Versorgung von Long-COVID-Betroffenen und psychiatrisch behandelten Menschen verbessern

Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) hat deutschlandweit insgesamt 35 neue Vorhaben zur Versorgungsforschung für eine Förderung ausgewählt. Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin leiten zwei dieser Projekte, an zwei weiteren Vorhaben ist die Charité beteiligt. Ziel ist es, die Gesundheitsversorgung weiterzuentwickeln und kontinuierlich zu verbessern. Ein aktueller Schwerpunkt: Übergänge und Schnittstellen im Gesundheitswesen.

Der Innovationsfonds unterstützt Projekte mit Modellcharakter, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen. Dabei stellen die gewonnenen Erkenntnisse Weichen, denn sie sind Grundlage gesetzlicher Entscheidungen. Prof. Dr. Liane Schenk, derzeit Sprecherin der Plattform – Charité Versorgungsforschung: „Die Projekte, die wir nun umsetzen können, nehmen verstärkt Versorgungsverläufe in den Fokus, um Abläufe der Gesundheitsfürsorge insbesondere an den Sektorengrenzen – beispielsweise zwischen Klinik und ambulanter Versorgung – besser zu verstehen und zu optimieren. Damit das gelingen kann, werden verschiedenste Datenquellen und methodische Ansätze kombiniert. Einbezogen werden die Sichtweisen aller Beteiligten im Versorgungsprozess, wobei die Perspektive der Patientinnen und Patienten zentral ist.“

Die neuen Versorgungsforschungsprojekte an der Charité:

Best-Practice für die Entlassung psychiatrisch behandelter Menschen

Der Übergang von der stationären oder teilstationären Versorgung in die ambulante Weiterversorgung ist für Patient:innen mit psychischen Erkrankungen ein besonders wichtiger und kritischer Schritt im Behandlungsverlauf. Er ist gesetzlich geregelt, allerdings wurde das psychiatrische Entlassmanagement bislang noch nicht tiefergehend betrachtet. Wissenschaftler:innen des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft sowie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie evaluieren nun gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse das Entlassmanagement im Bereich Psychiatrie. Die Forschenden wollen unter anderem Versorgungsverläufe an dieser sensiblen Schnittstelle analysieren und dabei regionale wie auch zeitliche Trends berücksichtigen. Erfahrungen der Patient:innen und der Leistungserbringenden werden gleichermaßen einbezogen, um mögliche Hürden zu identifizieren. Das Ziel ist ein Leitfaden mit Best-Practice-Modellen für die Entlassung psychiatrisch behandelter Menschen in die ambulante Versorgung.

Projekt: E2-PSY – Evaluation des Entlassmanagements gemäß §39 Absatz 1a SGB V von (teil-)stationär-psychiatrisch behandelter Menschen
Leitung: Dr. Julie O’Sullivan, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, und Dr. Stefanie Schreiter, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Campus Charité Mitte

Bessere Versorgung für Long-COVID-Betroffene

Eine Infektion mit COVID-19 kann zu gesundheitlichen Langzeitfolgen führen, die längst noch nicht aufgeklärt sind und deren Versorgung Patient:innen wie auch Behandelnde vor Herausforderungen stellt. In diesem Projekt wollen Forschende die Symptomatik und die aktuelle gesundheitliche Versorgung eingehend analysieren, sodass Betroffene mit dem Krankheitsbild Long-COVID oder Post-COVID zukünftig besser versorgt werden können. Über zwei Jahre hinweg werden sie zusammen mit dem BKK Dachverband e.V. deutschlandweit Krankenkassen-Routinedaten erheben und auswerten. Eine Gruppe von Patient:innen soll zusätzlich näher untersucht und standardisiert befragt werden. Ein Expertenpanel aus Betroffenen, ambulanten Versorgern und weiteren beteiligten Institutionen begutachtet anschließend die Ergebnisse, um Empfehlungen für eine verbesserte Versorgung abzuleiten. Ziel sind Leitfäden für Post-COVID-Erkrankte und ihre primären Versorger, häufig sind dies Hausärztinnen und Hausärzte.

Projekt: LCovB – Die Versorgungssituation von Long-COVID-Betroffenen verbessern
Leitung: Dr. Johanna Schuster, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, und Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen, Kommissarische Direktorin des Instituts für Medizinische Immunologie

Beteiligt ist die Charité darüber hinaus als Konsortialpartnerin an folgenden Projekten:

Dissolve-E: Digitalisierung eines übergeordneten Leitlinienregisters für ein offenes, leitlinienbasiertes, vertrauenswürdiges Behandlungsumfeld. Konsortialführung hat die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V., Projektleiterin an der Charité ist Prof. Dr. Sylvia Thun, Core Unit Digitale Medizin und Interoperabilität, Berlin Institute of Health in der Charité (BIH).

NUTSEN: Neue Therapien bei Seltenen Erkrankungen am Beispiel der sogenannten Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankung (NMOSD). Konsortialführung hat das Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Projektleiter an der Charité ist Prof. Dr. Friedemann Paul, Experimental and Clinical Research Center (ECRC).

Projektförderung durch den Innovationsausschuss
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seit 2016 den Auftrag, neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen, und Versorgungsforschungsprojekte, die auf einen Erkenntnisgewinn zur Verbesserung der bestehenden Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgerichtet sind, zu fördern. Um Förderungen aus dem Innovationsfonds zu realisieren, wurde beim G-BA ein Innovationsausschuss eingerichtet. Die gesetzlich vorgesehene Fördersumme für neue Versorgungsformen und Versorgungsforschung beträgt in den Jahren 2020 bis 2024 jeweils 200 Millionen Euro. 80 Prozent der Mittel sollen für die Förderung neuer Versorgungsformen verwendet werden, 20 Prozent der Mittel für die Förderung der Versorgungsforschung. Der Innovationsfonds wird von Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds getragen.

Weitere Informationen:

https://versorgungsforschung.charite.de/
https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/1110/
https://innovationsfonds.g-ba.de/downloads/media/344/2023-06-07_Gesamtuebersicht-gefoerderte-Projekte_VSF.pdf