Krebs-Früherkennung: Saarbrücker Forscher untersuchen Biomarker im Blut

Ein Team aus Bioinformatikern und Biologen der Universität des Saarlandes hat in mehreren Studien nachgewiesen, dass im Blut von Lungenkrebs-Patienten bereits vor Ausbruch der Krankheit spezifische kurze Nukleinsäuren – sogenannte microRNAs – zu finden sind. In einem Folgeprojekt, das Anfang 2020 gestartet ist, wollen die Forscher untersuchen, ob sich solche „Blut-Signaturen“ auch vor der Diagnose von Brustkrebs und Dickdarmkrebs nachweisen lassen.

Die Deutsche Krebshilfe fördert das Forschungsprojekt zur Früherkennung von Tumoren an der Saar-Uni mit insgesamt 370.000 Euro.

Je früher eine Krebserkrankung erkannt wird, umso größer sind meist die Heilungschancen. Wissenschaftler hoffen, dass es in ein paar Jahren möglich sein wird, Tumore über einen einfachen Bluttest frühzeitig nachzuweisen. Dies könnte künftig mithilfe so genannter micro-RNAs gelingen, die im Blut zirkulieren. Micro-RNAs sind spezifische Moleküle in der Ribonukleinsäure, die die Steuerung der Gene beeinflussen und bei der Krebsentstehung eine Rolle spielen. Ein Team um den Bioinformatiker Andreas Keller und den Humangenetiker Eckart Meese von der Universität des Saarlandes hat in einer 2019 veröffentlichten Studie gezeigt, dass micro-RNAs aus dem Blutserum von Lungenkrebspatienten einen anderen molekularen Fingerabdruck aufweisen als von gesunden Personen – und das bereits Jahre vor der Tumordiagnose: „Wir konnten sieben Jahre vor der Diagnose starke Unterschiede zwischen Lungenkrebs-Patienten und Kontrollproben finden“, erläutert Prof. Andreas Keller. (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31851411).

In ihrem aktuellen Projekt wollen Keller und Meese untersuchen, ob sich solche spezifischen Blut-Signaturen auch bei Brustkrebs und Dickdarmkrebs feststellen lassen; beide zählen gemeinsam mit Lungenkrebs zu den häufigsten Krebsarten. Für ihre Forschungen nutzen die Wissenschaftler Proben aus der weltweit größten Biobank, der norwegischen „Janus Serum Bank“. Analysiert werden soll das Blutserum von 60 Probanden – darunter 30 Krebspatienten und 30 gesunde Personen – zu drei identischen Zeitpunkten vor der Tumor-Diagnose. „Die Spanne reicht von mehreren Jahrzehnten vor der Diagnose bis zum Zeitpunkt der Diagnose selbst“, erklärt Prof. Eckart Meese. Damit erfülle die Studie einen entscheidenden Aspekt, nämlich die Beobachtung einer Dynamik aus identischen Zeitabläufen, betont Meese, der das Institut für Humangenetik an der Universität leitet. In seinem Labor werden die Analysen der Blutproben auf 2.500 verschiedene microRNA-Moleküle durchgeführt.

Für die Auswertung der Daten im Saarbrücker Zentrum für Bioinformatik wird Andreas Keller Methoden des statistischen Lernens nutzen: „Indem wir die individuellen Blutsignaturen den Kategorien ‚Krebs ja‘ oder ‚Krebs nein‘ zuordnen, wollen wir Muster finden, die mit der späteren Entwicklung in Zusammenhang gebracht werden können“, erklärt der Bioinformatiker. Dabei müsse auch geklärt werden, wie variabel die Biomarker im Blut insgesamt seien, denn sicherlich spielten auch viele andere Faktoren, wie Alter und Geschlecht, eine Rolle.

Falls die aktuelle Janus-Langzeit-Studie einen eindeutigen Zusammenhang zwischen spezifischen micro-RNA-Mustern im Blut und dem späteren Auftreten von Brustkrebs oder Dickdarmkrebs zeigt, wäre das ein weiterer Schritt hin zu einer Krebs-Früherkennung mittels eines einfachen Bluttests. Doch selbst dann wird es nach Einschätzung der beiden Forscher noch etliche Jahre dauern, bevor ein marktreifer Test entwickelt sein wird.