COVID-19 / Erkrankung

Coronavirus in Island – Ausbreitung und Eindämmung

Original Titel:
Spread of SARS-CoV-2 in the Icelandic Population

MedWissIn der im Folgenden beschriebenen Studie aus Island waren junge Kinder und Frauen seltener mit dem Coronavirus infiziert als Jugendliche, Erwachsene und Männer. In zwei Bevölkerungsscreenings blieb die Anzahl der positiv getesteten Personen über 20 Tage hinweg gleich hoch. Dies lässt darauf schließen, dass die in Island ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Virusausbreitung effektiv waren.


Am 28. Februar 2020 wurde die erste Person in Island positiv auf das neue Coronavirus SARS-CoV-2 getestet. Wissenschaftler gingen mit ihrer Studie nun der Frage auf den Grund, wie das Virus nach Island gekommen ist und wie es sich dort verbreitet hat.

Die Wissenschaftler testeten zum einen gezielt Personen mit hohem Infektionsrisiko – also Personen mit Symptomen, Personen, die kürzlich in einem Hochrisikogebiet waren oder Personen, die Kontakt zu einer infizierten Person hatten (n = 9199). Zum anderen führten die Wissenschaftler zwei verschiedene Bevölkerungsscreenings durch. Für diese Screenings luden die Wissenschaftler bestimmte Einwohner Islands zum Virustest ein. Die offene Einladung zum Test, die an die gesamte Bevölkerung Islands gerichtet war, nahmen 10 797 Personen an. Der zweiten, zufallsverteilten (randomisierten) Einladung zum Test, die an 6782 Einwohner Islands im Alter von 20 bis 70 Jahren verschickt wurde, stimmten 2283 Personen zu.

Ergebnisse bei Hochrisikopersonen mit gezielten Tests

Von den 9199 Personen, die gezielt auf das Coronavirus getestet wurden, erhielten 13,2 % ein positives Testergebnis. Zu Beginn der Studie (31. Januar bis 15. März) wiesen 65 % dieser positiv getesteten Personen eine internationale Reisetätigkeit auf. Sehr viele Personen (86,1%) hatten dabei Regionen besucht, die Ende Februar als Hochrisikogebiet eingestuft wurden (China und Alpenregionen in Österreich, Italien und der Schweiz). Im Laufe der Studie nahm der Anteil der positiv getesteten Personen mit Reisehistorie deutlich ab (15,5 % bei den Tests, die zwischen dem 16–31. März stattfanden). Bei den gezielten Tests betrug der Anteil an Kindern mit positivem Testergebnis 6,7 % bei Kindern < 10 Jahre und 13,7 % bei Kindern ≥ 10 Jahre.

Ergebnisse der beiden Bevölkerungsscreenings

Bei den beiden Bevölkerungsscreenings erhielten 0,8 % der Personen mit offener Einladung und 0,6 % der Personen mit zufallsverteilter Einladung ein positives Testergebnis. Das Bevölkerungsscreening wurde 20 Tage lang durchgeführt – in dieser Zeit blieb die Anzahl an positiv getesteten Personen gleich hoch. 23,0 % der Personen, die im Rahmen der beiden Bevölkerungsscreenings positiv getestet wurden, waren kürzlich verreist. Bei den negativ getesteten Personen war dies nur bei 8,7 % der Fall. In den beiden Bevölkerungsscreenings gab es kein positives Testergebnis bei Kindern, die jünger als 10 Jahre alt waren. Von den Kindern, die 10 Jahre alt oder älter waren, wurden 0,8 % positiv getestet.

Symptome

43 % der positiv getesteten Personen gaben an, keine Symptome zu haben – allerdings muss davon ausgegangen werden, dass einige Personen im Laufe der Zeit Symptome entwickelten. Während der Studienlaufzeit nahm die Anzahl der Personen, die über Symptome berichteten, ab – dies lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass auch andere Atemwegsinfekte immer seltener auftraten.

Geschlechtsunterschiede

Bei den gezielten Tests der Hochrisikopersonen und in den Bevölkerungsscreenings gab es mehr positive Testergebnisse bei Männern als bei Frauen (16,7 % vs. 11,0 % bei den gezielten Tests und 0,9 % vs. 0,6 % bei den beiden Bevölkerungsscreenings).

Verschiedene Haplotypen des Coronavirus

Die Wissenschaftler sequenzierten 643 SARS-CoV-2-Proben. Die Haplotypen der sequenzierten Coronaviren unterschieden sich und änderten sich im Laufe der Zeit. Besonders auffallend war der Unterschied in der Zusammensetzung der Haplotypen bei den positiv getesteten Personen des Bevölkerungsscreenings und den Hochrisikopersonen, die in der frühen Studienphase getestet wurden.

Fazit

In dieser bevölkerungsbasierten Studie aus Island waren junge Kinder und Frauen seltener mit dem Coronavirus infiziert als Jugendliche, Erwachsene und Männer. Innerhalb der Testzeitraums blieb die Anzahl der positiv getesteten Personen in den beiden Bevölkerungsscreenings gleich hoch, sodass geschlussfolgert werden kann, dass die in Island ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Virusausbreitung (Fallisolierung, Quarantäne von Kontakten, Empfehlungen zur Selbstisolation, Verbot von Versammlungen von mehr als 20 Personen, soziale Distanzierung mit Abstand von mindestens 2 Metern, Besuchsverbote in Altenheimen und Krankenhäusern, Schließung von Universitäten, Quarantäne von Reiserückkehrern) effektiv waren.

[DOI: 10.1056/NEJMoa2006100]

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