Gramibactin ist Leibniz-Wirkstoff des Jahres 2019

Forscher des Leibniz-HKI ausgezeichnet

Jena. Ein Forscherteam des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie erhielt für die neu entdeckte Substanz Gramibactin den Titel „Leibniz-Wirkstoff des Jahres 2019“. Die Auszeichnung erfolgte am 1. April im Rahmen der Leibniz-Wirkstofftage am Deutschen Hygienemuseum in Dresden. Das Team um Christian Hertweck, Lehrstuhlinhaber an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, hat das bakterielle Molekül Gramibactin entdeckt und seine Bedeutung für die Nahrungsmittelproduktion aufgeklärt: Es ermöglicht Pflanzen, mehr Eisen aus dem Boden aufzunehmen. Die vermehrte Aufnahme von Eisen begünstigt das Wachstum von Pflanzen und zieht somit höhere Erträge nach sich.

Die Wissenschaftler kamen dem Molekül erstmals im Genom des Bakteriums Paraburkholderia graminis auf die Spur. Das neuartige Eisenaufnahmesystem ist ein ringförmiges Molekül, das zur Substanzfamilie der Lipodepsipeptide gehört. Gramibactin fixiert schwerlösliche Eisen(III)-Ionen mit einer sehr hohen Bindekraft und bringt es in den bakteriellen Stoffwechsel ein. So wird es für die Pflanzen zugänglich, deren Wurzelbereich mit den Bakterien besiedelt ist.

Schließlich wies die Forschergruppe anhand der Chlorophyllbildung nach, dass Gramibactin tatsächlich die Eisenversorgung von Pflanzen verbessert: Der für die Photosynthese benötigte grüne Pflanzenfarbstoff kann nur dann gebildet werden, wenn genügend Eisen vorhanden ist. Und tatsächlich produzierten Maispflanzen 50 Prozent mehr Chlorophyll, wenn die Nährlösung den Gramibactin-Eisen-Komplex enthielt. Die Entdeckung von Gramibactin und die daraus gewonnen Erkenntnisse lassen erahnen, welche Bedeutung eine ausbalancierte, natürliche Besiedelung des Wurzelraums mit Mikroorganismen haben kann.

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Originalpublikation

Hermenau R, Ishida K, Gama S, Hoffmann B, Pfeifer-Leeg M, Plass W, Mohr JF, Wichard T, Saluz HP, Hertweck C (2018) Gramibactin is a bacterial siderophore with a diazeniumdiolate ligand system. Nature Chemical Biology 14, 841-843.

Das Leibniz-HKI

Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des Leibniz-HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der  Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.

Das Leibniz-HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten etwa 430 Personen am Leibniz-HKI, davon 140 als Doktoranden.

Das Leibniz-HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundvorhaben wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und ChemBioSys, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020, einem Konsortium im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Das Leibniz-HKI ist Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen und Kernpartner des Exzellenzclusters Balance of the Microverse.

Die Leibniz-Gemeinschaft

Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 95 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 19.100 Personen, darunter 9.900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.