Musikhören für längeren Schlaf bei Demenz

Original Titel:
Listening in Persons With Dementia: A Feasibility Randomized Clinical Trial.

 
Kurz & fundiert
  • Kann Musik Menschen mit Demenz beim Einschlafen helfen?
  • Machbarkeitsstudie mit 33 Teilnehmern plus Betreuern
  • Randomisierte Studie: Warteliste oder Musik
  • 30 min entspannende Musik zum Einschlafen über 28 Tage
  • Befragungen und Aktigraphie
  • Längere Schlafdauer mit Musik, Verbesserung von Schlaflatenz in beiden Gruppen
  • Machbar und akzeptabel, weitere Studien nötig
  MedWiss Ob Musik den Schlaf bei Personen mit Demenz unterstützen kann, untersuchte eine Machbarkeits-Studie mit 33 Patienten und ihren Betreuern. Individualisierte, entspannende Musik vor dem Einschlafen über 28 Tage verbesserte im Vergleich zur Kontrollgruppe die Schlafdauer geringfügig und war akzeptabel und machbar. Weitere Studien sollen diese ergänzende Schlafunterstützung weiter evaluieren.
Menschen mit einer Demenzerkrankung haben nicht selten einen gestörten Schlaf, der weitere Symptome verstärken und auch die Pflege der Patienten erschweren kann. Eine medikamentöse Behandlung der Schlafprobleme ist aufgrund von Multimedikation und Begleiterkrankungen limitiert und stellt meist nur eine Übergangslösung dar. Frühere Studien konnten demonstrieren, dass bestimmte musikalische Muster eine beruhigende Wirkung haben, die schlaffördernd ist. Ob Musik auch bei Personen mit Demenz den Schlaf unterstützen kann, untersuchte nun eine Machbarkeits-Studie.

Machbarkeitsstudie: Kann Musik beim Einschlafen von Menschen mit Demenz helfen?

Die Wissenschaftler wiesen randomisiert ältere Erwachsene mit Demenzerkrankung und ihre Betreuer entweder einer Warteliste (Kontrollgruppe) oder einer Musikintervention (Musikgruppe) zu. Beiden Gruppen wurden Grundsätze der Schlafhygiene empfohlen, etwa das Einhalten fester Rituale beim Zubettgehen, zu denen in der Musikgruppe das Hören der entspannenden Musik gehörte.

Randomisierte Studie: Warteliste oder 30 min entspannende Musik zum Einschlafen

Basierend auf dem Musikgeschmack der Personen mit Demenz erstellten die Autoren eine Musikauswahl über mindestens 30 Minuten, einem langsamen, stabilen Rhythmus und 60 – 80 Beats pro Minute (bpm), vorwiegend niedrig-frequenten Tönen und ohne Lyrik oder prominentes Schlagzeug/Percussion. Die Teilnehmer der Musikgruppe sollten diese schlafinduzierende Musik jeden Tag über 28 Tage zur Schlafenszeit für 30 Minuten anhören. Effekte der Intervention wurden mittels Fragebögen und Schlaftagebüchern sowie aktigraphisch erfasst. Insgesamt 33 Demenzpatienten im durchschnittlichen Alter von 71,7 Jahren (davon 72,7 % Frauen) und betreuende Personen im durchschnittlichen Alter von 58,4 Jahren nahmen an der Studie teil. Die meisten Betreuer und Patienten berichteten, dass sowohl die Musikauswahl als auch die Intervention akzeptabel waren. In qualitativen Interviews wurden die ausgewählten Musikstücke vor allem als entspannend und angenehm zu hören empfunden. Zudem wurde berichtete, dass sie den Schlaf der dementen Personen zu fördern schienen. Manche Patienten berichteten zudem, dass die Musikauswahl Erinnerungen wachrief. In beiden Gruppen verbesserte sich der Schlaf (z. B. Schlaflatenz). Die Gesamt-Schlafdauer nahm in der Kontrollgruppe ab und erhöhte sich in der Musikgruppe. Aktigraphisch konnten nur kleine bis moderate Effekte gezeigt werden. Subjektive Bewertungen des Schlafs blieben in der Kontrollgruppe stabil, verbesserten sich jedoch in der Musikgruppe. Einschätzungen von Schlafstörungen blieben weitgehend in beiden Gruppen stabil. Die Musikintervention erwies sich als machbar: Mehr als 90 % der Teilnehmer führten die Studie zu Ende durch.

Hohe Machbarkeit, gute Akzeptanz, eventuell verbesserte Schlafdauer

Die Autoren schließen, dass die musikalische Unterstützung des Einschlafens bei Menschen mit Demenz machbar und meist für Patienten und Betreuer angenehm ist. Die Teilnehmer fanden jedoch teils die Befragungen im Rahmen der Studie zu aufwändig. Beide Gruppen verbesserten ihren Schlaf in objektiven Maßen wie beispielsweise der Schlaflatenz. Die Musikintervention schien zusätzlich einen kleinen positiven Effekt auf die Schlafdauer zu haben. Die Studie stellt somit einen ersten Schritt für eine individualisierte Musikintervention bei Demenz dar und betont die bereits bekannte Bedeutung von Ritualen im Rahmen des Zubettgehens.            
 

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