Vorhofrhythmusstörung AHRE: Gerinnungshemmer schützen nicht

Bei Patient:innen mit atrialen Hochfrequenzepisoden (AHRE) führt eine Behandlung mit Blutverdünnern nicht zu einer Abnahme von Schlaganfällen, Embolien und kardiovaskulären Todesfällen. Demgegenüber können bei der Gabe entsprechender Gerinnungshemmer starke Blutungen auftreten. Diese Ergebnisse der internationalen klinischen Studie NOAH – AFNET 6 wurden heute beim Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) vorgestellt und im New England Journal of Medicine veröffentlicht. Die Studie des Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) Münster wurde unter Leitung von Prof. Dr. Paulus Kirchhof, Direktor der Klinik für Kardiologie im Universitären Herz- und Gefäßzentrum in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Antonia Zapf, Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), durchgeführt.

Atriale Hochfrequenzepisoden sind kurze und seltene Rhythmusstörungen, die durch implantierte Herzschrittmacher, Defibrillatoren oder Ereignisrekorder nachgewiesen werden. Da sie dem Vorhofflimmern ähneln, werden die Patient:innen häufig mit Blutverdünnern, sogenannten Antikoagulantien, behandelt, auch wenn das EKG kein Vorhofflimmern anzeigt. Die Wirksamkeit und Sicherheit von Antikoagulation bei Menschen mit AHRE wurde bisher noch nie geprüft. Die Doppelblindstudie NOAH – AFNET 6 „Non-vitamin K antagonist Oral anticoagulants in patients with Atrial High rate episodes“ hat untersucht, ob bei diesem Krankheitsbild eine gerinnungshemmende Behandlung Schlaganfälle, Embolien und kardiovaskuläre Todesfälle verhindern kann.

In der internationalen Langzeitstudie wurde bei Menschen ab 65 Jahren, die AHRE mit einer Dauer von mindestens sechs Minuten und mindestens einen zusätzlichen Schlaganfallrisikofaktor wie Herzschwäche oder Bluthochdruck, aufwiesen, die Wirkung des Gerinnungshemmers Edoxaban überprüft. Die Teilnehmenden der Gerinnungshemmer-Gruppe erhielten Edoxaban in der für die Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern zugelassenen Dosis, die andere Gruppe bekam ein Placebo. Die Studie wurde im September 2022 vorzeitig beendet, da zu diesem Zeitpunkt ein Trend zur Unwirksamkeit des untersuchten Wirkstoffs klar wurde und gleichzeitig die erwartbaren Blutungen in der Antikoagulationsgruppe auftraten. Die Analyse der vollständigen Daten bestätigt nun, dass kein Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen hinsichtlich des Auftretens von Schlaganfällen, systemischen Embolien und kardiovaskulären Todesfällen nachweisbar ist. Schwere Blutungen traten in der Antikoagulationsgruppe gleichwohl doppelt so häufig auf – dies ist eine bekannte Nebenwirkung von Gerinnungshemmern. Somit sollten Patient:innen mit AHRE, aber ohne im EKG dokumentiertes Vorhofflimmern, nicht mit Gerinnungshemmern behandelt werden. „Ob Blutverdünner auch Menschen mit atrialen Hochfrequenzepisoden vor Folgeerkrankungen wie Schlaganfällen schützen, war bisher nicht bekannt. Obwohl AHRE dem Vorhofflimmern ähnelt, zeigt die NOAH – AFNET 6 Studie, dass Menschen mit AHRE ohne Blutverdünner behandelt werden sollten“, sagt Prof. Kirchhof.

Literatur

Kirchhof et al., Anticoagulation with Edoxaban in Patients with Atrial High Rate Episodes, New England Journal of Medicine. 2023. DOI: 10.1056/NEJMoa2303062