COVID-19 / Erkrankung

COVID-19: JAK-Hemmer plus Remdesivir wirkt

Original Titel:
Baricitinib plus Remdesivir for Hospitalized Adults with Covid-19

Kurz & fundiert

  • COVID-19: Hohe Viruslast gefolgt von massiver Immunreaktion
  • Antiinflammation ergänzend zur antiviralen Therapie: Was können JAK-Hemmer erreichen?
  • Schnellere Erholung mit der Kombination Remdesivir + Baricitinib
  • Januskinasehemmer: Ein echter Gamechanger bei COVID-19?

 

MedWiss – Das zweite Stadium von COVID-19, das bei einem Teil der Erkrankten und häufig ca. 7–8 Tage nach den ersten, noch milden Atemwegssymptomen auftritt, ist durch eine massive Immunantwort charakterisiert, in deren Zug Lungenschäden und Organstörungen voranschreiten. Daher wird zur antiviralen Behandlung auch eine antiinflammatorische Therapie eingesetzt. Wirkstoffe aus dem Bereich chronisch-entzündlicher Erkrankungen, etwa Januskinase-Hemmer, sind vielversprechende Kandidaten. Baricitinib wurde nun klinisch in Kombination mit Remdesivir geprüft und wurde einigen Hoffnungen gerecht. In der Kombination, verglichen mit Placebo, erholten sich schwer Erkrankte schneller und verbesserten rascher ihren klinischen Status. 


Der klinische Verlauf von COVID-19 ist durch eine anfängliche, milde Phase mit Symptomen der oberen Atemwege gekennzeichnet. Während dieser Phase steigert sich die Viruslast mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 und sinkt zunehmend im Anschluss. Nach 7 oder 8 Tagen schreitet die Erkrankung allerdings bei etwa 20 % der Patienten fort und entwickelt sich zu einer bilateralen Pneumonie mit Atemnot, Reduktion der Sauerstoffsättigung und zusätzlichem Sauerstoffbedarf. Dieses zweite Stadium ist durch eine massive Immunantwort charakterisiert, mit folgender Verschlechterung der Lungenschäden, Atemversagen mit teilweise notwendiger invasiver mechanischer Beatmung sowie Multiorganstörungen.

Das Behandlungsspektrum für diese schwere Form der Erkrankung ist begrenzt – aktuell wird vor allem das antivirale Remdesivir und besonders das antiinflammatorische Dexamethason eingesetzt, um die COVID-19-Pneumonie zu behandeln. Um die disregulierte Inflammation zu behandeln, werden auch antiinflammatorische Wirkstoffe aus dem Bereich chronisch-entzündlicher Erkrankungen untersucht. Dazu zählt Baricitinib, ein Januskinase-Hemmer, der nun in einer klinischen Studie in Kombination mit Remdesivir geprüft wurde.

Antiinflammation ergänzend zur antiviralen COVID-19-Therapie: Was können JAK-Hemmer erreichen?

Die Studie zur Wirksamkeit von Baricitinib plus Remdesivir bei Erwachsene mit COVID-19 in stationärer Behandlung wurde im randomisierten Doppelblindverfahren mit einer Placebo-Kontrolle durchgeführt. Alle Patienten erhielten Remdesivir für bis zu 10 Tage und entweder Baricitinib oder ein Placebo für bis zu 14 Tage. Vorrangig wurde geprüft, wie schnell sich die Patienten erholten. Nachrangig, als sekundäres Outcome, wurde der klinische Status am Tag 15 analysiert.

Insgesamt 1 033 Patienten wurden in der Studie randomisiert: 515 Patienten erhielten die Kombination Remdesivir plus Baricitinib, 518 Patienten zählten zur Kontrollgruppe mit Remdesivir plus Placebo. Die Patienten in der Baricitinib-Gruppe erholten sich im Median innerhalb von 7 Tagen (95 % Konfidenzintervall, CI: 6 – 8), Patienten der Placebo-Gruppe erholten sich im Median innerhalb von 8 Tagen (95 % CI: 7 – 9). Die Ratenratio für die Erholung lag damit bei 1,16 (95 % CI: 1,01 – 1,32) und zeigte einen signifikanten Vorteil für Baricitinib (p = 0,03).

Schnellere Erholung mit der Kombination Remdesivir + Baricitinib

Zudem zeigte sich eine 30 % höhere Wahrscheinlichkeit für eine Verbesserung des klinischen Status zum Tag 15 (Odds ratio: 1,3; 95 % CI: 1,0 – 1,6). Patienten, die mit high-flow Sauerstoff oder noninvasiver Beatmung zu Beginn der Randomisierung unterstützt wurden, erholten sich unter Baricitinib im Schnitt innerhalb von 10 Tagen, mit der Kontrolle dagegen innerhalb von 18 Tagen (Rateratio für Erholung: 1,51; 95 % CI: 1,10 – 2,08). Die Sterblichkeit innerhalb von 28 Tagen betrug 5,1 % in der Kombinationsgruppe und 7,8 % in der Placebogruppe (Risikorate für Versterben: 0,65; 95 % CI: 0,39 – 1,09).

Ernste adverse Ereignisse waren seltener in der Kombinationsgruppe als in der Kontrollgruppe (16,0 % vs. 21,0 %; Differenz: -5,0 Prozentpunkte; 95 % CI: -9,8 – -0,3; p = 0,03). Ebenso war die Rate neuer Infektionen in der Baricitinib-Gruppe geringer (5,9 % vs. 11,2 %; Differenz: -5,3 Prozentpunkte; 95 % CI: -8,7 – -1,9; p = 0,003).

Januskinasehemmer: Ein echter Gamechanger bei COVID-19?

Baricitinib plus Remdesivir war demnach der Behandlung mit Remdesivir allein überlegen, sowohl in der Zeit bis zur Erholung als auch zur Beschleunigung der Verbesserung des klinischen Status bei Patienten mit COVID-19. Dies zeigte sich besonders bei den Patienten, die mit high-flow Sauerstoff oder nicht-invasiver Beatmung unterstützt werden mussten. In der Kombinationsbehandlung traten zudem weniger ernste adverse Ereignisse auf als bei der Behandlung mit Remdesivir plus Placebo. Damit gibt es klare Signale für eine verbesserte Behandlungschance mit Baricitinib bei schweren Verläufen von COVID-19.

[DOI: 10.1056/NEJMoa2031994]

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