Krebspatienten mit COVID-19: Klinische Merkmale und Prognose

Original Titel:
Clinical Characteristics and Prognosis in Cancer Patients with COVID-19: a Single Center's Retrospective Study

Kurz & fundiert

  • Wissenschaftler analysierten die Daten von 37 Krebspatienten mit COVID-19
  • Etwa die Hälfte der Patienten hatte einen schweren Krankheitsverlauf
  • Krebspatienten mit einer schweren/kritischen COVID-19 hatten signifikant höhere NLR-, IL-6-, LDH- und PCT-Werte und eine höhere Anzahl an Neutrophilen als Patienten mit einer milden COVID-19

 

MedWiss – Etwa die Hälfte der Krebspatienten mit COVID-19 hatte einen schweren Krankheitsverlauf. Diese Erfahrung machte ein Krankenhaus in Wuhan (China), welches 37 Krebspatienten mit COVID-19 behandelte. Krebspatienten mit einer schweren/kritischen COVID-19 hatten signifikant höhere NLR-, IL-6-, LDH- und PCT-Werte und eine höhere Anzahl an Neutrophilen als Patienten mit einer milden COVID-19.


Einzelne kleinere Studien deuten darauf hin, dass Krebspatienten ein größeres Risiko haben, sich mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 zu infizieren. Und auch das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf von COVID-19, der Krankheit, die durch das neue Coronavirus ausgelöst wird, scheint erhöht zu sein. Insgesamt ist die Datenlage diesbezüglich jedoch noch recht dünn. Wissenschaftler aus China leisteten einen weiteren Beitrag zu dieser Thematik, indem sie Krebspatienten mit COVID-19 genauer unter die Lupe nahmen.

Wissenschaftler analysierten die Daten von 37 Krebspatienten mit COVID-19

Den Wissenschaftlern standen die Daten von 37 Krebspatienten mit COVID-19, die zwischen dem 01. Januar und dem 30. März 2020 ins Renmin Krankenhaus der Universität Wuhan (China) aufgenommen wurden, zur Verfügung. 20 Patienten waren Männer. Das mittlere Alter der Patienten betrug 62 Jahre. Bei der Krankenhausaufnahme wurden verschiedene Laborwerte der Patienten bestimmt.

Etwa die Hälfte der Patienten hatte eine schwere COVID-19

Die meisten Patienten litten zu Beginn der Erkrankung an Fieber (75,7 %). Weitere häufige Symptome waren Husten (56,8 %), Atemnot (32,4 %), Durchfall (10,8 %), Fatigue (10,8 %) und Myalgie (10,8 %). Die meisten Krebspatienten waren an Darmkrebs (29,7 %), Lungenkrebs (21,6 %) und Brustkrebs (18,9 %) erkrankt. 32,4 % der Patienten (12 Patienten) litten an weiteren Erkrankungen wie Diabetes, COPD oder Bluthochdruck. Bei der Auswertung der Daten stellten die Wissenschaftler fest, dass etwa die Hälfte der Krebspatienten mit COVID-19 (54,1 %, 20 der 37 Patienten) einen schweren/kritischen Krankheitsverlauf hatten. Der Anteil an schweren/kritischen COVID-19-Fällen war somit unter den Krebspatienten höher als in der Allgemeinbevölkerung. 5 Patienten (13,5 %) starben.

Vergleich zwischen Patienten mit mildem und schwerem Krankheitsverlauf

In einem weiteren Schritt verglichen die Wissenschaftler Krebspatienten mit milder COVID-19 mit Krebspatienten mit schwerer/kritischer COVID-19. Dabei stellten sie fest, dass Patienten mit einer schweren/kritischen COVID-19 signifikant häufiger unter Atemnot litten als die Patienten mit milder COVID-19 (50,0 % vs. 11,8 %, p = 0,017). Die Verteilung der Krebsarten unterschied sich zwischen den beiden Patientengruppen nicht signifikant. Was jedoch unterschiedlich war, waren bestimmte Laborwerte. So hatten Patienten mit einer schweren/kritischen COVID-19 signifikant höhere NLR-, IL-6-, LDH- und PCT-Werte und eine höhere Anzahl an Neutrophilen als Patienten mit eine milden COVID-19. Insgesamt 13 Patienten unterzogen sich in dem Monat vor der Krankenhauseinweisung einer Krebstherapie (Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie, zielgerichtete Therapie oder Immuntherapie). Sechs dieser Patienten hatten einen milden und sieben Patienten einen schweren/kritischen Krankheitsverlauf von COVID-19. Da die Wissenschaftler hier keine signifikanten Unterschiede feststellen konnten, schlussfolgerten sie, dass eine Krebstherapie das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf von COVID-19 nicht beeinflusste.

Krebspatienten, die an COVID-19 erkrankt waren, hatten somit oftmals einen schweren Krankheitsverlauf. Das erhöhte Risiko zu kennen, ist wichtig, um geeignete Schutzmaßnahmen treffen zu kennen. Die Autoren der Studie wiesen darauf hin, dass es sich hier nur um die ersten Erfahrungen einer einzelnen Klinik handelt und dass weitere, größer angelegte Studien nötig sind, um ein besseres Bild von COVID-19 bei Krebspatienten zu bekommen.

[DOI 10.1016/j.jinf.2020.04.006]

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