FET-PET liefert hilfreiche Informationen zur Behandlung von Hirnmetastasen

Neue Krebstherapien wie die Immuntherapie und die zielgerichtete Therapie bergen große Chancen. Die Behandlungen richten sich nicht nur gegen den primären Tumor. Sie sollen auch Absiedlungen in anderen Organen – vor allem im Gehirn – bekämpfen. Die sogenannte Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit radioaktiv markierten Aminosäuren kann in solchen Fällen wertvolle Zusatzinformationen liefern, um den Erfolg einer Therapie zu beurteilen. Das zeigt eine Studie, die kürzlich im renommierten Fachmagazin Journal of Nuclear Medicine erschienen ist.  

Der Erstautor der Studie, Prof. Norbert Galldiks, beschäftigt sich am Forschungszentrum Jülich und an der Uniklinik Köln mit neueren diagnostischen Verfahren, die dazu beitragen sollen, die Versorgung von Patienten mit Hirntumoren zu verbessern. Im Interview beleuchtet er die neu gewonnenen Erkenntnisse. 

Herr Prof. Galldiks, für wen ist die Immuntherapie und die zielgerichtete Therapie relevant? 

Die Immuntherapie aktiviert das körpereigene Immunsystem, um Krebszellen zu zerstören. Die zielgerichtete Therapie umfasst Medikamente, die sich gegen bestimmte Merkmale der Krebszellen richten. Seit etwa zehn Jahren werden diese neuen Therapien gegen verschiedene Krebsarten eingesetzt und haben dazu beigetragen, die Überlebenschancen in vielen Fällen deutlich zu verbessern. Diese Erfolge waren sicher auch ein Grund dafür, dass die Entwicklung der Immuntherapie 2018 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.

Dieser Ansatz wird beispielsweise bei schwarzem Hautkrebs eingesetzt. Weitere Krebsarten sind unter anderem Lungenkrebs, Brustkrebs und Nieren- und Blasenkrebs. In den letzten Jahren konnte in Studien zudem nachgewiesen werden, dass diese neueren Therapieformen auch bei Gehirn-Absiedlungen, die auch als Hirnmetastasen bezeichnet werden, wirksam sind.

Weil sich die Lebenszeit bei vielen Krebserkrankungen durch die Entwicklung dieser Therapieformen insgesamt verlängert hat, kommt es in dieser längeren Zeitspanne auch immer häufiger vor, dass ein Tumor in andere Organe „streut“. Die Patienten, die wir in unserer Studie untersucht haben, hatten alle Absiedlungen im Gehirn, die von einem Lungentumor oder von einem bösartigen Hautkrebs, einem sogenannten Melanom, stammten.  

Was ist das Besondere an der neuen Methode?  

Die radioaktiv markierte Aminosäure F18-Fluorethyltyrosin (FET) für PET-Untersuchungen wurde in den 1990er Jahren am Forschungszentrum Jülich entwickelt. Das heißt, es gibt schon viel Erfahrung mit dieser Technik. FET lagert sich bevorzugt in Tumorzellen an, und kann so dabei helfen, Tumore genauer aufzuspüren. Die Erkenntnis, dass die Immuntherapie und zielgerichtete Therapie nicht nur das Wachstum von primären Tumoren, sondern auch von Hirnmetastasen eindämmen können, ist dagegen noch relativ neu. Unsere Studie hat jetzt zum ersten Mal in größerem Umfang gezeigt, dass die FET-PET als ergänzende Bildgebung hier wichtige Zusatzinformationen für die Entscheidungsfindung liefern kann.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen zusätzlichen Informationen? 

Das Problem ist, dass gerade die Immuntherapie zu Reaktionen führen kann, die sich mit der Standardmethode, der Magnetresonanztomografie (MRT) mit Kontrastmittel, nur schlecht interpretieren lassen. Hier sind vor allem entzündliche Veränderungen hervorzuheben, die durch die Immuntherapie ausgelöst werden können. Diese Veränderungen im Gewebe können leicht fälschlich als eine weitere Ausbreitung von Hirnmetastasen ausgelegt werden. Mithilfe der FET-PET-Bildgebung lässt sich die Genauigkeit dagegen auf 85 Prozent verbessern. Wir konnten so mehrere Fälle identifizieren, bei denen gar kein Metastasen-Wachstum vorlag.

Diese Unterscheidung ist enorm wichtig. Denn die Frage, die sich nach einer solchen Untersuchung stellt, ist ja: Muss ich die Therapie umstellen oder beibehalten? Wenn man eine effektive Therapie nicht unnötig abbricht, führt das letztlich zu einer Verlängerung der Lebenszeit.

Wie liefen die FET-PET Untersuchungen ab? 

Die überwiegende Zahl der Patienten wurde am Forschungszentrum Jülich untersucht. Zugewiesen wurden die Patienten innerhalb des Centrums für Integrierte Onkologie (CIO) vor allem durch das Hauttumorzentrum, die Lung Cancer Group Cologne und das Hirntumorzentrum der Uniklinik Köln. Weitere Untersuchungen fanden in Kooperation mit dem Hirntumorzentrum Zürich statt. Die Patienten wurden dort unabhängig vor Ort gemessen.

Wird das Verfahren jetzt auch im klinischen Alltag eingesetzt?  

Dass die Methode jetzt weitere Verbreitung bei Patienten mit Hirnmetastasen findet, hoffen wir sehr. Mittlerweile gibt es neben dem Forschungszentrum Jülich mehrere weitere Zentren in Deutschland, die die PET mit FET anbieten. Das Verfahren ist allerdings noch nicht allgemein zugelassen und die Kostenerstattung liegt im Ermessen der zuständigen Krankenkasse.

Originalpublikation:

Galldiks N, Abdulla DS, Scheffler M, Wolpert F, Werner JM, Huellner MW, Stoffels G, Schweinsberg V, Schlaak M, Kreuzberg N, Landsberg J, Lohmann P, Ceccon G, Baues C, Trommer M, Celik E, Ruge MI, Kocher M, Marnitz S, Fink GR, Tonn JC, Weller M, Langen KJ, Wolf J, Mauch C.
Treatment Monitoring of Immunotherapy and Targeted Therapy using 18F-FET PET in Patients with Melanoma and Lung Cancer Brain Metastases: Initial Experiences.
J Nucl Med. (published online 2020 Sep 4), doi: 10.2967/jnumed.120.248278

Kontakt für Patientenanfragen:

Neuroonkologische Spezialsprechstunde der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Uniklinik Köln