Lidocain bei akuter Migräne: Sichere Behandlungsoption, aber ohne Mehrwert bei Einsatz von Antiemetika

Original Titel:
Intranasal lidocaine for acute migraine: A meta-analysis of randomized controlled trials.

Kurz & fundiert

  • In die Nase appliziertes Lidocain gilt als Behandlungsoption bei akuter Migräne
  • Vergleichende Übersichtsstudie, wie wirksam und sicher Lidocain im Placebo- oder aktiven Vergleich ist
  • Lidocain bei akuter Migräne kann demnach eine sichere Behandlungsoption sein

 

MedWiss – Das lokal in die Nase applizierte Anästhetikum Lidocain gilt als eine Behandlungsoption bei akuter Migräne. Die Wirksamkeit von Lidocain bei akuter Migräne war aber bisher umstritten. Eine vergleichende Übersichtsstudie analysierte nun Wirksamkeit und Sicherheit von Lidocain im Vergleich zu Placebo oder einem alternativem Wirkstoff. Demnach kann Lidocain eine sichere Behandlungsoption für Patienten mit akuter Migräne sein, die aber bei gleichzeitiger Behandlung mit Antiemetika ihren Vorteil verliert.


Das typischerweise lokal eingesetztes Anästhetikum Lidocain gilt als eine mögliche Behandlungsoption in der Klinik oder beim Arzt für akute Migräne. Vorteilhaft ist die Anwendung in der Nase, weil sie beispielsweise auch bei Übelkeit gut machbar ist und ohne Infusion oder Spritze auskommt. Wie wirksam es ist, ist aber bisher noch umstritten. Ein Team von Wissenschaftlern der Taipei Medical University in Taiwan untersuchte nun in einer vergleichenden Übersichtsstudie, wie wirksam und sicher in der Nase appliziertes Lidocain im Vergleich zu einem Placebo oder einem aktiven Vergleich – also einem anderen Akutmedikament – zur Behandlung der Migräne ist.

Hat das Anästhetikum Lidocain bei akuter Migräne eine Chance?

Die Forscher durchsuchten medizinwissenschaftliche Datenbanken (PubMed, EMBASE, Cochrane library und Scopus) nach Veröffentlichungen bis November 2018. Sie schlossen nur randomisierte kontrollierte Studien ein, in denen die Wirksamkeit von Lidocain also so verglichen wurde, dass Patienten jeweils zufällig den Wirkstoff oder eine Kontrolle (Placebo oder anderer Wirkstoff) erhielten. Vorrangig wurde die Schmerzintensität untersucht. Als weitere Faktoren, anhand derer die Wirksamkeit ermittelt wurde, untersuchten die Forscher die Erfolgsrate, den Bedarf an weiteren Medikamenten zur Akutbehandlung und die Häufigkeit eines Rückfalls nach erfolgreicher Linderung.

Vergleichende Übersichtsstudie (Meta-Analyse)

Es konnten sechs Studie mit insgesamt 613 Patienten ermittelt und in die Meta-Analyse aufgenommen werden. Insgesamt hatten die Patienten, die das Lidocain in die Nase appliziert bekommen hatten, sowohl nach 5 Minuten als auch nach 15 Minuten eine geringere Schmerzstärke als die Patienten, die mit einer Kontrollmethode behandelt worden waren. Dieser Behandlungsvorteil zeigte sich auch in einer 3,5-fach höheren Erfolgsrate für eine Linderung (Risikorate 3,55) und seltenerem Bedarf an weiteren Medikamenten zur Schmerzlinderung (Risikorate 0,51, entsprechend einem halb so häufigen Bedarf an „Rettungsmedikamenten“). Wurden gleichzeitig aber auch Antiemetika (in diesen Studien Prochlorperazin oder Metoclopramid) gegeben, war dieser Vorteil nicht feststellbar.

Ob der Kopfschmerz zurückkehrte, war nicht entscheidend von der Behandlung mit Lidocain beeinflusst. Bis zu der Hälfte der Patienten (bis zu 49,4 %) einer Studie berichtete von örtlichen Reizungen durch das Lidocain. Es gab aber keine schwereren unerwünschten Effekte der Behandlung.

Sichere Behandlungsoption für Patienten mit akuter Migräne

Das Anästhetikum Lidocain, in die Nase appliziert, kann demnach eine Behandlungsoption für Patienten mit akuter Migräne sein. Damit zeigte sich im Studienvergleich eine hohe Erfolgsrate mit deutlich gesenkter Schmerzstärke und seltenerem Gebrauch weiterer Akutmedikamente. Allerdings scheint es bei gleichzeitiger Behandlung mit Antiemetika keinen Vorteil zu bringen.

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