Naht ein Fortschritt in der Depressionsbehandlung?

Über ein Drittel der Menschen erleiden im Laufe ihres Lebens eine psychische Erkrankung. Psychische Symptome manifestieren sich letztlich im persönlichen Erleben, entstehen aber auch auf Grundlage gestörter Hirnfunktionen. Die mithilfe der Elektroenzephalographie mögliche Messung des Schlafs bietet hierbei eine interessante Methode zum besseren Verständnis der zugrunde liegenden biologischen Prozesse im Gehirn. Schlafveränderungen können als Biomarker für Diagnosestellung und Therapieverlauf psychischer Erkrankungen genutzt werden. Dem Schlaf und der Schlafmedizin kommt hier eine wichtige Bedeutung zu. Auf der 29. Jahrestagung der DGSM werden dazu aktuelle Forschungsdaten präsentiert.

Depression gehören zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen. Zwar existieren verschiedene Behandlungsansätze, jedoch sprechen nicht alle Betroffenen gleichermaßen auf die vorhandenen Therapien an. Bei den meisten Behandlungsoptionen ist der Therapieerfolg nicht sicher und tritt erst nach mehreren Wochen ein. Forscher sind nun auf der Suche nach verlässlichen Biomarkern, die frühzeitig Hinweise auf die am besten geeignete und erfolgversprechendste Therapieform bieten könnten. Das wäre ein großer Fortschritt in der Depressionsbehandlung.

Sind diese im Schlaf zu finden? Ja, es gibt Hinweise darauf, dass sich im Schlaf Indikatoren für die jeweilige Depressionsform finden lassen. Besonders interessant sind hier die in der Depression veränderten REM-Schlaf-Parameter. Dieser wird landläufig auch Traumschlaf genannt und scheint unter anderem eine wichtige Bedeutung für die emotionale Verarbeitung zu haben. So zeigen z.B. Menschen nach belastenden Lebensereignissen häufig mehr REM-Schlaf bzw. der REM-Schlaf tritt früher in der Nacht auf. Diese möglichen Zusammenhänge zwischen REM-Schlaf-Regulation und der Behandlung depressiver Erkrankungen untersuchte eine Studie des Schlaflabors des Zentrums für Integrative Psychiatrie Kiel. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Patientinnen und Patienten mit einer scheinbar ausgeprägteren Fehlregulation des Traumschlafs besser auf Antidepressiva ansprechen, während Personen mit scheinbar besserer REM-Regulation tendenziell mehr von der psychotherapeutischen Behandlung profitierten“, berichtet Dr. Julia Lechinger, Diplompsychologin und an dieser Studie beteiligte wissenschaftliche Mitarbeiterin. Sie hofft, dass die Studienergebnisse einen Beitrag in Richtung personalisierter Medizin liefern können, um dadurch perspektivisch den Erfolg der Depressionsbehandlung zu verbessern.

Diese Hoffnung teilt auch PD Dr. med. Thorsten Mikoteit. Er ist beteiligt an einer aktuellen Untersuchung, zur präzisen Steuerung einer Antidepressiva-Therapie. „Wenn man eine Depression mit einem Antidepressivum behandelt, muss man in der Regel vier bis fünf Wochen abwarten, bis klar ist, ob eine Response oder eine Non-Response vorliegt. Andererseits liegt die Ansprechrate nur bei 50%. Für Non-Responder bedeutet das einen Therapiewechsel nach vier Wochen mit wiederum Wartezeit und ungewissem Ausgang. Mit einer Schlaf-EEG Untersuchung nach einer Woche Therapie lässt sich anhand der Präfrontalen Theta-Cordance im REM-Schlaf (PTC-R) zuverlässig das Therapieansprechen vorhersagen“, erklärt der Leitende Arzt der Psychiatrischen Dienste und des Schlafmedizinischen Zentrums der Solothurner Spitäler AG. Seine Studie ergab, dass durch die biomarkergeleitete Therapie die Rate der Therapieversager signifikant reduziert werden konnte. Die Präfrontale Theta Cordance ist ein Biomarker, der bereits nach einer Woche das Ansprechen auf eine Antidepressiva-Therapie zuverlässig vor-hersagt. So ist es möglich, ungünstige Verläufe zu einem sehr frühen Zeitpunkt zu identifizieren und durch sofortige Änderung der Therapie ein Nicht-Ansprechen auf die Therapie zu vermeiden.

Auf der 29. Jahrestagung der DGSM, die vom 28.-30. Oktober digital stattfindet, stellen u.a. Julia Lechinger und Thorsten Mikoteit ihre Studienergebnisse in einem Symposium vor. Eine weitere Untersuchung, die vorgestellt wird, konnte zeigen, dass auch bei Alkoholabhängigkeit Zusammenhänge zwischen nächtlicher Gedächtniskonsolidierung und Schlafveränderungen mit einem frühen Rückfall bestehen. Abstinente Alkoholabhängige beklagen häufig anhaltende Schlafstörungen und benennen auch Schlafprobleme als Rückfallgrund.
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Die Kongress-Pressekonferenz findet am 28.10.2021 um 9.30 Uhr digital (Zoom-Meeting) statt. Bitte melden Sie sich beim Pressekontakt an und Sie erhalten die Zugangsdaten.

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