Gesünder dank innovativem 14-Minuten-Training

LOW-HIIT-Konzept des Erlanger Hector-Centers hilft nachweislich bei mehreren Gesundheitsproblemen

Regelmäßige Bewegung ist ein wichtiger Eckpfeiler eines gesunden Lebensstils. „Körperliches Training ist nicht nur mit zahlreichen präventiven gesundheitlichen Effekten verbunden, sondern nimmt als unterstützende Maßnahme auch eine bedeutsame Rolle in der Therapie vieler chronischer Erkrankungen ein“, erklärt PD Dr. Dejan Reljic, Leiter des Bereichs Sportwissenschaft und Leistungsphysiologie am Hector-Center für Ernährung, Bewegung und Sport an der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie des Universitätsklinikums Erlangen. Dennoch bewegen sich die meisten Menschen heutzutage zu wenig – häufig aus Zeitgründen. Dr. Reljic: „Deshalb haben wir ein extrem zeiteffizientes Trainingskonzept entwickelt, das sogenannte low-volume high-intensity interval training, kurz LOW-HIIT.“ Dass sich dieses 14 Minuten kurze Training positiv auf mehrere Krankheitsbilder wie chronische Erkrankungen, Adipositas oder eine Fettleber auswirkt, haben die Forschenden des Erlanger Hector-Centers nun anhand von drei Studien belegt. Künftig wollen sie untersuchen, ob bzw. in welchem Maße sich die in den Studien belegten Effekte durch gezielte Ernährungsstrategien möglicherweise noch weiter potenzieren lassen.

„Das von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Mindestmaß an körperlicher Aktivität von 150 Minuten pro Woche ist zwar sinnvoll und erstrebenswert, allerdings schaffen das mittlerweile leider nur noch wenige. Menschen mit körperlichen Einschränkungen sind außerdem oft nicht mehr in der Lage, sich so lange aktiv zu bewegen“, erklärt Dr. Reljic. „Daher haben wir in den vergangenen Jahren intensiv an Trainingsprogrammen gearbeitet, die wesentlich zeitsparender sind, aber trotzdem noch einen gesundheitlichen und/oder therapeutischen Nutzen mit sich bringen.“ LOW-HIIT hat sich dabei als besonders wirkungsvoll herausgestellt.

Nur zweimal 14 Minuten

„Beim LOW-HIIT werden zweimal pro Woche lediglich fünf je einminütige Intervalle bei einem individuell festgelegten Belastungspuls durchgeführt. Insgesamt dauert eine solche LOW-HIIT-Einheit inklusive Aufwärmen, Erholungsphasen zwischen den Intervallen und Cool-down nur 14 Minuten. Der Gesamtaufwand pro Woche für das Training beträgt mit nur 28 Minuten somit weniger als ein Fünftel der allgemeinen WHO-Empfehlung“, verdeutlicht Dr. Reljic.

Gut für die Lebergesundheit

In der ersten der drei kürzlich veröffentlichten Studien zeigten die Forschenden des Hector-Centers bei adipösen Patientinnen und Patienten mit metabolischem Syndrom, dass ein zwölfwöchiges LOW-HIIT nicht nur die Herz-Kreislauf-Leistung und diverse kardiometabolische Risikomarker, etwa den Blutdruck, deutlich verbesserte, sondern dass es sich auch positiv auf die Lebergesundheit auswirkte. „Viele Adipöse mit metabolischem Syndrom leiden unter einer sogenannten nichtalkoholischen Fettleber – kurz NAFLD –, die sich durch vermehrte Ansammlung von Fettgewebe in dem Organ auszeichnet. NAFLD kann sich längerfristig zu einer chronischen Leberentzündung bis hin zu einer Leberzirrhose entwickeln“, so Prof. Dr. Yurdagül Zopf, Leiterin des Hector-Centers. „Deshalb ist es sehr erfreulich, dass wir mit dieser extrem zeitsparenden Trainingsmodalität eine signifikante Verbesserung der Lebergesundheit nach nur wenigen Wochen erzielen konnten“, ergänzt Dr. Reljic.

LOW-HIIT reduziert Entzündungsmarker

In der zweiten Studie untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie sich unterschiedliche zeiteffiziente Trainingskonzepte auf chronische Entzündungsparameter bei Adipösen mit metabolischem Syndrom auswirken. Dazu gehören neben dem LOW-HIIT auch das Einsatz-Krafttraining, bei dem Übungen nur in einem statt mehreren Sätzen ausgeführt wird, und das Ganzkörper-EMS-Training. Bei der Elektromyostimulation (EMS) erhalten die Muskeln dank einer Ganzkörperweste und speziellen Pads gezielt elektrische Impulse. Die Stimulation soll die Muskulatur schneller wachsen lassen. „Eine deutlich über der Norm liegende Ansammlung von Fettzellen im Gewebe geht typischerweise mit einer erhöhten Freisetzung von Entzündungsmediatoren im Körper einher. Eine solche chronische, niedriggradige systemische Entzündung ist mit zahlreichen Gesundheitsproblemen verbunden und kann längerfristig zu Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen führen“, erklärt Prof. Zopf. „Unsere Studie hat gezeigt, dass LOW-HIIT gegenüber anderen zeiteffizienten Trainingsmodalitäten die Nase vorn hat, wenn es darum geht, Entzündungsmarker im Körper zu reduzieren“, berichtet Dr. Reljic. „Besonders erstaunlich ist, dass die mit einem mehrwöchigen LOW-HIIT erzielten antientzündlichen Effekte einer pharmazeutischen Wirkung ähneln“, so Dejan Reljic weiter.

Auch für Krebspatientinnen und -patienten geeignet

Die dritte Studie belegt, dass LOW-HIIT auch eine sichere und machbare Trainingsmodalität für Patientinnen und Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung ist. „Diese vulnerable Gruppe leidet typischerweise unter einem geschwächten Immunsystem“, erläutert Dr. Hans Joachim Herrmann, Leiter des Bereichs Ernährungswissenschaft am Hector-Center. „Aus Angst, das Immunsystem noch weiter zu schwächen, war man mit intensiverem körperlichem Training bei dieser Patientengruppe bisher relativ zurückhaltend“, fügt Dr. Reljic hinzu. „Unsere Ergebnisse weisen jedoch eher auf das Gegenteil hin. In Kooperation mit Prof. Dr. Dimitrios Mougiakakos vom Universitätsklinikum Magdeburg und Dr. Benedikt Jacobs aus der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie des Uniklinikums Erlangen, die beide in der Tumorbiologie forschen, konnten wir feststellen, dass eine LOW-HIIT-Einheit zu einer verstärkten Aktivierung der natürlichen Killerzellen führt. Diese spielen eine entscheidende Rolle bei der Abtötung von virusinfizierten und tumorös entarteten Zellen.“ Zudem steigerte sich bei den Probandinnen und Probanden nach dem zwölfwöchigen LOW-HIIT auch die körperliche Fitness im Sinne einer besseren Herz-Kreislauf-Leistung, sie waren weniger erschöpft und fühlten sich körperlich besser.

Links zu den Originalpublikationen:

Studie 1
Studie 2
Studie 3