Interstitielle Zystitis

Ständiger Harndrang verbunden mit Blasenschmerzen? Vielleicht eine Interstitielle Zystitis?

Original Titel:
Voiding diary might serve as a useful tool to understand differences between bladder pain syndrome/interstitial cystitis and overactive bladder

„Am schlimmsten ist das Gefühl, keine Hilfe zu bekommen. Jeder Behandlungsversuch schlug fehl.“ Die Interstitielle Zystitis (IC/BPS) wird oft mit anderen Erkrankungen wie Harnwegsinfektionen, überaktive Blase, aber auch gynäkologischen Erkrankungen wie Endometriose verwechselt. Auch für Nicole (41) war es ein langer Weg bis zur IC-Diagnose – nachdem Sie die in immer kürzeren Abständen auftretenden und stärker werdenden Blasenentzündungen, verbunden mit schmerzhaftem Harndrang, nicht mehr mit Antibiotika und D-Mannose in den Griff bekam, wurde Ihr bewusst, dass das nicht normal sein kann und sich etwas ändern musste.

Eine Interstitielle Zystitis wird zu selten und oft sehr spät erkannt, da sie zu wenig bekannt ist und ihre Symptome sehr komplex sind – viele Untersuchungen bringen häufig keine eindeutigen Ergebnisse oder positiven Nachweis für IC.

Brennende, stechende Schmerzen beim Wasserlassen, heftiger Harndrang und Bauchkrämpfe sind typisch für einen Harnwegsinfekt – verordnete Antibiotika, oder auch pflanzliche Präparate sowie D-Mannose-Präparate bringen zunächst Besserung. Ist eine zugrundeliegende Interstitiellen Zystitis die Ursache für wiederkehrende Blasenentzündungen und wird nicht erkannt, kann die Wirkung von Antibiotika mit der Zeit wirkungslos werden. Bei Nicole waren oft keine Bakterien im Urin nachweisbar, d. h., dass die Urinbefunde negativ waren. Trotzdem verschrieb ihr Arzt immer wieder ein Antibiotikum gegen Bakterien. Routine schleicht sich ein und viele Betroffene beginnen eine Antibiotikabehandlung, nachdem Sie die letzte gerade erst beendet haben oder resignieren, wenn vermeintliche Harnwegsinfekte immer wieder und immer häufiger auftreten.

In dieser Situation kommt es darauf an, die Symptome genau zu erfassen und abzugrenzen. Anzeichen für eine Interstitielle Zystitis sind sehr häufige Toilettengänge, d. h. unter Umständen bis zu 60 Mal am Tag und häufig auch in der Nacht, starker Harndrang verbunden mit Blasen- und Harnröhrenschmerzen, wobei diese typischerweise während der Blasenfüllung, also vor dem Wasserlassen (Miktion) auftreten und unmittelbar nach der Miktion nachlassen. Mit zunehmender Füllung steigen Harndrang und Schmerz wieder an. Dabei werden die Schmerzen in Blase und Harnröhre oft als brennend, glühend, stechend oder schneidend beschrieben. Auch die Blasenentleerung selbst kann schmerzhaft sein, wenn eine Blaseninfektion zur Interstitiellen Zystitis hinzukommt. An eine Interstitiellen Zystitis sollte man auch bei ausstrahlenden bzw. als Becken- oder Rückenschmerzen beschriebenen Schmerzen denken.

Typische Symptome einer Interstitiellen Zystitis

  • Chronische Bauch- oder Unterleibsschmerzen: brennend, glühend, stechend, schneidend
  • Schmerzen vor dem Wasserlassen (bei der Blasenfüllung) und kurzzeitige Erleichterung nach Wasserlassen
  • Druckgefühl oder Missempfindung in der Blase, der Harnröhre und im Beckenbereich
  • Sehr häufiges Wasserlassen am Tag (Pollakisurie), > 8 bis 60 Mal am Tag
  • Ständiger Harndrang, ohne Urinverlust auf dem Weg zur Toilette
  • Nächtliche Toilettengänge (unter Umständen mehr als 2 Mal pro Nacht), um quälende Blasenschmerzen zu verringern
  • Viele IC-Patienten haben begleitende Erkrankungen wie Lebensmittelunverträglichkeiten, Allergien, Migräne und Autoimmunerkrankungen

Das genaue Beobachten und Beschreiben der Symptome ist wichtig, da bakterielle Harnwegsinfekte häufig begleitend zu einer Interstitiellen Zystitis auftreten können; das bestätigt auch eine Studie mit 314 IC-Patientinnen, von denen 36 Prozent von begleitenden Harnwegsinfekten berichten (Warren JW et al., 2012).

Häufige Harnwegsinfekte nicht als normal hinnehmen!

Deshalb empfiehlt es sich, bei immer wiederkehrenden Harnwegsinfekten auch eine IC-Diagnostik in Betracht zu ziehen. Patienten sollten sich nicht scheuen, ihren behandelnden Arzt auf eine mögliche IC hinzuweisen, vor allem bei typischen Symptomen, wie hohe Miktionsfrequenz, Harndrang ohne Urinverlust und zusätzlich regelmäßig wiederkehrende und andauernde Schmerzen in Blase, Harnröhre oder Beckenbereich sowie mehr als zwei nächtliche Toilettengänge (Kim et al., 2014). Selbst für erfahrene Ärzte ist es nicht leicht, eine Interstitielle Zystitis bereits im Anfangsstadium zu erkennen, da bei diesen Symptomen immer noch viele andere Erkrankungen in Frage kommen, die der Arzt zunächst ausschließen muss, um die Diagnose Interstitielle Zystitis stellen zu können.

Deshalb ist neben einer gründlichen Anamnese das Führen eines Miktions- und Trinktagebuchs mit Schmerzerfassung sinnvoll. Dass dies die Diagnosestellung vereinfachen kann, bestätigten koreanische Wissenschaftler, indem sie Unterschiede zwischen den Erkrankungen Interstitielle Zystitis und überaktive Blase anhand eines Toilettenprotokolls (Miktionstagebuch) untersuchten (Kim et al., 2014). Dazu führten 49 Patienten mit Interstitieller Zystitis und 301 Patienten mit überaktiver Blase drei Tage lang ein Toilettenprotokoll. Daraus war ersichtlich, dass Patienten mit Interstitielle Zystitis häufiger tags und nachts bei kleineren Urinmengen zur Toilette mussten, im Vergleich zu Patienten mit überaktiver Blase (Kim et al., 2014).

Weitere Hinweise auf eine Interstitiellen Zystitis können verschiedene Laboruntersuchungen geben – gesichert wird die Diagnose IC durch eine Blasenspiegelung (Zystoskopie), wodurch der Urologe krankheitstypische Veränderungen des Blasengewebes (Hunner-Läsionen oder Glomerulationen, auch Petechien genannt) erkennt.

Interstitielle Zystitis: Je früher erkannt, desto wirksamer die Behandlung!

Mit der neuen Patientenleitlinie „Diagnostik und Therapie der Interstitiellen Cystitis (IC/BPS)“ können sich Patienten zum Krankheitsbild, zur Diagnostik sowie den unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten der IC informieren und erfahren Wissenswertes zu Selbsthilfetechniken, die eine IC-Therapie unterstützen und in der Eigenverantwortung des Patienten liegen. Denn neben einer medizinischen, physiotherapeutischen und psychologischen Behandlung, usw. können sich Lebensstil- und Ernährungsumstellung positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken.

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