Auf dem Weg zu besserem Ersatz von Muttermilch?

Forschende der Universitäten Kopenhagen und Witten/Herdecke untersuchen die Genkommunikation zwischen Müttern und Neugeborenen.

Forschende der Universität Witten/Herdecke (UW/H) und der Universität Kopenhagen konnten zeigen, wie sogenannte microRNAs in der Muttermilch dazu beitragen könnten, dass sich die Darmflora bei Neugeborenen richtig entwickelt. Diese microRNAs sind winzige molekulare Schnipsel die aus dem mütterlichen Erbgut entstehen. Über die Muttermilch aufgenommen, könnten sie die Aktivität von Genen und damit die kindliche Entwicklung steuern.

„Wir wissen, dass Muttermilch die beste Ernährung für das Baby in den ersten Lebensmonaten ist“, sagt Prof. Dr. Jan Postberg, Inhaber der Professur für Klinische Molekulargenetik und Epigenetik an der UW/H und Leiter des Forschungslabors des Zentrums für Forschung in der klinischen Medizin (ZFKM) am HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal. Manchmal gebe es jedoch Situationen, in denen Stillen nicht möglich sei oder nicht ausreiche. Dann greife man häufig zu Ersatzprodukten mit Anteilen von Kuhmilch. Diese enthält ebenfalls microRNAs, sie sind aber nur teilweise identisch mit menschlichen. „Nur, wenn wir verstehen, wie microRNAs aus der Muttermilch im Körper der Neugeborenen wirken, können wir diese Ersatzprodukte verbessern, um zum Beispiel die Entwicklung des unreifen Darms bei extrem zu früh geborenen Kindern zu unterstützen“, ordnet Postberg die Forschung ein. Er ist der Koordinator der Studie, die jetzt im American Journal of Clinical Nutrition erschienen ist. (DOI: https://doi.org/10.1016/j.ajcnut.2023.03.016)

Wie steuert Muttermilch die Kommunikation der Gene bei neugeborenen Babys?

„Ziel der Studie war es, festzustellen, ob die microRNAs aus der Muttermilch die Verdauung überstehen, in Zellen eindringen und möglicherweise die Genregulation bei Neugeborenen beeinflussen können“, berichtet Prof. Postberg. Der besondere Trick dabei: Das Team hat nicht-menschliche microRNAs aus Ersatz- (oder Prä-)Nahrungen für Babys verwendet, um den Weg dieser Moleküle über den Magen-Darm-Trakt zu verfolgen. Menschliche microRNAs aus der Muttermilch sind zur Nachverfolgung ungeeignet, weil bei der Analyse nicht unterschieden werden kann, ob sie über die Nahrung aufgenommen oder vom Neugeborenen selbst hergestellt wurden.

Sowohl bei menschlichen Neugeborenen als auch bei Ferkeln, die Kuhmilch bekommen haben, fand das Forscherteam Hinweise darauf, dass microRNAs aus der Milch von den Zellen aufgenommen und auf spezielle Eiweiße geladen werden. „Sie könnten also eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Darms während eines kritischen Zeitfensters direkt nach der Geburt spielen“, gibt sich Prof. Postberg betont vorsichtig. Weitere Forschung zur Identifizierung spezifischer microRNAs sei notwendig, um Aussagen über ihre potenziellen Auswirkungen auf die Gesundheit von Neugeborenen treffen zu können.

Über uns:
Die Universität Witten/Herdecke versteht sich seit 1983 als Bildungs- und Forschungsort, an dem Menschen wachsen können. Mehr als 3.000 Studierende entwickeln sich hier zu Persönlichkeiten, die die Gesellschaft verändern und gestalten wollen – nachhaltig und gerecht. Diese Veränderung streben wir auch als Institution an. Sie bildet den Kern unseres Leitbildes und ist Teil unserer DNA: Als die Universität für Gesundheit, Wirtschaft und Gesellschaft sind wir von Beginn an Vorreiterin in der Entwicklung und Anwendung außergewöhnlicher Lern- und Prüfungssettings.

In 16 Studiengängen und dem fächerübergreifenden WittenLab. Zukunftslabor Studium fundamentale lernen unsere Studierenden, den Herausforderungen der Zukunft ganzheitlich zu begegnen und aktuelle Entwicklungen kritisch zu hinterfragen. Unsere Forschung ist frei und transdisziplinär. Institute, Initiativen, Projekte, Kliniken und Ambulanzen erarbeiten innovative und praxisorientierte Lösungen, die zur positiven und sinnstiftenden Veränderung der Gesellschaft beitragen.

Wachsen und Wirken treibt uns an – mehr denn je: Here we grow!
www.uni-wh.de / blog.uni-wh.de / #UniWH / @UniWH

Originalpublikation:

DOI: https://doi.org/10.1016/j.ajcnut.2023.03.016