Blutzucker schwankt stärker bei schwerer Depression

Original Titel:
Exploring the risk of glycemic variability in non-diabetic depressive individuals: a cross-sectional GlyDep pilot study

 
Kurz & fundiert
  • Fluktuationen des Blutzuckerspiegels bei Depression?
  • Bedeutsam für Herz-Kreislauf-Gesundheit
  • 18 Patienten mit Depression, in zwei Gruppen je nach Schweregrad
  • Blutzuckermessung alle 15 min über 2 Wochen
  • Stärkere Blutzuckerschwankungen und -extreme bei Patienten mit stärkerer Depression
  MedWiss – Wie die glykämische Variabilität, also Schwankungen des Blutzuckers, mit Depression zusammenhängt, speziell bei Personen, bei denen kein Diabetes diagnostiziert wurde, ist bislang nicht gut untersucht. Eine kleine Pilotstudie zeigte, dass Patienten mit stärkeren depressiven Symptomen (CES-D ≥ 33) ohne Diabetes-Erkrankung eine höhere glykämische Variabilität aufweisen. Die Koexistenz von Blutzucker-Problemen und Depression könnte zu einem erhöhten Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen beitragen. 
Es besteht ein bidirektionaler Zusammenhang zwischen Diabetes und Depression. Diabetes kann das Risiko für eine Depression erhöhen und Depression kann die Entstehung eines Diabetes begünstigen, zeigten neuere Analysen. Die glykämische Variabilität (GV) beschreibt Fluktuationen des Blutzuckerspiegels. Zur Einschätzung werden Ausmaß (Amplitude) und Dauer von Blutzucker-Änderungen, Abweichungen relativ zum durchschnittlichen Blutzuckerspiegel oder die Häufigkeit von Extremwerten im Tagesverlauf analysiert. Kommt es zu Schwankungen über Zielwerte hinaus, steht dies in Zusammenhang mit Gefäßschädigungen (mikrovaskulären Komplikationen) und oxidativem Stress. Wie die glykämische Variabilität mit Depression zusammenhängt, speziell bei Personen, bei denen kein Diabetes diagnostiziert wurde, ist bislang nicht gut untersucht, ist aber für die Herz-Kreislauf-Gesundheit bedeutsam.

Fluktuationen des Blutzuckerspiegels bei Depression?

In der vorliegenden Pilotstudie untersuchten Wissenschaftler kontinuierliche Blutzuckermessungen zur Einschätzung der glykämischen Variabilität bei Menschen mit Depression. Das Blutzuckermessgerät wurde von den Teilnehmern zwei Wochen lang getragen. Blutzuckerspiegel wurden alle 15 min erfasst. Der Schweregrad der Depression der Studienteilnehmer wurde zu Beginn mit Hilfe einer Depressionsskala (CES-D, Center for Epidemiological Studies – Depression) bestimmt. Auf dieser Basis wurden Patienten in zwei Gruppen eingeordnet, mit CES-D-Scores ≥ 33 (stärker depressiv) und mit CES-D-Scores < 33. Die Wissenschaftler analysierten, ob die Gruppen sich in ihrer glykämischen Variabilität unterschieden. Dazu betrachteten die Autoren mehrere Maße für die Variabilität des Blutzuckers.

Pilotstudie mit 18 Teilnehmern: Blutzuckermessung alle 15 min über 2 Wochen

Insgesamt konnten 18 Patienten mit Depression, die in der Studienklinik vorstellig wurden, zur Teilnahme gewonnen werden. Von ihnen führten 4 die Untersuchung nicht vollständig durch. Dies ergab Daten über 196 Patiententage, von denen 98 Patiententage in der Gruppe mit stärkerer Depression (CES-D ≥ 33) und 98 Patiententage zu CES-D < 33 vorlagen. Der Langzeit-Blutzuckerwert HbA1c war bei Patienten mit CES-D ≥ 33 signifikant höher als in der anderen Patientengruppe:
  • HbA1c: CES-D ≥ 33: 5,52 ± 0,34 vs. CES-D < 33: 4,82 ± 0,59; p = 0,020
Auch mehrere GV-Maße wiesen signifikant höhere Werte in der Patientengruppe mit schwererer Depression (CES-D ≥ 33) auf:
  • CONGA (continuous overall net glycemic action, mg/dl): 76,48 ± 11,9 vs. 65,08 ± 7,12; p = 0,048
  • MAGE (mean amplitude of glycemic excursion, mg/dl): 262,50 ± 25,65 vs. 227,54 ± 17,72; p = 0,012
  • MODD (absolute means of daily differences, mg/dl): 18,59 ± 2,77 vs. 13,14 ± 2,39; p = 0,002
  • MAG (mean absolute glucose, mg/dl): 92,07 ± 6,24vs. 63,86 ± 9,38; p <= 0,001

Stärkere Blutzuckerschwankungen und -extreme bei Patienten mit stärkerer Depression

Demnach zeigte diese kleine Pilotstudie, dass Patienten mit stärkeren depressiven Symptomen (CES-D ≥ 33), ohne Diabetes, eine höhere glykämische Variabilität aufweisen. Die Koexistenz von Blutzucker-Problemen und Depression könnte womöglich zu einem erhöhten Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen beitragen. Weitere Untersuchungen des Zusammenhangs sind nötig, jedoch ist schon auf dieser Basis deutlich, dass bei der Behandlung von Depression auch besonders auf das Ernährungsverhalten, körperliche Aktivität und eventuell Blutzucker-beeinflussende Medikationen geachtet werden sollte.    
   

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