie wird neben Ocrelizumab auch dessen Vorläufer Rituximab aufgegriffen. Da es sich bei Rituximab um einen Off-Label-Use handelt, sei die Zustimmung der Krankenkassen und eine Aufklärung des Patienten, was dies bedeutet nötig. Rituximab ist nicht für die Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, kann aber unter bestimmten Umständen abseits der Zulassung (Off-Label) trotzdem verschrieben werden. Der verschreibende Arzt trägt hierbei ein deutlich höheres Risiko wenn es zu Problemen kommt, weswegen auch die Freistellung vom Haftungsrisiko bei Off-Label-Behandlungen ein Thema ist. Aufgrund der zu Rituximab vorliegenden Daten, darunter auch gute Langzeitdaten, und der Tatsache, dass bereits viele Patienten damit behandelt würden, wurde der Wirkstoff nun in die Empfehlungen der Leitlinie aufgenommen, wird Hemmer zitiert.

Natalizumab: Verschiedene Empfehlungen je nach Antikörperstatus gegen JC-Virus

Auch genauer eingegangen wird in der aktualisierten Leitlinie auf den JC-Virus-Antikörperstatus von Patienten, die Medikamente aus der Kategorie 3 erhalten. Bei Patienten, bei denen keine Antikörper gegen das Virus nachgewiesen werden können, sollte Natalizumab als erste Wahl eingesetzt werden, laut der Leitlinie. Als zweite Linie können Ocrelizumab, Rituximab und Alemtuzumab eingesetzt werden. Bei Patienten, die sich im Laufe ihres Lebens mit dem JC-Virus infiziert haben, wird die Empfehlung in der Leitlinie zukünftig von der Höhe des JCV-Antikörper-Index abhängen.

Patientenvertreter wurden mit einbezogen

Ebenso wird die überarbeitete Leitlinie aktualisierte Empfehlungen für den Beginn einer Immuntherapie und zur Therapieeskalation, also wann die Behandlung intensiviert werden sollte, enthalten. Eine Neuerung bei der Aktualisierung der Leitlinie von 2014 ist, dass nun erstmals Patientenvertreter mit einbezogen wurden. Die aktualisierte Leitlinie wird voraussichtlich im ersten Quartal 2019 veröffentlicht.

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