Corona-Impfung bei Krebspatienten: 2. Dosis nicht hinauszögern

Original Titel:
Safety and immunogenicity of one versus two doses of the COVID-19 vaccine BNT162b2 for patients with cancer: interim analysis of a prospective observational study

 
Kurz & fundiert
  • Wie gut wirkt die Corona-Impfung bei Krebspatienten?
  • Prospektive Beobachtungsstudie
  • 95 Patienten mit soliden Tumoren, 56 Patienten mit hämatologischer Krebserkrankung, 54 gesunde Kontrollen
  • Serokonversion nach erster Impfung mit BNT162b2 und nach Boost-Dosis
  • Gute Verträglichkeit, aber Serokonversion bei Krebspatienten häufig erst nach der Boost-Dosis
  MedWiss – In einer prospektiven Beobachtungsstudie in London zeigte sich, dass für Patienten mit Krebserkrankung die erste Dosis der Impfung mit BNT162b2 nicht genügte – Serokonversion war häufig erst nach der Boost-Dosis zu sehen. Die Immunogenizität nahm innerhalb von zwei Wochen nach der Boost-Dosis (21 Tage nach der ersten Impfung) signifikant bei Patienten mit soliden Tumoren zu. Diese Daten unterstützen eine frühe (nach 21 Tagen) Boost-Impfung für Krebspatienten.
Die Wirksamkeit und Sicherheit der Impfstoffe gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 wurde bei Patienten mit Krebserkrankung bisher nicht konkret untersucht. Forscher ermittelten dies nun anhand des Vakzins BNT162b2 (Pfizer-BioNTech).

Wie gut wirkt die Corona-Impfung bei Krebspatienten?

Für diese prospektive Beobachtungsstudie gewannen die Wissenschaftler Patienten mit Krebserkrankung und gesunde Menschen als Kontrolle (meist medizinische Angestellte) von drei Kliniken in London zwischen dem 8. Dezember 2020 und 18. Februar 2021. Teilnehmer, die zwischen dem 8. Dezember und 29. Dezember 2020 geimpft wurden, erhielten zwei 30 μg Dosen von BNT162b2 im Abstand von 21 Tagen. Teilnehmer, die nach dem 29. Dezember 2020 geimpft wurden, erhielten die erste Dosis von 30 μg mit einer geplanten Boost-Dosis nach 12 Wochen. Von allen Teilnehmern wurden Blutproben vor der Impfung sowie 3 und 5 Wochen nach der ersten Impfung analysiert. Soweit möglich wurde alle 10 Tage, oder bei symptomatischen Fällen von COVID-19, ein Nasen-Rachen-Abstrich mittels rRT-PCR auf SARS-CoV-2 überprüft. Die Forscher untersuchten die Serokonversion, also Antikörperbildung gegen das Spike-Protein des neuen Coronavirus, nach der ersten Impfung bzw. 21 Tage nach der Boost-Dosis mit BNT162b2. Alle Teilnehmer, die mindestens eine Impfung erhalten hatten, wurden in der Sicherheits- und Immunogenizitätsanalyse betrachtet. Die Studie wird aktuell weitergeführt, um die Ergebnisse auch nach der verzögerten Boost-Impfung nach 12 Wochen zu untersuchen.

Prospektive Beobachtungsstudie mit 151 Krebspatienten und 54 gesunden Kontrollen

151 Patienten mit Krebserkrankung (95 mit solidem Tumor, 56 Patienten mit hämatologischer Krebserkrankung) und 54 gesunde Kontrollen wurden in die Studie aufgenommen. Für diese Zwischenanalyse wurden Sicherheit und Immunogenizität der geimpften Patienten mit Krebserkrankung mit Proben und Daten analysiert, die bis 19. März 2021 gewonnen worden waren. 17 Patienten, die in Kontakt mit dem Coronvirus SARS-CoV-2 gekommen waren (erkannt durch Antikörper-Serokonversion oder positiven PCR-Test), wurden von der Immunogenizitätsanalyse ausgeschlossen. Der Anteil positiver Anti-Spike-Antikörper (IgG-Titer) etwa 21 Tage nach der ersten Impfung lag bei
  • Gesunde Kontrollen: 32 von 34 (94 %; 95 % Konfidenzintervall, KI: 81 – 98)
  • Patienten mit soliden Tumoren: 21 von 56 (38 %; 95 % KI: 26 – 51)
  • Patienten mit hämatologischer Krebserkrankung: 8 von 44 (18 %; 95 % KI: 10 – 32)
16 gesunde Kontrollen, 25 Patienten mit Tumoren und 6 Patienten mit hämatologischer Krebserkrankung erhielten ihre zweite Impfdosis nach 21 Tagen. 17 der Teilnehmer wurden anschließend wegen SARS-CoV-2-Nachweis (Antikörper oder positivem PCR-Test) ausgeschlossen, von 6 Teilnehmern lagen keine Blutproben vor. Zwei Wochen nach der Boost-Dosis wurde die Serokonversion im Vergleich zu Teilnehmern ohne zweite Impf-Dosis ermittelt:
  • Gesunde Kontrollen: 12 von 12 (100 %; 95 % KI: 76 – 100) vs. ohne Boost: 18 von 21 (86 %; 95 % KI: 65 – 95)
  • Patienten mit soliden Tumoren: 18 von 19 (95 %; 95 % KI: 75 – 99) vs. ohne Boost: 10 von 33 (30 %; 95 % KI: 17 – 47)
  • Patienten mit hämatologischer Krebserkrankung: 3 von 5 (60 %; 95 % KI: 23 – 88) vs. ohne Boost: 4 von 36 (11 %; 95 % KI: 4 – 25)
Der Impfstoff wurde gut vertragen. Keine Unverträglichkeiten wurden bei 75 von 140 Patienten mit Krebs (54 %) nach der ersten Impfung mit BNT162b2 und bei 22 von 31 Patienten mit Krebs nach der zweiten Impfdosis (71 %) berichtet. Ebenso hatten 15 von 40 gesunden Kontrollen (38 %) nach der ersten Impfung und 5 von 16 (31 %) nach der zweiten Dosis keine Probleme. Die häufigsten Beschwerden waren Schmerzen an der Injektionsstelle innerhalb von 7 Tagen nach der ersten Dosis, nämlich bei 23 von 65 Patienten mit Krebs (35 %) und 12 von 25 gesunden Kontrollen (48 %). Es gab keine Impf-bezogenen Todesfälle.

Gute Verträglichkeit, aber Serokonversion bei Krebspatienten häufig erst nach der Boost-Dosis

Bei Patienten mit Krebserkrankung war demnach die erste Dosis der Impfung mit BNT162b2 nicht sehr wirksam. Die Immunogenizität nahm innerhalb von zwei Wochen nach der Boost-Dosis (21 Tage nach der ersten Impfung) bei Patienten mit soliden Tumoren signifikant zu. Diese Daten unterstützen eine frühe (nach 21 Tagen) Boost-Impfung für Krebspatienten. [DOI: 10.1016/S1470-2045(21)00213-8]  

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