Die Lunge – ein häufiger Nebenschauplatz des Rheumas

Deutscher Rheumatologiekongress vom 31. August – 3. September 2022

Aktuelle Forschung zu interstitiellen Lungenerkrankungen

Berlin – Die Angriffe des eigenen Immunsystems, die für entzündlich-rheumatische Erkrankungen typisch sind, können viele Organe und Gewebe im ganzen Körper betreffen. Besonders häufig ist die Lunge in das Entzündungsgeschehen eingebunden. Dann kommt es zu einer so genannten interstitiellen Lungenerkrankung, in deren Verlauf das Lungengewebe zunehmend vernarben und an Funktion verlieren kann. Welche Fortschritte es in der Diagnose und Therapie dieser für die Patient:innen sehr belastenden und mit einer erhöhten Sterblichkeit verbundenen Erkrankung gibt, wird ein Thema auf dem Deutschen Rheumatologiekongress 2022 sein. Auch am 1. September 2022 auf der Kongress-Pressekonferenz werden aktuelle Forschungsergebnisse zu den interstitiellen Lungenerkrankungen vorgestellt.

Das Risiko dafür, dass das Krankheitsgeschehen auf die Lunge übergreift, ist nicht bei allen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen gleich hoch. Besonders häufig tritt die kurz als ILD bezeichnete interstitielle Lungenerkrankung bei der systemischen Sklerose, der rheumatoiden Arthritis (Gelenkrheuma), dem Sjögren-Syndrom und den hauptsächlich die Muskeln betreffenden Myositiden auf. „Genaue Angaben zur Häufigkeit der ILD sind jedoch schwierig“, sagt Professor Dr. med. Andreas Krause, Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und Kongresspräsident. Nicht alle Patientinnen würden konsequent auf einen möglichen Lungenbefall hin untersucht, zudem sei der Übergang zwischen gering ausgeprägten, eher harmlosen Lungenbefunden und einer klinisch bedeutsamen ILD fließend.

Mittlerweile sind jedoch einige Risikofaktoren bekannt, die eine Lungenbeteiligung bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen besonders wahrscheinlich machen. Bei der rheumatoiden Arthritis (RA) etwa sind fast ausschließlich Patientinnen und Patienten betroffen, bei denen sich der so genannte Rheumafaktor und bestimmte als ACPA bezeichnete Antikörper im Blut finden. Auch entwickeln männliche RA-Patienten häufiger eine ILD als Frauen, Raucher häufiger als Nichtraucher. „Darüber hinaus wurde vor Kurzem ein genetischer Risikofaktor für eine Lungenbeteiligung bei der RA entdeckt“, berichtet Krause. Während das durchschnittliche ILD-Risiko bei 5 bis 10 Prozent liege, seien Männer mit dieser genetischen Besonderheit zu fast 20 Prozent betroffen. Bei anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, etwa der systemischen Sklerose und bestimmten Muskelentzündungen, liegt der Anteil der Betroffenen zum Teil noch deutlich darüber – je nach Verlaufsform der Grunderkrankung und Art der verursachenden Autoantikörper entwickeln zwischen 30 und 70 Prozent der Patientinnen und Patienten eine Lungenbeteiligung. Für die Therapie der rheumabedingten ILD steht mittlerweile eine Reihe von gut wirksamen Medikamenten zur Verfügung, die die überschießende Immunaktivität bremsen und so das Lungengewebe schützen. „Allerdings ist die wissenschaftliche Evidenz für ihren Einsatz weiterhin gering“, sagt Krause – sie beruhe im Wesentlichen auf Registerdaten, Fallserien und Einzelberichten. Kontrollierte Studien seien nach wie vor rar und würden dringend benötigt.

Neben der Immunsuppression gewinnt ein weiteres Wirkprinzip bei der Behandlung der ILD an Bedeutung: So genannte Antifibrotika sollen die entzündungsbedingte Umwandlung von funktionellem Lungengewebe in Narbengewebe unterbinden und so das Voranschreiten der Lungenfibrose zumindest verlangsamen. Erste Studien zeigen, dass ILD-Patientinnen und -Patienten mit unterschiedlichen rheumatischen Grunderkrankungen davon profitieren, insbesondere wenn die immunsuppressive Therapie von einer Behandlung mit Antifibrotika flankiert wird. Voraussetzung dafür, die ILD effektiv therapieren und die Lungenfunktion bestmöglich erhalten zu können, ist jedoch eine frühe Diagnosestellung. „Die Herausforderung besteht hier darin, dass eine ILD zu jedem Zeitpunkt der rheumatischen Erkrankung neu entstehen kann“, sagt Kongresspräsident Krause. Manchmal sei dies sogar noch vor der Rheumadiagnose selbst der Fall. Bei jeder neu diagnostizierten ILD solle daher auf eine möglicherweise zugrundeliegende rheumatische Erkrankung geachtet werden. Umgekehrt sollten alle Rheumapatient:innen auf eine mögliche ILD hin untersucht werden. Dabei müssen mindestens die Lunge abgehört und mögliche Symptome wie Husten oder Luftnot abgefragt werden. Goldstandard für die Diagnose der ILD ist jedoch die Dünnschicht-Volumen-Computertomographie. Empfehlungen dazu, welche Methode unter welchen Voraussetzungen und in welchen Abständen eingesetzt werden sollte, werden derzeit in einer interdisziplinären Leitlinie ausgearbeitet.

Ohnehin sind Diagnose und Therapie der rheumabedingten ILD von Anfang an eine interdisziplinäre Aufgabe, betont Krause. „Schon bei Verdacht auf eine ILD – und erst recht beim Nachweis der Erkrankung – sollten das diagnostische Vorgehen, die erhobenen Befunde und die Therapie in interdisziplinären Konferenzen unter Beteiligung von Fachärzte:innen aus der Rheumatologie, Pulmonologie, Radiologie und Pathologie besprochen werden.“ Auf der hybriden Kongress-Pressekonferenz am 1. September wird auch Thema sein, inwieweit Rheuma seinen Ursprung in der Lunge haben kann – etwa bedingt durch Luftverschmutzung.

Literatur:

Eulert et al. A STANDARDIZED ASSESSMENT OF TREATMENT AND OUTCOME OF NEWLY DIAGNOSED PATIENTS WITH JIA WITHIN THE PROKIND PROJECT – PATHWAYS FOR POLYARTICULAR JIA. ARD volume 81, supplement 1, year 2022, page 315.

Horneff et al. PROTOCOLS ON CLASSIFICATION; MONITORING AND THERAPY IN CHILDREN’S RHEUMATOLOGY (PRO-KIND): RESULTS OF THE WORKING GROUP POLYARTICULAR JUVENILE IDIOPATHIC ARTHRITIS: Pediatric Rheumatology 2017; 15:78

Trincianti et al. DEFINITION AND VALIDATION OF THE AMERICAN COLLEGE OF RHEUMATOLOGY 2021 JUVENILE ARTHRITIS DISEASE ACTIVITY SCORE CUTOFFS FOR DISEASE ACTIVITY STATES IN JUVENILE IDIOPATHIC ARTHRITIS. Arthritis Rheumatol. 2021 Nov; 73(11):1966-1975

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Im Estrel Congress Center stehen wir Ihnen von Mittwoch, dem 31. August 2022, 16:00 Uhr, bis Freitag, dem 2. September 2022, im Pressebüro für Fragen gerne zur Verfügung.
Das Pressebüro finden Sie im Auditorium Bereich in der 1. OG im Raum VI.

Kongress-Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Rheumatologiekongresses 2022 (hybrid)

Termin: Donnerstag, 1. September 2022, 12.00 bis 13.00 Uhr

Ort: Hotel Estrel Berlin, Estrel Saal B

Adresse: Sonnenallee 225, Berlin

Link: https://attendee.gotowebinar.com/register/8732517485109733135

Vorläufige Themen und Referierende

Wenn Rheuma die Lunge betrifft: Aktuelle Forschungsergebnisse zu interstitiellen Lungenerkrankungen

Professor Dr. med. Andreas Krause, Präsident der DGRh, Ärztlicher Direktor und Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin, Fachabteilung Innere Medizin, Rheumatologie, Klinische Immunologie und Osteologie

Immer weniger Operationen aufgrund von Rheuma – ein Trugschluss? Warum Qualität in spezialisierten Zentren für operative Rheumatologie so wichtig ist
Professor Dr. med. Andreas Niemeier, Kongresspräsident der DGORh, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Krankenhaus Reinbek St. Adolf Stift

Augenentzündung bei Kindern:
Die Hälfte der Betroffenen kämpfen mit Langzeitfolgen – warum?

Professor Dr. med. Kirsten Minden, Kongresspräsidentin der GKJR, Kinderrheumatologin an der Universitäts-Kinderklinik, Charité, Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ), Leiterin der AG Kinder- und Jugendrheumatologie am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Berlin

Gesundheitskompetenz – Verstehen und verstanden werden

Rotraut Schmale-Grede, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga, Bonn

Feinstaub, Pestizide & Co: Zusammenhang von Umweltschmutz und rheumatischen Erkrankungen

Professor Dr. med. Hendrik Schulze-Koops, Leiter der Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München

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ANTWORTFORMULAR:

O        Ich werde online an der Kongress-Pressekonferenz teilnehmen. Anmeldung unter: https://attendee.gotowebinar.com/register/8732517485109733135

O        Ich werde an der Kongress-Pressekonferenz vor Ort in Berlin teilnehmen.

O        Bitte informieren Sie mich kontinuierlich über den Kongress der DGRh.

O        Bitte schicken Sie mir keine Informationen zur DGRh mehr.

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Über die DGRh

Die DGRh ist mit mehr als 1600 Mitgliedern die größte medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft in Deutschland im Bereich der Rheumatologie. Sie repräsentiert hierzulande seit 90 Jahren die rheumatologische Wissenschaft und Forschung und deren Entwicklung. Als gemeinnütziger Verein arbeitet die DGRh unabhängig und ohne Verfolgung wirtschaftlicher Ziele zum Nutzen der Allgemeinheit.