Eine frühere Infektion mit Dengue-Viren kann Zika-Viren „entschärfen“

Der Ausbruch des Zika-Virus in Lateinamerika hat inzwischen mehr als 60 Millionen Menschen getroffen. Insbesondere für Schwangere und deren Ungeborene kann die Infektion fatale Folgen haben: Viele Kinder werden mit Fehlbildungen des Gehirns, der sogenannten Mikrozephalie, geboren. Bislang wurde vermutet, dass eine frühere Infektion mit Dengue-Viren die Auswirkungen einer Zika-Infektion verstärkt. Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) konnten jedoch nachweisen, dass eine Infektion mit Dengue-Viren vor Zika-assoziierten Schäden schützt. Die Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift Emerging Infectious Diseases* erschienen.

„Wir wissen inzwischen, dass eine Zika-Virus-Infektion während der Schwangerschaft zu Schädigungen des Fötus führen kann. Dazu gehören die Mikrozephalie und andere mitunter gravierende Symptome“, erklärt Prof. Dr. Felix Drexler vom Institut für Virologie der Charité. Der Leiter der Studie entwickelt in Zusammenarbeit mit dem DZIF seit vielen Jahren Nachweisverfahren für Zika- und andere Viren. „Was wir bisher allerdings nicht verstanden haben, ist das gehäufte Auftreten von Zika-assoziierten Mikrozephalien in bestimmten Regionen, zum Beispiel im Nordosten Brasiliens“, sagt Prof. Drexler. Das internationale Forschungsteam begann nach Co-Faktoren zu suchen, die darüber entscheiden, ob eine Zika-Infektion während der Schwangerschaft fatale Folgen hat oder nicht.

Verdächtigt als Co-Faktor wurden Dengue-Viren, die in Lateinamerika weit verbreitet sind und das gleichnamige Fieber auslösen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuteten zunächst, dass die Antikörper, die der Mensch gegen das Dengue-Virus bildet, bei einer späteren Zika-Infektion zu einer Fötus-Schädigung beitragen könnten. Man weiß seit Längerem, dass diese Antikörper unter bestimmten Bedingungen Infektionen verstärken können. Doch bei Zika scheint das Gegenteil der Fall zu sein. „Unsere Studie zeigt überraschenderweise, dass frühere Dengue-Infektionen vielmehr vor Zika-assoziierten Schädigungen schützen“, betont Prof. Drexler.

Um die Interaktion zwischen Dengue- und Zika-Viren zu untersuchen, verglichen die Forschenden zunächst das Erbgut aller bekannten Dengue-Viren aus Brasilien untereinander. So wollten sie herausfinden, ob im Nordosten Brasiliens in den letzten Jahrzehnten andere Dengue-Viren vorkamen und in dieser Region somit eine unterschiedliche Immunität hinterlassen haben als in anderen Teilen Brasiliens. Zudem testeten sie bei 29 Müttern, die eine Zika-Virus-Infektion während der Schwangerschaft hatten und deren Babys Mikrozephalie zeigten, ob sie Antikörper gegen die vier verschiedenen Typen des Dengue-Virus aufwiesen. Als Kontrolle dienten Proben von 108 Zika-Virus-infizierten Müttern mit gesunden Kindern.

„Die Ergebnisse zeigen, dass eine bestehende Immunität gegen das Dengue-Virus das Risiko für eine Zika-Infektion mit fatalen Folgen für das Ungeborene signifikant verringert. Menschen mit früheren Dengue-Infektionen brauchen sich also keine Sorgen machen, schwerer an Zika zu erkranken“, fasst Prof. Drexler die Ergebnisse zusammen. Für Schwangere ist das eine wichtige Entwarnung. Der Verdacht, dass das Dengue-Virus ein Co-Faktor für Zika-Infektionen bei Ungeborenen ist, hat sich damit nicht bestätigt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchen nun weiter nach Co-Faktoren, auch um das gehäufte Auftreten der Mikrozephalie im Nordosten Brasiliens erklären zu können, sowie nach Möglichkeiten, das Risiko dieser Erkrankung frühzeitig zu erkennen.

* Pedroso C et al. Cross-Protection of Dengue Virus Infection against Congenital Zika Syndrome, Northeastern Brazil. Emerg Infect Dis. 2019 Aug 17;25(8). doi: 10.3201/eid2508.190113.

Beteiligung an der Studie
Neben der Charité  Universitätsmedizin Berlin und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) waren an der Studie die Bundesuniversität von Bahia und das Universitätsklinikum Bonn beteiligt.

Zika-Viren  
Das Zika-Virus wird in der Regel von Mücken übertragen, insbesondere von der Gattung Aedes, kann aber auch sexuell übertragen werden. Die Symptome einer Zika-Virus-Infektion sind Hautausschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Bindehautentzündung und manchmal Fieber. Im Vergleich zu anderen tropischen, von Mücken übertragenen Erkrankungen werden diese aber als milder ausgeprägt beschrieben. Bei Kindern im Mutterleib kann das Virus Fehlbildungen des Gehirns verursachen.

Dengue-Viren
Das Dengue-Virus wird ebenfalls durch Stechmücken der Gattung Aedes übertragen und kann der Symptomatik bei einer Infektion mit dem Zika-Virus ähneln. Dengue-Fieber äußert sich in stark erhöhter Temperatur, Kopf- und Gliederschmerzen. Meist erholen sich Betroffene innerhalb weniger Tage wieder, es kann aber auch zu Komplikationen kommen. Das Dengue-Fieber ist eine der häufigsten durch Mücken verbreiteten Erkrankungen der Welt.

Links:
Institut für Virologie

Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF)