Am Dresdner Uniklinikum entwickeltes digitales Tool hilft beim besseren Identifizieren von potenziellen Organspenden

Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden wird am heutigen Freitag (7. Juli) für sein besonderes Engagement im Organspendeprozess ausgezeichnet. Sachsens Sozialministerin Petra Köpping würdigt gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation Region Ost das ständige Werben sowie das engagierte Vorgehen des Klinikums. „Das Universitätsklinikum Dresden beteiligt sich seit Jahren vorbildlich in diesem Prozess“, heißt es in der Begründung. „Ein besonderer Schritt war die Entwicklung und Implementierung des Screeningtools DETECT und das Engagement bei der Nutzbarmachung dieses Tools für andere Entnahmekrankenhäuser.“

Dieses Tool unterstützt ärztliche Teams dabei, einen möglicherweise bevorstehenden irreversiblen Hirnfunktionsausfall (umgangssprachlich Hirntod) anhand kontinuierlich erfasster und in der elektronischen Patientenakte dokumentierter Vitaldaten der Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation frühzeitig zu erkennen. Zudem würdigt die Ministerin vor allem die Arbeit der Transplantationsbeauftragten in den einzelnen Kliniken. „Ohne sie und ihre Unterstützung durch die Krankenhausleitung ist Organspende im Krankenhaus nicht möglich“, sagt sie. Die Festveranstaltung zur Übergabe der Urkunden im Rahmen der Würdigung findet in Erfurt statt.

Nur 44 Prozent der Menschen in Deutschland haben laut aktueller Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ihre Entscheidung zur Organspende in einem Organspendeausweis oder in einer Patientenverfügung dokumentiert. Unter Patientinnen und Patienten im Krankenhaus liegt die Zahl weit niedriger – bei 17 Prozent. Nur wenn ein Patient oder eine Patientin einen nach den Richtlinien der Bundesärztekammer festgestellten irreversiblen Hirnfunktionsausfall (umgangssprachlich Hirntod) erleidet und vorher seine Bereitschaft zur Organspende erklärt hat oder die Angehörigen einer Organentnahme zustimmen, können ihm nach dem Versterben Organe entnommen werden.

In der Praxis und dem angespannten Klinikalltag auf den Intensivstationen ist es für die behandelnden Medizinerinnen und Mediziner oftmals schwierig, die wenigen relevanten Fälle zu erkennen und als potenzielle Organspenderinnen und -spender zu identifizieren. Gerade in kleineren Krankenhäusern fehlt zum Teil auch die Routine beim Beurteilen der Fälle.

Mit DETECT gelingt nun ein prospektives Screening, das die Intensivmedizinerinnen und -mediziner unterstützt: Ziel ist es, alle Fälle zu identifizieren, bei denen möglicherweise der Hirntod droht, so dass eine Organspende in Betracht gezogen wird. Dabei greift das Tool auf die Daten in der elektronischen Patientenakte zu. Das bedeutet nicht automatisch, dass damit ein Spender oder eine Spenderin identifiziert ist. „Wir haben ein unterstützendes, digitales Hilfsmittel für die Transplantationsbeauftragten der Kliniken geschaffen, welches anhand definierter Parameter die relevanten Patientinnen und Patienten, die potenziell den Hirntod erleiden könnten, in den Fokus setzt, um strukturierte Abläufe zu aktivieren“, sagt Dr. Anne Trabitzsch, Transplantationsbeauftragte am Universitätsklinikum Dresden. „Die Ärztinnen und Ärzte gewinnen an Zeit, um die Frage des Organspendewunsches der Patientin oder des Patienten, der möglicherweise nicht schriftlich fixiert wurde, mit den Angehörigen zu besprechen und diese gegebenenfalls bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Patienten zu begleiten und zu unterstützen.“ Seit dem Frühjahr 2018 ist DETECT am Universitätsklinikum im Einsatz. Mit Erfolg: Mit großer Kontinuität werden dort relevante Fälle zuverlässig erfasst. Nun soll es auch in anderen Kliniken zum Einsatz kommen und die Transplantationsbeauftragten dort unterstützen.

Warum das notwendig und wichtig ist, zeigen die aktuellen Zahlen: Etwa 9.000 Menschen stehen derzeit in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere. 2021 gab es bundesweit 933 Organspenderinnen und Organspender. Das entspricht 11,2 Spenderinnen und -spendern je eine Million Einwohner. In Europa führt Spanien regelmäßig die Statistiken zur Organspende an. 2020 kamen dort auf eine Million Einwohner 38 Organspenderinnen und Organspender. „Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland leider immer noch weit hinterher, was die Zahl der Organspenden angeht. Das bedeutet, dass oftmals Patientinnen und Patienten lange auf ein Spenderorgan warten müssen, viel zu oft zu lange“, sagt Prof. Christian Hugo, Leiter Nephrologie/Schwerpunktprofessur Nephrologie am Universitätsklinikum Dresden und ehemaliger Generalsekretär der Deutschen Transplantationsgesellschaft.

2021 wurden am Universitätsklinikum Dresden 36 (2020: 41) Patientinnen und Patienten identifiziert, bei denen die Einleitung der Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls (IHA) indiziert war. Dadurch konnten letztendlich in den Fällen, in denen der IHA festgestellt wurde, eine Einwilligung zur Organspende vorlag und keine medizinischen Gründe gegen eine Organspende sprachen, im Jahr 2021 15 Organspenden realisiert werden (2020: 19). Insgesamt 58 Organe konnten schließlich in 2021 für die Transplantation zur Verfügung gestellt werden (2020: 77) Mit einer Organspende in Deutschland kann im Durchschnitt drei Menschen auf der Warteliste mit einer Transplantation geholfen werden. Bis Anfang Juni 2022 wurden am Uniklinikum Dresden bisher sieben Organspender registriert.

„DETECT ist ein wichtiges Instrument, das die Intensivmedizinerinnen und -mediziner unterstützt. Hier greifen wir auf die Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung zurück, ohne die letztendliche Entscheidung den handelnden Menschen aus der Hand zu nehmen. DETECT gibt uns mehr Zeit, um potenzielle Organspenderinnen und -spender zu erkennen und damit Leben zu retten. Denn Organspende rettet Leben“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum Dresden. „Wir freuen uns über die Auszeichnung für unser Engagement. Dies ist erneut Beispiel dafür, dass die Hochschulmedizin Dresden wegbereitend für neue Möglichkeiten, Therapien und Tools ist, um eine moderne Patientenversorgung anzubieten.“

Konrad Pleul ist Koordinator bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) und hat an der Entwicklung von DETECT mitgewirkt. Er erklärt: „Die Erkennung potenzieller Organspenderinnen und -spender zählt zu den primären Aufgaben von Transplantationsbeauftragten – und es ist die schwierigste. DETECT unterstützt an dieser Stelle mit der Fokussierung auf relevante Fälle. Retrospektive Studien haben gezeigt, dass in Deutschland deutlich höhere Organspendezahlen realisierbar wären, wenn alle Möglichkeiten zur Organspende in den Kliniken erkannt würden. Im Universitätsklinikum Dresden erfolgt dies seit Jahren zuverlässig. Wir bedanken und für die gute Zusammenarbeit.“

„Damit Organspenden gelingen können, brauchen wir die Unterstützung von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegenden in den Krankenhäusern. Das Universitätsklinikum Dresden setzt sich seit Jahren auf vorbildliche Weise für die Organspende ein. Nur durch die engagierte tägliche Arbeit der Transplantationsbeauftragten auf den Intensivstationen, die zum Beispiel auch dafür Sorge tragen, dass die Angehörigen sensibel begleitet werden, sind die konstanten Organspendezahlen am UKD möglich“, sagt Gesundheitsministerin Petra Köpping. „Die Entwicklung von DETECT, der Einsatz des Tools im eigenen Haus und die Unterstützung anderer Kliniken im Hinblick auf eine Nutzung von DETECT sind zusätzliche, über das UKD selbst hinausreichende Bausteine im Engagement für die Organspende. Ich bin stolz, dass dieses hilfreiche Instrument in Dresden entwickelt wurde, und hoffe auf einen breiten Einsatz in anderen Häusern.“

Originalpublikation:

Automatisiertes elektronisches Screeningtool (DETECT) zur Erkennung des potenziell irreversiblen Hirnfunktionsausfalls, Trabitzsch, Anne et al. In: Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 683-90; DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0307, https://www.aerzteblatt.de/archiv/221499/

Am Dresdner Uniklinikum entwickeltes digitales Tool hilft beim besseren Identifizieren von potenziellen Organspenden

Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden wird am heutigen Freitag (7. Juli) für sein besonderes Engagement im Organspendeprozess ausgezeichnet. Sachsens Sozialministerin Petra Köpping würdigt gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation Region Ost das ständige Werben sowie das engagierte Vorgehen des Klinikums. „Das Universitätsklinikum Dresden beteiligt sich seit Jahren vorbildlich in diesem Prozess“, heißt es in der Begründung. „Ein besonderer Schritt war die Entwicklung und Implementierung des Screeningtools DETECT und das Engagement bei der Nutzbarmachung dieses Tools für andere Entnahmekrankenhäuser.“

Dieses Tool unterstützt ärztliche Teams dabei, einen möglicherweise bevorstehenden irreversiblen Hirnfunktionsausfall (umgangssprachlich Hirntod) anhand kontinuierlich erfasster und in der elektronischen Patientenakte dokumentierter Vitaldaten der Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation frühzeitig zu erkennen. Zudem würdigt die Ministerin vor allem die Arbeit der Transplantationsbeauftragten in den einzelnen Kliniken. „Ohne sie und ihre Unterstützung durch die Krankenhausleitung ist Organspende im Krankenhaus nicht möglich“, sagt sie. Die Festveranstaltung zur Übergabe der Urkunden im Rahmen der Würdigung findet in Erfurt statt.

Nur 44 Prozent der Menschen in Deutschland haben laut aktueller Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ihre Entscheidung zur Organspende in einem Organspendeausweis oder in einer Patientenverfügung dokumentiert. Unter Patientinnen und Patienten im Krankenhaus liegt die Zahl weit niedriger – bei 17 Prozent. Nur wenn ein Patient oder eine Patientin einen nach den Richtlinien der Bundesärztekammer festgestellten irreversiblen Hirnfunktionsausfall (umgangssprachlich Hirntod) erleidet und vorher seine Bereitschaft zur Organspende erklärt hat oder die Angehörigen einer Organentnahme zustimmen, können ihm nach dem Versterben Organe entnommen werden.

In der Praxis und dem angespannten Klinikalltag auf den Intensivstationen ist es für die behandelnden Medizinerinnen und Mediziner oftmals schwierig, die wenigen relevanten Fälle zu erkennen und als potenzielle Organspenderinnen und -spender zu identifizieren. Gerade in kleineren Krankenhäusern fehlt zum Teil auch die Routine beim Beurteilen der Fälle.

Mit DETECT gelingt nun ein prospektives Screening, das die Intensivmedizinerinnen und -mediziner unterstützt: Ziel ist es, alle Fälle zu identifizieren, bei denen möglicherweise der Hirntod droht, so dass eine Organspende in Betracht gezogen wird. Dabei greift das Tool auf die Daten in der elektronischen Patientenakte zu. Das bedeutet nicht automatisch, dass damit ein Spender oder eine Spenderin identifiziert ist. „Wir haben ein unterstützendes, digitales Hilfsmittel für die Transplantationsbeauftragten der Kliniken geschaffen, welches anhand definierter Parameter die relevanten Patientinnen und Patienten, die potenziell den Hirntod erleiden könnten, in den Fokus setzt, um strukturierte Abläufe zu aktivieren“, sagt Dr. Anne Trabitzsch, Transplantationsbeauftragte am Universitätsklinikum Dresden. „Die Ärztinnen und Ärzte gewinnen an Zeit, um die Frage des Organspendewunsches der Patientin oder des Patienten, der möglicherweise nicht schriftlich fixiert wurde, mit den Angehörigen zu besprechen und diese gegebenenfalls bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Patienten zu begleiten und zu unterstützen.“ Seit dem Frühjahr 2018 ist DETECT am Universitätsklinikum im Einsatz. Mit Erfolg: Mit großer Kontinuität werden dort relevante Fälle zuverlässig erfasst. Nun soll es auch in anderen Kliniken zum Einsatz kommen und die Transplantationsbeauftragten dort unterstützen.

Warum das notwendig und wichtig ist, zeigen die aktuellen Zahlen: Etwa 9.000 Menschen stehen derzeit in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere. 2021 gab es bundesweit 933 Organspenderinnen und Organspender. Das entspricht 11,2 Spenderinnen und -spendern je eine Million Einwohner. In Europa führt Spanien regelmäßig die Statistiken zur Organspende an. 2020 kamen dort auf eine Million Einwohner 38 Organspenderinnen und Organspender. „Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland leider immer noch weit hinterher, was die Zahl der Organspenden angeht. Das bedeutet, dass oftmals Patientinnen und Patienten lange auf ein Spenderorgan warten müssen, viel zu oft zu lange“, sagt Prof. Christian Hugo, Leiter Nephrologie/Schwerpunktprofessur Nephrologie am Universitätsklinikum Dresden und ehemaliger Generalsekretär der Deutschen Transplantationsgesellschaft.

2021 wurden am Universitätsklinikum Dresden 36 (2020: 41) Patientinnen und Patienten identifiziert, bei denen die Einleitung der Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls (IHA) indiziert war. Dadurch konnten letztendlich in den Fällen, in denen der IHA festgestellt wurde, eine Einwilligung zur Organspende vorlag und keine medizinischen Gründe gegen eine Organspende sprachen, im Jahr 2021 15 Organspenden realisiert werden (2020: 19). Insgesamt 58 Organe konnten schließlich in 2021 für die Transplantation zur Verfügung gestellt werden (2020: 77) Mit einer Organspende in Deutschland kann im Durchschnitt drei Menschen auf der Warteliste mit einer Transplantation geholfen werden. Bis Anfang Juni 2022 wurden am Uniklinikum Dresden bisher sieben Organspender registriert.

„DETECT ist ein wichtiges Instrument, das die Intensivmedizinerinnen und -mediziner unterstützt. Hier greifen wir auf die Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung zurück, ohne die letztendliche Entscheidung den handelnden Menschen aus der Hand zu nehmen. DETECT gibt uns mehr Zeit, um potenzielle Organspenderinnen und -spender zu erkennen und damit Leben zu retten. Denn Organspende rettet Leben“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum Dresden. „Wir freuen uns über die Auszeichnung für unser Engagement. Dies ist erneut Beispiel dafür, dass die Hochschulmedizin Dresden wegbereitend für neue Möglichkeiten, Therapien und Tools ist, um eine moderne Patientenversorgung anzubieten.“

Konrad Pleul ist Koordinator bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) und hat an der Entwicklung von DETECT mitgewirkt. Er erklärt: „Die Erkennung potenzieller Organspenderinnen und -spender zählt zu den primären Aufgaben von Transplantationsbeauftragten – und es ist die schwierigste. DETECT unterstützt an dieser Stelle mit der Fokussierung auf relevante Fälle. Retrospektive Studien haben gezeigt, dass in Deutschland deutlich höhere Organspendezahlen realisierbar wären, wenn alle Möglichkeiten zur Organspende in den Kliniken erkannt würden. Im Universitätsklinikum Dresden erfolgt dies seit Jahren zuverlässig. Wir bedanken und für die gute Zusammenarbeit.“

„Damit Organspenden gelingen können, brauchen wir die Unterstützung von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegenden in den Krankenhäusern. Das Universitätsklinikum Dresden setzt sich seit Jahren auf vorbildliche Weise für die Organspende ein. Nur durch die engagierte tägliche Arbeit der Transplantationsbeauftragten auf den Intensivstationen, die zum Beispiel auch dafür Sorge tragen, dass die Angehörigen sensibel begleitet werden, sind die konstanten Organspendezahlen am UKD möglich“, sagt Gesundheitsministerin Petra Köpping. „Die Entwicklung von DETECT, der Einsatz des Tools im eigenen Haus und die Unterstützung anderer Kliniken im Hinblick auf eine Nutzung von DETECT sind zusätzliche, über das UKD selbst hinausreichende Bausteine im Engagement für die Organspende. Ich bin stolz, dass dieses hilfreiche Instrument in Dresden entwickelt wurde, und hoffe auf einen breiten Einsatz in anderen Häusern.“

Originalpublikation:

Automatisiertes elektronisches Screeningtool (DETECT) zur Erkennung des potenziell irreversiblen Hirnfunktionsausfalls, Trabitzsch, Anne et al. In: Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 683-90; DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0307, https://www.aerzteblatt.de/archiv/221499/