Sleeping Beauty ermöglicht effizienten Gentransfer in blutbildende Stammzellen des Menschen

Die Gentherapie mit blutzellbildenden Stammzellen zielt darauf ab, eine lebenslange therapeutisch wirksame Korrektur dieser Zellen bei Menschen mit bestimmten genetischen Erkrankungen vorzunehmen. Dieser Behandlungsansatz hat sich in klinischen Prüfungen als wirksam erwiesen, wobei das Risiko der Entwicklung von Leukämien so gering wie möglich gehalten werden muss. Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) haben in einem internationalen Forschungsverbund ein Verfahren entwickelt, mit dem sie „Springende Gene“ (Transposons) nutzen, um Gene effizient zu übertragen und im Genom der modifizierten Zellen zu verankern. Über die Forschungsergebnisse berichtet Molecular Therapy.

Bei der Gentherapie bestimmter Erbkrankheiten wird mithilfe bestimmter Transportvehikel, die auch als Genfähren oder Vektoren bezeichnet werden, das therapeutische Gen in die Zielzellen übertragen. Der Gentransfer in blutbildende Stammzellen, die sogenannten hämatopoetischen Stammzellen, wird erfolgreich in klinischen Prüfungen zur Behandlung verschiedener genetischer Erkrankungen erprobt, bei denen die Erkrankung durch einen Defekt in nur einem Gen (monogenetisch) hervorgerufen wird. Hierzu gehören beispielsweise bestimmte angeborene Immundefekte wie die Gruppe der schweren kombinierten Immundefekte (SCID, Severe Combined Immundeficiency Disorder). In einigen klinischen Studien kam es allerdings vereinzelt zur Entwicklung von Mutationen und Krebserkrankungen (Leukämie). Große Anstrengungen werden seitdem unternommen, um sicherere Vektorsysteme zu entwickeln.

Wissenschaftler um Dr. Zoltán Ivics, Leiter der Abteilung Medizinische Biotechnologie des Paul-Ehrlich-Instituts, nutzen für den Gentransfer Sleeping Beauty, ein normalerweise springendes Gen (Transposon). Bei dem Sleeping-Beauty-Transposon-System (SB-Transposon-System) handelt es sich um eine nicht virale Genfähre, die in der Herstellung nicht teuer und in der Anwendung vergleichsweise einfach ist. Bisher war jedoch aufgrund technischer Probleme die klinische Anwendung nicht möglich.

Ivics und Kollegen haben in einer internationalen Kooperation mit weiteren Forschern aus Deutschland sowie Spanien und Frankreich nachgewiesen, dass sich mit dem SB-Transposon-System bei Verwendung von Minicircle-DNA Gene 20-mal effizienter übertragen lassen als bisher. Die Minicircle-DNA ist sehr klein, weil für den Herstellungsprozess von Plasmiden verwendete Gensequenzen entfernt wurden.

Zudem ließ sich durch die Bereitstellung des für den Gentransfer erforderlichen Enzyms Transposase in Form einer synthetischen Boten-DNA (mRNA) die Wirksamkeit und Sicherheit des stabilen Gentransfers ex vivo (außerhalb des Körpers) in die blutbildenden Stammzellen deutlich steigern.

„Wir haben den Gentransfer mit dem Sleeping-Beauty-Transposon-System methodisch so weiterentwickelt, dass eine klinische Nutzung dieser Methode denkbar ist“, beschreibt Ivics den potenziellen Nutzen dieser Forschungsergebnisse.

Hintergrund: Transposon „Sleeping Beauty“ und Springende Gene

Ein Transposon – springendes Gen – ist ein DNA-Abschnitt, der seine Position im Genom verändern kann (Transposition). Die Fähigkeit, sich in das Genom zu integrieren, lässt sich für den Gentransfer nutzen. „Sleeping Beauty“ ist ein künstliches Transposon, das von Transposons abgeleitet wurde, die schon vor mehr als zehn Millionen Jahren in Fischen vorkamen. In Anlehnung an Grimms Dornröschen wurde es „Sleeping Beauty“ genannt.

Originalpublikation
Holstein M, Mesa-Nuñez C, Miskey C, Almarza E, Poletti V, Schmeer M, Grueso E, Ordóñez Flores JC, Kobelt D, Walther W, Aneja MK, Geiger J, Bonig HB, Izsvák Z, Schleef M, Rudolph C, Mavilio F, Bueren JA, Guenechea G, Ivics Z (2018): Efficient Non-viral Gene Delivery into Human Hematopoietic Stem Cells by Minicircle Sleeping Beauty Transposon Vectors.
Mol Ther Jan 17 [Epub ahead of print].
Text

Das Paul-Ehrlich-Institut in Langen bei Frankfurt am Main ist als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel eine Bundesoberbehörde im Geschäfts­bereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Es erforscht, bewertet und lässt bio­medizinische Human-Arzneimittel und immunologische Tierarzneimittel zu und ist für die Genehmigung klinischer Prüfungen sowie die Pharmakovigilanz – Erfassung und Bewertung möglicher Nebenwirkungen – zuständig.

Die staatliche Chargenprüfung, wissenschaftliche Beratung/Scientific Advice und Inspektionen gehören zu den weiteren Aufgaben des Instituts. Unverzichtbare Basis für die vielseitigen Aufgaben ist die eigene experimentelle Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin und der Lebenswissenschaften.

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