Diabetes Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen – Digitale Technologien wie Insulinpumpen verbessern die Lebensqualität von Betroffenen und Angehörigen

Etwa 32.500 Kinder und Jugendliche bis 19 Jahren sind in Deutschland vom Diabetes Typ 1 betroffen. Sie benötigen lebenslang mehrmals täglich auf ihren Blutzuckerspiegel abgestimmte Insulingaben. In der Therapie kommen immer häufiger digitale Verfahren zum Einsatz: Über die Hälfte der jungen Patienten nutzt mittlerweile beispielsweise eine digitale Insulinpumpe. Das Verfahren ist besonders komfortabel, sicher und erfolgreich – und hat gegenüber einer Injektionstherapie mit Pen oder Spritze zahlreiche Vorteile. Beispielsweise steigt die Lebensqualität der Betroffenen und die ihrer Familien durch eine Behandlung mit Insulinpumpen erheblich. Darauf machen Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) im Vorfeld der Jahrespressekonferenz am Dienstag, den 12. Februar, in Berlin aufmerksam.

Der Typ-1-Diabetes ist bei Kindern und Jugendlichen hierzulande die häufigste Stoffwechselerkrankung. Bei der Therapie gewinnen so genannte CSII-Systeme („continous subcutaneous insulin infussion“) wie digitale Insulinpumpen immer mehr an Bedeutung: Während 1995 nur knapp ein Prozent der Patienten mit Diabetes Typ 1 solche Verfahren nutzten, sind es mittlerweile 51 Prozent der Kinder und Jugendlichen und bei Betroffenen unter sechs Jahren sogar über 90 Prozent.

Insulinpumpen sind kleine Infusionsgeräte – etwa in der Größe eines Smartphones –, die ständig am Körper getragen werden. Über einen Katheter und einer unter der Haut liegenden Nadel führen sie dem Körper in regelmäßigen Abständen Insulin zu. Die smarten Helfer sind gerade für Kinder und Jugendliche, die oft Unterstützung in der Therapie brauchen, besonders hilfreich: Die modernen Pumpen sind beispielsweise per Bluetooth mit Computern oder Smartphones verbunden – und können etwa per Smartphone-App gesteuert werden. „Integrierte Bolusrechner ermitteln die individuell benötigte Dosis besonders exakt, was ein Vorteil gegenüber anderen Verfahren wie einer herkömmlichen Spritzentherapie ist“, so Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Präsident der DDG. Das sei gerade bei jungen Patienten, bei denen die Stoffwechselschwankungen oft besonders groß sind, von zentraler Bedeutung. „Unregelmäßige Bewegung und Nahrungsaufnahme sowie Wachstumsschübe wirken sich erheblich auf den Zuckerstoffwechsel aus – weshalb die Insulindosis besonders häufig schnell angepasst werden muss“, so Müller-Wieland.

Die Betroffenen und ihre Angehörigen sind in der Therapie dank solcher technischer Hilfsmittel unabhängiger und eigenständiger. Dadurch wird die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen deutlich verbessert: Das zeigte sich beispielsweise bei einem Vergleich darin, dass Mütter, die beim Auftreten der Diabeteserkrankung ihres Kindes von einer Depression betroffen waren, sich wesentlich schneller davon erholen konnten, wenn eine Insulinpumpe anstelle einer Spritzentherapie eingesetzt wurde. „Zudem stellt sich im Alltag heraus, dass beispielsweise Betreuer von Kleinkindern in Einrichtungen solche Verfahren besonders schätzen“, sagt Professor Dr. Thomas Danne, DDG-Experte und Chefarzt am Kinderkrankenhaus auf der Bult, Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche in Hannover. „So ist die Hemmschwelle beim Bedienen einer digitalen Insulinpumpe deutlich geringer als wenn sie den kleinen Patienten das Insulin selbst spritzen müssen.“
Ein weiterer Vorteil ist, dass die Technologie besonders sicher ist: So hat eine Auswertung des Kinder-Diabetesregisters (DPV) aus Deutschland, Österreich und Luxemburg gezeigt, dass akute Komplikationen – wie eine schwere Unterzuckerung oder eine Blutübersäuerung durch Insulinmangel – bei jungen Patienten mit Diabetes Typ 1 bei 14 119 Pumpenträgern deutlich seltener auftreten als bei den 16 460 Patienten der Spritzentherapie.

Patienten, die eine Insulinpumpe nutzen möchten, müssen in Absprache mit ihrem Arzt einen entsprechenden Antrag bei der Krankenkasse stellen. „Die Kassen übernehmen jedoch nur in bestimmten Fällen die Kosten“, so der DDG-Experte. „Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes erhalten oft jedoch leichter eine Insulinpumpe als Erwachsene.“ Eine wichtige Voraussetzung, um eine Insulinpumpentherapie erfolgreich umsetzen zu können, sei, dass der Patient beziehungsweise seine Eltern und die Betreuer im Umgang mit dem Verfahren gut geschult seien, meint Danne abschließend.

 

Quellen

1. Reinhard W. Holl, Nicole Prinz. Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes – aktuelle Situation und Veränderungen der letzten 23 Jahre. Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2019. S. 136

2. Torben Biester, Thomas Danne, Olga Kordonouri. Auf dem Weg zum Closed-Loop – Ziel und Realität. Dtsch Med Wochenschr. 2017 Mai;142(10):731-736. doi: 10.1055/s-0042-119492.

3. Karges B, Schwandt A, Heidtmann B, Kordonouri O, Binder E, Schierloh U, Boettcher C, Kapellen T, Rosenbauer J, Holl RW. Association of Insulin Pump Therapy vs Insulin Injection Therapy With Severe Hypoglycemia, Ketoacidosis, and Glycemic Control Among Children, Adolescents, and Young Adults With Type 1 Diabetes. JAMA. 2017 Oct 10;318(14):1358-1366.

4. Biester T, Nir J, Remus K, Farfel A, Muller I, Biester S, Atlas E, Dovc K, Bratina N, Kordonouri O, Battelino T, Philip M, Danne T, Nimri R. DREAM5: An open-label, randomized, cross-over study to evaluate the safety and efficacy of day and night closed-loop control using the MD-Logic automated insulin delivery system compared to sensor augmented pump therapy in patients with type 1 diabetes at home. Diabetes Obes Metab. 2018 Nov 26. doi: 10.1111/dom.13585. [Epub ahead of print]