Corona und angeborene Herzfehler

Informationen für Patient*innen und Angehörige

Dr. med. Friederike Danne, Oberärztin unserer Ambulanz für Angeborene Herzfehler – Kinderkardiologie, hat die Fragen bearbeitet und die Antworten zusammengefasst.

Wir haben eine Vielzahl von Fragen zu den Risiken der COVID-Erkrankung bei Patient*innen mit angeborenen Herzfehlern bekommen.  Die große Sorge vieler Patient*innen und/oder ihrer Angehörigen können wir sehr gut verstehen. Wir versuchen hier, soweit möglich auf diese Fragen zu antworten.

Bitte beachten Sie aber zunächst folgende wichtigen Hinweise:

•    Die wissenschaftliche Datenlage zum SARS CoV-2 Virus bzw. zur COVID-Erkrankung ist noch sehr unzureichend. Viele hier aufgeführten Einschätzungen basieren auf dem momentanen wissenschaftlichen Kenntnisstand, der sich noch ändern kann. Sie stehen damit ausdrücklich unter Vorbehalt.

•    Wir können in den sozialen Netzwerken nicht auf detaillierte Einzelfragen antworten. Jede(r) Patien*in muss individuell beurteilt werden und dafür ist immer die Kenntnis der medizinischen Patientendaten und des Erkrankungsverlaufs notwendig. Schicken Sie uns diese Daten aber aus Datenschutzgründen nicht über SocialMedia-Kanäle, sondern wenden Sie sich mit individuellen Nachfragen immer an Ihre (Kinder)Ärztin / Ihren (Kinder-)Arzt bzw. Kardiologin/Kardiologen.

•    Wenn Sie am DHZB in Behandlung sind, schreiben Sie uns an kika-ambulanz@dhzb.de
Bitte haben Sie Verständnis, dass unsere Ambulanz telefonisch nur bei wirklich wichtigen Fragen zur Verfügung steht. Siehe dazu auch den Punkt „Termine am DHZB“ weiter unten.

•    Halten Sie sich an die wichtigen Hygienemaßregeln, waschen Sie sich (und Ihren Kindern) vor allem häufig die Hände und meiden Sie soweit möglich direkte Kontakte.

•    Bei akuter Atemnot, Brustschmerzen oder anderen kardialen Notfall-Symptomen rufen Sie sofort einen Notarzt! Auch in Zeiten der Corona-Pandemie stehen die dafür zuständigen medizinischen Einrichtungen immer zur Verfügung!

Risikofaktoren

Nach bisherigem Wissensstand haben mit SARS CoV-2 infizierte Kinder und Jugendliche bis auf sehr wenige dokumentierte Ausnahmen einen milden Verlauf der Erkrankung. Vereinfacht gesagt kommt es meist erst gar nicht dazu, dass die Lunge „befallen“ und damit das Herz-Kreislaufsystem belastet wird.

Entsprechend selten dürfte es zu einer Situation kommen, bei der sich eine angeborene oder erworbene Herzerkrankung negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken könnte. Dies gilt mutmaßlich auch für Kinder mit komplexen angeborenen Herzfehlern einschließlich Glenn-/Fontan-Patient*innen im Kindesalter, die ihren Alltag ohne gehäufte Infekte oder sonstige Einschränkungen bewältigen können. Sollte es allerdings bei Kindern nach Glenn- oder Fontanoperation oder bei Shunt-abhängigen Lungendurchblutungen doch zu der gefürchteten Lungenentzündung kommen, sind dies sehr ernst zu nehmende Erkrankungsbilder.

Erneut weisen wir darauf hin: Eine definitive „Entwarnung“ können wir hier anhand der sehr unzureichenden Datenlage aber leider nicht geben.

Insbesondere bei Erwachsenen gilt vereinfacht: Jede Herzerkrankung, die zur Einschränkung der Herz-Kreislaufsystems und damit der körperlichen Leistungsfähigkeit führt, insbesondere kombiniert mit eingeschränkter Lungenfunktion, kann auch das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs von COVID-19 erhöhen. Dies gilt vor allem dann, wenn die die COVID 19-Erkrankung zu einer Lungenentzündung führt.
Betroffen sind u.a. Fontan-Patient*innen im Erwachsenenalter, Patient*innen mit Eisenmenger-Syndrom oder anderen Formen des Lungenhochdrucks, mit schweren Formen von Herzrhythmusstörungen sowie mit stark eingeschränkter Rechtsherz-Funktion. Zur Risikogruppe gehören auch immunsupprimierte Patient*innen.

Asthmapatient*innen zählen ebenfalls zur Risikogruppe für einen schweren Krankheitsverlauf.
Die Dosierung der Asthmamedikamente sollte beibehalten werden bzw. individuell mit dem behandelnden Pulmonologen besprochen werden. Aus kinderkardiologischer Sicht kann hier keine Bewertung vorgenommen werden.

Ob und wie sich eine durch einen angeborenen Herzfehler verursachte niedrige Sauerstoffsättigung unmittelbar auf das Immunsystem und damit die Immunantwort auf SARS-Cov-2 auswirkt, lässt sich derzeit leider nicht sicher sagen. Es ist aber nicht erwiesen, dass es einen Zusammenhang gibt.

Patient*innen mit korrigierten angeborenen Herzfehlern ohne relevante Restbefunde, also messbare Einschränkungen der Herz-Kreislauffunktion, haben nach bisherigem Wissenstand auch kein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf.
Dies kann auch für gut korrigierte komplexe angeborene Herzfehler wie etwa die Fallotsche Tetralogie oder die TGA gelten.

In den letzten Tagen wurde mehrfach über Hinweise berichtet, dass das SARS CoV-2-Virus auch direkt oder über eine Immunreaktion des Körpers zur Entzündung des Herzmuskels führen kann.
Die Zusammenhänge sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt auch keinen Beleg dafür, dass Patent*innen mit angeborenen Herzfehlern ein höheres Risiko für ein solches Krankheitsbild haben.

Klinische Einweisung bei Infektion

Wenn ein(e) Patient*in mit angeborenem Herzfehler sich nachweislich mit SARS CoV-2 infiziert hat, aber nur milde oder auch keine Symptome einweist, besteht nicht sofort die Notwendigkeit einer klinischen Einweisung.
Bei Symptomen besprechen Sie diese zunächst telefonisch mit dem behandelnden Arzt.
Bei schweren Symptomen sollte selbstverständlich der Notarzt gerufen werden.

Schule und Kindergarten/Kita

Eine generelle Empfehlung, ob Kinder und Jugendliche mit angeborenen Herzfehlern auch nach Wiedereröffnung der Schulen und Kindergärten/Kitas zuhause bleiben sollen, können wir nicht geben. Unsere Ärzt*innen beobachten hier die verfügbaren Daten. Wenn feststeht, wann die Schulen/Kitas wieder öffnen und/oder wenn es neue Erkenntnisse zu diesem Thema gibt, werden wir Sie informieren. Jetzt ist es in jedem Fall noch zu früh.

Termine am DHZB

Das Team unserer Ambulanz für Angeborene Herzfehler – Kinderkardiologie prüft derzeit alle Termine sorgfältig auf ihre medizinische Notwendigkeit, anschließend werden alle Patient*innen bzw. Eltern informiert, ob der Termin bestätigt oder verschoben wird.
Bitte fragen Sie nur nach, wenn Sie einen Termin in derselben Woche haben und noch keine Information dazu bekommen haben.

Pneumokokken-Impfung

Generell gilt:
Eine Impfung gegen Pneumokokken gehört zur den allgemein von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen.
Sie wird deshalb normalerweise im Namen der Routine-Vorsorgeuntersuchung vom behandelnden Kinderarzt durchgeführt (bzw. der Impfstatus wird überprüft).
Innerhalb der ersten zwei Lebensjahre sind drei Impfungen (=Grundimmunisierung) vorgesehen.

Eine vierte Auffrischungs-Impfung soll bei Risiko-Patient*innen ab dem dritten Lebensjahr erfolgen. Dazu gehören auch Kinder mit angeborenen Herzfehlern, die aufgrund dieser Herzfehler noch kardiale Einschränkungen aufweisen.

Die ersten drei Impfungen werden mit einem „PCV-Impfstoff (z.B. Prevenar ®)“ durchgeführt.
Die Auffrischungsimpfung erfolgt in der Regel mit einem „PPSV-Impfstoff (z.B. Pneumovax ®)“

PPSV-Impfstoffe wirken zwar gegen mehr „Erreger-Typen“, sind aber für Kleinkinder bis 2 Jahre nicht zugelassen und nicht so gut wirksam.

Kinder mit angeborenen Herzfehlern können, z.B. wegen Operationen, die Grundimmunisierung nicht immer innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraums bekommen.

Der Impfstatus sollte gerade bei Kindern mit angeborenen Herzfehlern aber unbedingt vollständig sein!
Wenn Sie Zweifel haben, nehmen Sie Kontakt mit ihrem Kinderarzt auf, bei dem die Impfungen durchgeführt werden / wurden.

Medikamente

Eine negative Auswirkung bestimmter Medikamente auf die Infektion mit SARS CoV-2 bzw. den Verlauf einer COVID-Erkrankung ist klinisch nicht belegt!
Es existiert auch keinerlei Hinweis, dass sich Antikoagulanzien, also Mittel zur Blutverdünnung, in irgendeiner Form auswirken.
Patient*innen sollten ärztlich verordnete Medikamente wegen dieser Sorge auf keinen Fall eigenmächtig absetzen. Dies gilt insbesondere für Blutdruck-regulierende Medikamente.

Beatmung bei Fontan-Patienten

Prinzipiell ist eine maschinelle Beatmung auch bei Fontan-Patient*innen möglich. Sie sollte aber von in diesem Bereich erfahrenen Ärzten und Pflegeteams durchgeführt werden.

Fachkliniken wie das DHZB sind so lange wie irgend möglich ausschließlich für die Versorgung dringender Herz-Kreislauf-Erkrankungen zuständig, nötigenfalls auch bei gleichzeitigem Vorliegen einer COVID 19-Erkrankung. Also ganz klar auch für beatmungspflichtige Patient*innen mit einem Fontan-Kreislauf.