Multiple Sklerose

Chancen durch personalisierte Medizin: Hoffnung auf einen Neustart für das Multiple Sklerose-Immunsystem

Original Titel:
Long-term Outcomes After Autologous Hematopoietic Stem Cell Transplantation for Multiple Sclerosis.

Aggressive Formen der Multiplen Sklerose lassen sich nicht immer erfolgreich mit den klassischen immunmodulatorischen Medikationen behandeln. Starke Behinderung und hohe Mortalität sind die Folgen. Ist das Immunsystem derart erkrankt, kann es, beispielsweise durch Bestrahlung, zerstört und mit vorher entnommenen Stammzellen neu aufgebaut werden (autologe Stammzelltransplantation, AHSCT). Körpereigene multipotente Stammzellen können sich nämlich in jede Körperzelle entwickeln. Daraus entwickelte personalisierte Medizin kann auch für Erkrankungen wie Multiple Sklerose eine neue Chance eröffnen.

Langfristige Effekte der Stammzelltransplantation wurden nun in einer Multizentrenstudie von Gehirnforscher Prof. Muraro vom Imperial College London in Großbritannien und Kollegen von 25 Kliniken in 13 Ländern untersucht. Dabei wurden Faktoren wie Alter, Verlaufsform der Multiplen Sklerose und bisherige Behandlungen berücksichtigt. Das Fortschreiten des Schweregrads der krankheitsbedingten Behinderung verfolgten die Forscher mit der EDSS-Skala (expanded disability status scale).

In dieser auch rückblickenden Studie wurden Daten von 281 Patienten über im Mittel 6,6 Jahre (bis zu 16 Jahre) verfolgt. 88 % (218 von 281) der Patienten litten unter einer progredienten, also fortschreitend schlimmer werdenden Form der Multiplen Sklerose. Innerhalb von 100 Tagen nach der Transplantation, vermutlich aufgrund der Behandlung und möglicher Abstoßungsreaktionen, verstarben 8 Teilnehmer (2,8 %). 93 % der Patienten überlebten allerdings mindestens 5 Jahre. Mit der Stammzellbehandlung konnte die Erkrankung mit einer Wahrscheinlichkeit von 46 % über einen Beobachtungszeitraum von 5 Jahren gestoppt werden. Im Mittel stabilisierten sich die Patienten dabei auf einem EDSS-Wert von 6,5, der bedeutet, dass die Patienten noch kurze Strecken selbständig gehen können und immerhin eingeschränkt arbeitsfähig sind. Faktoren, die den Behandlungseffekt begünstigten, waren jüngeres Alter, schubweise auftretende Multiple Sklerose, ein geringerer Grad der krankheitsbedingten Beeinträchtigung (niedrigerer EDSS-Wert) zu Beginn der Behandlung sowie eine geringere Zahl vorheriger krankheitsmodifizierender, immuntherapeutischer Behandlungen.

Stammzelltransplantation birgt also die Chance des Neustarts für ein hyperaktives, aggressives Immunsystem. Damit könnten möglicherweise auch schwerbetroffene Patienten auf ein verlängertes, gesünderes Leben hoffen. Weitere Studien sollen nun aber klären, welche Patienten den größten Nutzen haben und zugleich das geringste Risiko bei dieser Therapie tragen müssten.

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