Prämature Ovarialinsuffizienz (POI) – wenn die Wechseljahre vorzeitig eintreten
Marburg/Lahn – Wenn Frauen unter 40 Jahren neu aufgetretene Zyklusstörungen länger als 4 Monate beobachten, Beschwerden wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen haben und einen erhöhten Wert des Follikelstimulierenden Hormons (FSH) im Blut aufweisen, könnte dies ein Hinweis auf das Vorliegen einer prämaturen Ovarialinsuffizienz (POI) sein. Dieses vorzeitige Einsetzen der Wechseljahre betrifft bis zu 3,5 Prozent der unter 40-Jährigen und bleibt in vielen Fällen lange unerkannt. Die Deutsche Menopause Gesellschaft e.V. (DMG) hat eine prospektive multizentrische Pilot-Studie initiiert, die betroffene Patientinnen systematisch erfassen soll. Die erhobenen Daten der noch bis März 2026 laufenden Studie dienen als Grundlage für ein nationales POI-Register, um langfristig Diagnostik und Therapie der Betroffenen zu verbessern. Frauen mit POI können sich an eines von 8 Rekrutierungszentren wenden, um daran teilzunehmen.
DMG ruft zur Teilnahme an Studie zur Schaffung eines nationalen POI-Registers auf
Die prämature Ovarialinsuffizienz (POI) beschreibt die vorzeitige Erschöpfung der Eierstockfunktion vor dem 40. Lebensjahr. Die Ursachen reichen von genetischen Faktoren über Autoimmunerkrankungen bis hin zu medizinischen Behandlungen wie einer Chemotherapie. In vielen Fällen bleibt die Ursache jedoch unbekannt. Die Folgen können für betroffene Frauen gravierend sein: Neben einem unerfüllten Kinderwunsch sind es vor allem die Folgen des Hormonmangels, die kurzfristig zu den typischen Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen führen und langfristig mit einem erhöhten Risiko für Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz einhergehen.
Ende 2024 startete die prospektive multizentrische Pilot-Studie „Systematische Erfassung der Versorgungssituation für Frauen mit prämaturer Ovarialinsuffizienz (POI) in Deutschland“. Entworfen wurde sie von der Arbeitsgemeinschaft „POI“ des „Jungen Forums“ der DMG. Sie wird in Kooperation mit dem „Institut für digitale Gesundheitsdaten Rheinland-Pfalz“ (IDG) durchgeführt. Dem „Jungen Forum“ der DMG gehören derzeit rund 30 Ärztinnen und Ärzte an, die teils an universitären Zentren, teils niedergelassen tätig sind und unter der Mentorschaft von DMG-Präsidentin Dr. med. Katrin Schaudig und DMG-Schriftführerin Dr. Annette Bachmann in mehreren wissenschaftlichen Arbeitsgruppen und Projekten aktiv sind.
An 8 Studienzentren werden bis März 2026 Daten von betroffenen Frauen erhoben. Die Ergebnisse sollen als Basis für ein nationales POI-Register dienen. „Die Idee zur Studie und zum Register entstand durch den Fall einer 36-jährigen Patientin, bei der vom Auftreten der POI-Symptome bis zur Diagnosestellung über 1,5 Jahre vergingen. Das ist leider keine Seltenheit“, erklärt Dr. med. Julia Schläger aus Frankfurt am Main, Mitglied der AG „POI“. „Eine prämature Ovarialinsuffizienz wird häufig nicht erkannt, da die Beschwerden aufgrund des jungen Alters der Patientinnen nicht mit den Wechseljahren in Verbindung gebracht werden. Dabei sind eine frühzeitige Diagnostik und Therapieeinleitung entscheidend im Hinblick auf die gesundheitlichen und reproduktiven Folgen“, betont die Gynäkologin.
Frauen im Alter von 18 bis 44 Jahren, bei denen ein erhöhter Wert des Follikelstimulierenden Hormons (FSH>25 IU/l vor dem 40. Geburtstag) und seit mindestens 4 Monaten Zyklusstörungen vorliegen, können an der Studie teilnehmen. Dafür sind das Ausfüllen eines Fragebogens und eine einmalige Vorstellung mit ggf. ergänzenden Untersuchungen in einem der Studienzentren erforderlich. „Wir laden Ärztinnen und Ärzte dazu ein, betroffene Patientinnen auf diese Studie aufmerksam zu machen sowie die Studienärztinnen zu kontaktieren“, sagt Schläger. „Unser Ziel ist es, die Versorgung betroffener Frauen zu verbessern. Die Studie ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem nationalen Register, das langfristig eine bessere Diagnostik, frühe Erkennung und gezielte Therapie herbeiführen soll“, betont Dr. med. Katrin Schaudig, Präsidentin der DMG und niedergelassene Gynäkologin aus Hamburg.
Expertinnen und Experten der DMG mit Unterstützung des Berufsverbands der Frauenärzte e.V. (BVF) beantworten betroffenen Frauen und interessierten Laien regelmäßig in kostenfreien Online-Informationsveranstaltungen Fragen rund um die Wechseljahre. Anfang Februar fand die erste in 2025 zum Thema „POI – Wenn die Wechseljahre zu früh einsetzen“ statt. Die Aufzeichnung all dieser Veranstaltungen ist auf der Website www.menopause-gesellschaft.de abrufbar.