Ist das Schlaganfallrisiko bei hormoneller Verhütung und Migräne immer noch ein Thema?

Original Titel:
Risk of Stroke Associated With Use of Estrogen Containing Contraceptives in Women With Migraine: A Systematic Review

MedWiss – Amerikanische Neurologen analysierten in einer vergleichenden Übersichtsstudie, ob Migräne und hormonelle Verhütung gemeinsam das Schlaganfallsrisiko erhöhen und ob dies mit der Dosierung des Verhütungsmittels Estrogen zusammenhängt. Sie fanden, dass es für eine abschließende Einschätzung der Effekte deutlich bessere Studien braucht. Die bisher vorhandenen Daten deuten zwar zusätzlich erhöhte Risiken bei Migräne mit Aura an, das absolute Schlaganfallrisiko ist allerdings auch mit solchen Risikofaktoren eher gering.


Frühere Studien fanden, dass Patienten mit Migräne mit Aura ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle haben. Zusätzlich wurde auch die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel mit einem solchen Risiko in Verbindung gebracht. Daher wurde für lange Zeit von einer solchen Verhütung bei Migränepatientinnen mit Aura eher abgeraten. Aber sind diese Richtlinien bei den heutigen Verhütungsmitteln und ihren Dosierungen noch sinnvoll? Neurologin Dr. Sheikh von der Icahn School of Medicine im US-amerikanischen New York ermittelte nun mit ihren Kollegen in einer vergleichenden Übersichtsstudie, ob je nach Dosierung des Verhütungsmittels Estrogen ein erhöhtes Schlaganfallsrisiko auftritt und ob Migräne und hormonelle Verhütung zusammen dieses Risiko erhöhen.

Estrogen-Verhütung und Migräne: ein Risiko für Schlaganfall?

Dazu durchsuchten die Wissenschaftler die medizinwissenschaftliche Datenbanken PubMed, die Bibliothek der Cochrane-Kollaboration und EMBASE. Ziel waren relevante englischsprachige Studien mit Erwachsenen, die seit Gründung der jeweiligen Datenbank bis Januar 2016 erschienen sind .

Aus 2480 Aufzeichnungen kristallisierten sich 15 Studien heraus, die den Einschlusskriterien genügten. 6 dieser Studien gaben Risikoschätzungen für die untersuchte Patientengruppe an. Insgesamt zeigten die Risikoraten ein erhöhtes Schlaganfallsrisiko für hormonell verhütende (Estrogen) Frauen mit Migräne an. Die Dosierung des Hormons war dabei nicht relevant. Allerdings waren die Studien eher klein und hatten eine große Streuweite in den Ergebnissen. Die Frage, wie genau das Risiko mit der Dosierung des Hormons zusammenhing, konnte daher keine Studie beantworten. 7 Studien untersuchten spezifisch, ob Migräne und hormonelle Verhütung zusammenwirkten, fanden aber keinen solchen Effekt. Eine Studie unterschied aber speziell zwischen Migräne mit und ohne Aura und fand, dass das Risiko der Aura-Patienten im Vergleich erhöht war. Insgesamt waren die Studien eher wenig aussagekräftig – ihr sogenannter Grad der Evidenz war also durchweg gering.

Mehr Studienbedarf: hormonelle Verhütung + Migräne mit Aura erhöhen vermutlich das Risiko

Diese vergleichende Übersichtsstudie zeigt damit, dass es für eine abschließende Einschätzung der Effekte von hormoneller Verhütung auf das Schlaganfallsrisiko bei Frauen mit Migräne deutlich bessere Studien braucht. Die bisher vorhandenen Daten deuten aber an, dass hormonelle Verhütung bei Migräne mit Aura zu einem zusätzlich erhöhten Risiko führt. Das absolute Schlaganfallrisiko ist allerdings auch mit diesen Risikofaktoren eher gering. Wenn Frauen also hormonell verhüten wollen, sollte das individuell hinsichtlich der verschiedenen Vor- und Nachteile abgewogen werden.

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